Selbstverständnis

Die Tradition der Bundeswehr

Die Tradition der Bundeswehr stiftet Identität und schafft Zusammenhalt in der Truppe. Sie basiert auf der deutschen Geschichte und hat die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als unumstößlichen Kern. Traditionsstiftend ist vor allem die mehr als 60-jährige Geschichte der Bundeswehr. Sie ist Mittelpunkt ihres Traditionsverständnisses.

Soldaten der Bundeswehr marschieren an den angetretenen Soldaten vorbei.

Tradition entsteht durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Zugleich ist sie richtungsweisend für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln. Doch die deutsche Geschichte – zumal die deutsche Militärgeschichte – ist von Brüchen und Zäsuren geprägt. Das erschwert die Suche nach einer Tradition für die Bundeswehr. Nur diejenigen Elemente der deutschen Geschichte können eine Tradition begründen, die mit der freiheitlichen demokratischen Werteordnung vereinbar sind. Der Traditionserlass gibt hierzu genau Auskunft. Er klärt nicht nur das Verhältnis zu Wehrmacht und der NVANationale Volksarmee, sondern stellt erstmals auch die Geschichte der Bundeswehr in den Mittelpunkt.

Der Traditionserlass: Die Tradition der Bundeswehr
Die Traditionspflege in der Bundeswehr stärkt das Bewusstsein für ihre eigene Geschichte und den Stolz auf ihre Leistungen.

Wozu braucht man Tradition in der Bundeswehr?

Indem sich die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr mit der deutschen Militärgeschichte auseinandersetzen, sollen sie soldatische Tugenden und Haltung entwickeln. Auch der Wille, Belastungen zu ertragen und zu kämpfen, wenn es der Auftrag erfordert, wird durch Tradition gestärkt. Eine gemeinsame Tradition festigt die Gemeinschaft aller Angehörigen der Streitkräfte – unabhängig von Status oder Dienst- und Arbeitsverhältnis.

Auch fördert Tradition die Verständigung über verschiedene Generationen hinweg. Gemeinsame Werte und überlieferte Vorbilder schaffen einen inneren Zusammenhalt – das ist wichtig für die Truppe. Durch Tradition werden diese Werte anschaulich gemacht und bewahrt. Eine Identifikation mit ihnen hilft bei der Auftragserfüllung und bei der Führung – und erhöht so die Kampfkraft.

Was hat das Grundgesetz damit zu tun?

„Sinn- und traditionsstiftend für unsere Bundeswehr, die freiheitlichen und demokratischen Zielsetzungen verpflichtet ist, kann daher nur ein soldatisches Selbstverständnis sein, das auf dem Wertefundament unseres Grundgesetzes ruht“, sagte die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Für das Traditionsverständnis der Streitkräfte ist das Grundgesetz zentraler Ausgangspunkt. Es gilt für das gesamte staatliche Handeln – und damit auch für die Streitkräfte. Seinen Niederschlag fand dies beispielsweise im Soldatengesetz.

Die im Grundgesetz beschriebenen Werte und Normen sind bindend. Dazu zählen die Achtung der Menschenwürde, das Rechtsstaatsprinzip, die Demokratie und die Gewaltenteilung sowie die Verpflichtung, für Freiheit und Frieden einzutreten. Das bedeutet für Soldatinnen und Soldaten, die Menschenwürde auch im Gefecht zu achten. Der Traditionserlass hebt aber auch ausdrücklich hervor, dass die Werte der deutschen Verfassung weit älter als das Grundgesetz sind. Damit lässt sich Erinnerungs- und Bewahrungswürdiges aus allen Epochen in die Tradition der Bundeswehr übernehmen.

Soldaten der Bundeswehr stehen und hocken vor einem Schaukasten mit Exponaten in einem Museum.

Im neuen Traditionserlass rückt die Geschichte der Streitkräfte in den Mittelgrund. Vor allem die Einsätze seit den 90er-Jahren begründen eine ganz eigene Tradition der Bundeswehr.

Bundeswehr/Sebastian Wilke

Was ist traditionswürdig?

Grundsätzlich können alle historischen Beispiele für Tapferkeit, Ritterlichkeit, Anstand, Treue, Bescheidenheit, Kameradschaft, Wahrhaftigkeit, Entschlussfreude und gewissenhafte Pflichterfüllung sowie militärische Exzellenz traditionsstiftend sein. Auch die besonderen Leistungen im militärischen Handwerk wie herausragende Truppenführung oder Beherrschung von Waffensystemen können Anerkennung finden und in Lehre und Ausbildung genutzt werden. Sie werden jedoch nicht losgelöst betrachtet von den historischen, gesellschaftlichen und politischen Zielen, denen sie dienten.

Militärische Professionalität und soldatisches Können alleine reichen nicht aus, um Traditionen für die Bundeswehr zu stiften. Historische Beispiele für soldatische Tugenden können in der Bundeswehr zwar Anerkennung erfahren. Sie sind jedoch stets in ihrem historischen Umfeld zu betrachten und in Zusammenhang mit den ihnen zugrundeliegenden Intentionen und Überzeugungen zu beurteilen.

Warum ist die Wehrmacht nicht traditionswürdig?

Das Dritte Reich kann keine Tradition in der Bundeswehr begründen. Auch die Wehrmacht, als Instrument dieses Terrorregimes, war in Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs verstrickt. Dies gilt für alle Truppenverbände, Teilstreitkräfte, die Militärverwaltung und den Rüstungsbereich. Für die Bundeswehr kann ein professionelles Können im Gefecht nur dann traditionsstiftend sein, wenn es eine Wertebindung im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hat. Deshalb können einzelne Wehrmachtsangehörige durchaus in das Traditionsgut der Bundeswehr übernommen werden. Bevor das geschieht, wird jeder Fall sehr umfangreich geprüft. Es wird sorgfältig untersucht, ob derjenige in Verbrechen involviert war und inwieweit seine Leistungen vorbildlich und sinnstiftend in unsere Gegenwart wirken.

Was ist eigentlich mit der NVANationale Volksarmee?

Die Nationale Volksarmee war die Armee der Deutschen Demokratischen Republik. Sie ist als Ganzes nicht traditionswürdig: Aufgrund ihres Selbstverständnisses als Parteiarmee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, kurz SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands, diente sie der Herrschaftssicherung der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands-Diktatur. Einzelne ehemalige Angehörige der NVANationale Volksarmee können aber traditionsstiftend sein.

Der Traditionserlass: Die Tradition der Bundeswehr
Tradition ist nicht Geschichte, sondern eine absichtsvolle und sinnstiftende Auswahl aus ihr.

Widerstand – Kann das traditionswürdig sein?

Gehorsam und Pflichterfüllung sind wichtige militärische Tugenden.  Aber sie haben ihre Grenzen, wenn dadurch zentrale Werte des Grundgesetzes verletzt würden. Dazu zählen insbesondere die Achtung der Menschenwürde, die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht, der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft sowie die Verpflichtung auf Freiheit und Frieden. Die Mitglieder des militärischen Widerstandes um Oberst Graf Schenk von Stauffenberg haben in der deutschen (Militär-)Geschichte eine vorbildliche soldatisch-ethische Haltung gezeigt. Sie sind am 20. Juli 1944 aktiv gegen das NSNationalsozialismus-Regime vorgegangen und haben unter Einsatz ihres Lebens und unter Bedrohung ihrer Familien Tapferkeit gezeigt. Sie wollten das millionenfache Töten beenden.

Soldaten der Bundeswehr beim Fahneneid vor Publikum

Militärische Zeremonien wie das Feierliche Gelöbnis sind ein wichtiger Teil der Tradition der Bundeswehr.

Bundeswehr/Sebastian Wilke

Wozu braucht Tradition Symbole?

Die Tradition der Bundeswehr zeigt sich auch in ihren Symbolen. So stehen die Nationalfarben Schwarz, Rot und Gold für die Demokratie. Die Nationalhymne ist für Soldaten Ausdruck des Bewahrens von Einigkeit, Recht und Freiheit. Für Tapferkeit, Freiheitsliebe und Ritterlichkeit stehen das Eiserne Kreuz und die Ehrenzeichen der Bundeswehr in den verschiedenen Ausführungen. Auch militärisches Brauchtum und Zeremonien unterstützen die Traditionspflege in der Bundeswehr. Der Diensteid und das Feierliche Gelöbnis der Soldatinnen und Soldaten sind ein symbolisches und öffentliches Bekenntnis, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.

Wo kommt die Tradition der Bundeswehr eigentlich her?

Die Tradition der Bundeswehr speist sich vorrangig aus den vergangenen 64 Jahren: Für das Traditionsverständnis sind die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten, der zivilen Angehörigen sowie Reservistinnen und Reservisten zentral. Sie alle haben erfolgreich die Bürger Deutschlands geschützt. Ebenfalls traditionsstiftend ist das Konzept der Inneren Führung mit dem Leitbild des Staatsbürgers und der Staatsbürgerin in Uniform, der Erfolg im internationalen Krisenmanagement und als Bündnisarmee sowie die Bewährung in Einsätzen und im Gefecht. All das als Erbe zu würdigen und weiterzuentwickeln, ist Aufgabe aller Bundeswehrangehörigen.

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