Nachhaltigkeit in der Bundeswehr: Chancen und Grenzen
Kann der militärische Auftrag bei gleichzeitiger Klimaneutralität erfüllt werden? Die Meinungen darüber gehen auseinander. Doch vor allem in puncto Energiemanagement tut sich einiges in der Truppe. Wir erklären, welche nachhaltigen Entwicklungen es in den Liegenschaften der Bundeswehr gibt und wie selbst Jets vielleicht klimaneutral fliegen könnten.
Nachhaltigkeit? Zukunftsinvestitionen! Die Sicherheit der Soldaten geht aber vor.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind schon längst keine Themen mehr nur für Umweltaktivisten. Auch im Militär ist das Thema Nachhaltigkeit relevanter denn je: Wie können militärische Einsatzbereitschaft und ökologisches Verhalten zusammengebracht werden?
Dieses Spannungsfeld untersucht aktuell das Verteidigungsministerium. Können die Streitkräfte umweltbewusster handeln, ohne die Erfüllung ihres Auftrages zu gefährden? In dieser Green-Army-Debatte wird der Verteidigungssektor als Teil der Klimapolitik begriffen. Auch die Bundeswehr hat sich verpflichtet, an den Klimaschutz-Anstrengungen der Bundesregierung teilzunehmen. Ziel ist eine schlagkräftige, aber dennoch nachhaltige Armee. Dass die Truppe daran bereits arbeitet, zeigen einige Beispiele.
Mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung hat die Weltgemeinschaft (…) den untrennbaren Zusammenhang von Frieden und Sicherheit mit nachhaltiger Entwicklung und der Geltung der Menschenrechte anerkannt.
Fotovoltaik in Kasernen
Die Bundeswehr installiert Fotovoltaikanlagen auf und an den Gebäuden ihrer Liegenschaften. Den erzeugten Strom nutzt sie vorrangig selbst, um weniger von externen Stromanbietern abhängig zu sein. Den Eigenverbrauch aus erneuerbaren Energien zu decken, erfordert höhere Effizienzstandards in Gebäuden. Deshalb werden alte Kasernengebäude modernisiert, um langfristig weniger Strom zu verbrauchen.
Synthetische Kraftstoffe
Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht wegzudiskutieren. Noch muss die Bundeswehr fossile Brennstoffe nutzen – wie nahezu alle anderen Organisationen, Institutionen und Unternehmen in Deutschland auch. Die Einsatz- und Gefechtsfahrzeuge der Bundeswehr werden mit reinen Verbrennungsmotoren betrieben. E-Jets oder Batteriepanzer sind derzeit keine realistischen Optionen. Doch künftig könnten Panzer, Schiffe und weiteres schweres Gerät ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Der Expertenkreis ist sich einig, dass der Großteil der Fahrzeuge künftig mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden kann.
Alles Zukunftsmusik?
Eine Beimischung von klimaneutralen und synthetischen Kraftstoffen zu den fossilen stellt mittelfristig eine Alternative dar. Mit der Zeit soll sich der Fokus auf eine vollständige Nutzung aus regenerativen Quellen verlagern – nicht nur, weil das Mineralöl endlich ist, sondern auch für eine klimagerechte Zukunft. Elektrokraftstoffe sind zukunftsfähige Lösungen, da sie bereits klimafreundlich hergestellt werden. Sämtliche Flugzeuge der Flugbereitschaft tanken bereits heute damit – mit bis zu 50 Prozent Sustainable Aviation Fuel (SAFSustainable Aviation Fuel).
„New Engine Option“: Effizientere Triebwerke
Die Bundeswehr achtet auch auf die „grüne“ Plakette bei Neuanschaffung von Material: Die Luftwaffe hat im Sinne der Reduktion von Schadstoffen das brandneue Transportflugzeug A321-NEONew Engine Option erworben. Es besticht durch leichte Werkstoffe, leistungsfähige Triebwerke und einen geringeren Verbrauch von Treibstoff. NEONew Engine Option (New Engine Option) steht für effizientere und leistungsstärkere Triebwerke und ist ein wichtiger Schritt in Richtung Klimaneutralität der Bundeswehr.
Die anteilige Betankung von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft mit SAFSustainable Aviation Fuel ist bereits veranlasst. Dies ist ein Quantensprung zum klimafreundlichen oder mittelfristig sogar klimaneutralen Fliegen.
Wärmeversorgung durch Geothermie
Geothermie oder Erdwärme hat den Vorteil, dass sie eine unerschöpfliche Energiequelle ist. In ihrer Liegenschaft in Pfullendorf erprobt die Bundeswehr, die Gebäude ausschließlich durch Erdwärme zu beheizen und mit Warmwasser zu versorgen – und zwar das ganze Jahr hindurch. Die Prognosen dafür stehen gut. Somit könnte in naher Geothermie auch in weiteren Bundeswehr-Standorten genutzt werden.
Grün durch autonomes Fahren
Auch die Ressource Mensch ist endlich: Im Bereich teilautomatisiertes Fahren macht die Bundeswehr Fortschritte. Mit einem Minimum an Fahrpersonal sollen militärische Konvois durch Deutschland fahren. Möglich macht das die elektronische Deichsel, die Fahrzeuge wie ein unsichtbares Gummiband miteinander verbindet und dadurch synchrone Bewegungen erzeugt. Das unbemannte Fahren, im zivilen schon ein Megatrend, gehört künftig auch zum Repertoire der Bundeswehr.
Der Gedanke einer Green Army ist kein Trendszenario, sondern bereits gelebte Realität in einigen Bereichen der Bundeswehr. Dennoch stößt Nachhaltigkeit im Militär an seine Grenzen: Der Auftrag, die Bundesrepublik Deutschland zu schützen, muss Vorrang haben vor dem Ziel, nachhaltig zu sein. Ressourcen zu schonen, darf Sicherheit und Schutz der Soldatinnen und Soldaten nicht entgegenstehen.