Das Ehrenzeichen der Bundeswehr
Das Ehrenzeichen der Bundeswehr ist sichtbare Anerkennung für herausragende Leistungen. 1980 werden die ersten verliehen. Der Einsatz in Afghanistan ist Anlass für die Stiftung einer neuen Stufe: des Ehrenkreuzes der Bundeswehr für Tapferkeit.
Afghanistan, 5. März 2010. Zwei Züge der Quick Reaction Force sind beim Dorf Gerdan auf Patrouille zu Fuß unterwegs. Aufständische greifen sie überraschend an und verwunden den Kompaniechef durch einen Oberschenkelschuss. Er fällt als Führer aus. Kein weiterer Offzier ist vor Ort. Daraufhin übernimmt der Kompanietruppführer aus eigener Initiative die Führung. Der Hauptfeldwebel koordiniert im 90-minütigen Gefecht Feuer und Bewegung. Er lässt den verwundeten Kompaniechef aus der Gefahrenzone retten, geht auf Abstand zu den Aufständischen und sorgt dafür, dass seine Soldaten das Gefecht unversehrt überleben. Für diese hervorragende Einzeltat unter Gefahr für Leib und Leben verleiht ihm der damalige Verteidigungsminister, Karl-Theodor zu Guttenberg, die Sonderform des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Gold.
Das Ehrenzeichen der Bundeswehr gibt es in fünf Stufen:
- als Ehrenmedaille der Bundeswehr
- als Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze
- als Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber
- als Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold
- als Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit
Die Ehrenmedaille wird für treue Pflichterfüllung und überdurchschnittliche Leistungen nach einer Dienstzeit von sieben Monaten verliehen. Nach einer Dienstzeit von fünf Jahren gibt es dafür das Ehrenkreuz in Bronze, nach zehn Jahren in Silber und nach 20 Jahren in Gold. 2008 wurde das Ehrenzeichen der Bundeswehr neben der Tapferkeitsauszeichnung um zwei weitere Sonderformen erweitert: das Ehrenkreuz in Silber mit rotem Rand für herausragende Leistungen, insbesondere hervorragende Einzeltaten ohne Gefahr für Leib und Leben, und das Ehrenkreuz in Gold mit rotem Rand für solche Leistungen unter Gefahr für Leib und Leben. Damit sind diese Ehrenzeichen der Bundeswehr äußerlich hervorgehoben und unterscheiden sich von jenen, die wegen treuer Pflichterfüllung und überdurchschnittlicher Leistungen verliehen werden. Die Sonderform in Gold würdigt in der Regel hervorragende Einzeltaten im Auslandseinsatz. Die Sonderform in Silber wird überwiegend für Rettungstaten und Erste Hilfe in Deutschland verliehen.
Das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit
Noch strenger als bei den Sonderformen sind die Voraussetzungen für die Verleihung des Ehrenkreuzes für Tapferkeit. Sie erfordern bei außergewöhnlicher Gefährdung von Leib und Leben ein mutiges, standfestes und geduldiges Verhalten, mit dem der militärische Auftrag erfüllt wird. Dienstgrade, Dienstzeiten oder andere Fristen spielen dabei keine Rolle. Gemäß Paragraf 7 des Soldatengesetzes gehört Tapferkeit zu den Grundpflichten der Soldatinnen und Soldaten. Sie geloben oder schwören, „(...) das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Zu etwas Vergleichbarem verpflichtet sich keine andere Berufsgruppe. Dies schließt von vornherein eine Hinnahme von grundsätzlicher Gefährdung der eigenen Unversehrtheit ein.
Eine seltene Auszeichnung
Verteidigungsminister Franz Josef Jung stiftet das Ehrenkreuz für Tapferkeit am 13. August 2008. Anlass für die Stiftung sind die immer häufiger werdenden weltweiten Auslandseinsätze der Bundeswehr. Sie stellen hohe Anforderungen und bergen für die Soldatinnen und Soldaten Gefahren für Leib und Leben. Bundeskanzlerin Angela Merkel händigt die ersten vier Ehrenkreuze für Tapferkeit am 6. Juli 2009 in Berlin aus. Bisher gibt es 33 Inhaber dieses Ehrenzeichens der Bundeswehr, die Mehrzahl sind Infanteristen. Darunter sind auch vier postume Ehrungen. Alle wurden für außergewöhnlich tapfere Taten während des ISAFInternational Security Assistance Force-Einsatzes in Afghanistan verliehen.
Der Weg bis zur Verleihung
Das Ehrenzeichen der Bundeswehr ist ein von der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten genehmigtes nationales Ehrenzeichen, welches unter das Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 26. Juli 1957 fällt. Das heißt: Nur die Ministerin oder der Minister kann das Ehrenzeichen der Bundeswehr verleihen. Damit ist eine „freihändige“ Vergabe durch Vorgesetzte nicht möglich.
Insgesamt wurden 2017 von 5.000 möglichen 2.475 Ehrenzeichen der Bundeswehr verliehen. Davon entfielen 339 auf Mannschaftssoldaten und -soldatinnen, 1.349 auf die Unteroffiziere und Unteroffizierinnen der Truppe und 742 auf Offzierinnen und Offiziere. 45 Ehrenzeichen der Bundeswehr gingen an Zivilpersonen. Unter den Ausgezeichneten befanden sich 70 Reservisten aller Laufbahngruppen. Bevor eine Verteidigungsministerin oder ein Verteidigungsminister die Verleihung billigt, hat der Vorschlag mehrere Prüfungen durchlaufen.
Eine Auszeichnung mit langer Entstehungsgeschichte
Am 12. November 1980 händigt Verteidigungsminister Hans Apel die ersten 34 Ehrenzeichen der Bundeswehr an Soldaten und ziviles Personal aus. Es ist der 225. Geburtstag des preußischen Militärreformers Gerhard Johann David von Scharnhorst. Bis dahin hat die Bundeswehr keine eigenen Ehrenzeichen und Orden. Seit dem Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen von 1957 wird mehrmals versucht, ein Treuedienst-Ehrenzeichen, zum Beispiel für treues Dienen während fünf, zehn oder 20 Jahren, für alle Angehörigen des Öffentlichen Dienstes oder eine Wehrdienstmedaille zu schaffen. Erst als der Verband der Reservisten 1975 bei Verteidigungsminister Georg Leber den Antrag auf Stiftung einer Wehrdienstmedaille stellt, kommt der Stein ins Rollen.
Für Verdienste – Kein „Sitzfleischorden“
Leber entscheidet 1978, dass eine Verdienstmedaille für Wehrdienstleistende vorgesehen werden soll. Heer, Luftwaffe und Marine plädieren jedoch auch für eine Auszeichnung länger dienender Zeit- und Berufssoldaten. Anfang 1980 stimmt Bundespräsident Karl Carstens der Stiftung eines Bundeswehr-Ehrenzeichens zu. In Absprache mit dem Bundespräsidialamt kommt man zu dem Ergebnis, dass die Auszeichnung keine reine Dienstzeitmedaille – also kein „Sitzfleischorden“ – sein, sondern auch einen verdienstwürdigenden Charakter haben soll. Die Verdienste sollen über solchen Leistungen liegen, die nach der Wehrdisziplinarordnung mit einer Förmlichen Anerkennung geehrt werden. Bundeskanzler Helmut Schmidt stimmt der Idee zu, so dass das Bundeskabinett auf seiner Sitzung vom 20. August 1980 über die beabsichtigte Stiftung des Ehrenzeichens unterrichtet werden kann. Mit Erlass vom 6. November 1980 stiftet Minister Apel dann das Ehrenzeichen der Bundeswehr anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens.