Damals, gestern und heute

Die Geschichte der Bundeswehr als Einsatzarmee

Das internationale Konflikt- und Krisenmanagement wurde nach dem Kalten Krieg zur Hauptaufgabe der Truppe. Die Einsätze in Afghanistan und Mali haben Tausende von Männern und Frauen in der Bundeswehr geprägt. Jetzt geht es zurück zum Kernauftrag, der Landes- und Bündnisverteidigung. Doch Friedenseinsätze bleiben wichtig für eine sichere Weltordnung.

Bundeswehrsoldaten mit Waffen und blauen UN-Kappen auf Patrouille in einer Wüstenlandschaft

Auftrag bis 1990: Landes- und Bündnisverteidigung

Bis zur Wiedervereinigung 1990 lautete der Auftrag der Bundeswehr Landes- und Bündnisverteidigung. Einsätze der Bundeswehr außerhalb des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territoriums gab es lediglich bei Naturkatastrophen. So leisteten etwa deutsche Transportflieger oder Pioniere wiederholt Hilfe bei Dürrekatastrophen und Erdbeben oder transportierten Hilfsgüter in Katastrophengebiete.

Viele weiße Säcke mit Hilfsgütern, dahinter Menschen, Zelte und Flugzeuge

Hilfe bei einer Dürrekatastrophe in Afrika: Eine Transall der Bundeswehr hat im August 1986 Hilfsgüter nach Mosambik geliefert

Bundeswehr/Hoffmann

Seit 1959 war die Bundeswehr auf diese Weise in mehr als 50 Ländern im Auslandseinsatz. Viele Soldaten betrachteten bis 1990 aber auch ihre Tätigkeit in den Luftverteidigungsgefechtsständen der NATONorth Atlantic Treaty Organization oder bei Übungen und Manövern als Einsatz. An Friedensmissionen der Vereinten Nationen beteiligte sich die Bundeswehr damals jedoch nicht.

Erste Schritte zur Armee im Einsatz

Mit der Wiedervereinigung wurde aber klar, dass Deutschland seinen Verpflichtungen aus internationalen Verträgen aktiver nachkommen musste. Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte dazu bereits in seiner Regierungserklärung im ersten gesamtdeutschen Bundestag am 4. Oktober 1990, dass das vereinte Deutschland seiner internationalen Verantwortung gerecht werden würde. Dazu würden auch die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

Ein Minenjagdboot im Wasser

Ziel der Operation Südflanke war es, 1991 während des zweiten Golfkriegs Solidarität mit dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner Türkei zu zeigen

Bundeswehr/Gatzmanga

1991, während des zweiten Golfkriegs zur Befreiung des vom Irak besetzten Kuwait, entsandte die Bundeswehr Jagdbomber und Flugabwehrraketen in die Türkei sowie einen Minenabwehrverband ins Mittelmeer. Ziel war es vor allem, Präsenz an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Südflanke und Solidarität mit dem NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner Türkei zu zeigen.

Darüber hinaus unterstützte Deutschland die Koalitionstruppen der Vereinten Nationen materiell und stellte Flugabwehrraketen für Israel bereit. Die deutsche Unterstützung belief sich auf rund elf Milliarden D-Mark (rund fünf Milliarden Euro). Nach dem Krieg unterstützte ein Minensuchverband der Bundeswehr die Minenräumung im Persischen Golf.

„Peacekeeping missions“

Die Vereinten Nationen mandatierten die Einsätze in Kambodscha und in Somalia im Rahmen von Resolutionen des UNUnited Nations-Sicherheitsrats. Sie galten als „peacekeeping missions“, als friedenserhaltende Missionen. Im Falle des humanitären Einsatzes in Kambodscha reichte das UNUnited Nations-Mandat sowie der Beschluss des Bundeskabinetts für den Einsatz aus.

Ebenfalls mit einem UNUnited Nations-Mandat ausgestattet, stellte sich die Ausgangslage für einen deutschen Einsatz in Somalia anders dar. Er war nicht wie der Einsatz in Kambodscha eine humanitäre, sondern eine militärische Mission und somit verfassungsmäßig nicht zulässig. Auf Antrag der oppositionellen SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands erklärte das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Juni 1993, dass Voraussetzung für die Entsendung der Soldaten nach Somalia ein zustimmender Beschluss des Parlaments sei. Dieser erfolgte dann auch Anfang Juli 1993.

Abschließend wurde die Grundsatzfrage nach der verfassungsgemäßen Zulässigkeit von Auslandseinsätzen außerhalb des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebiets ein Jahr später, am 12. Juli 1994, im sogenannten „Out of area“-Urteil beantwortet. Demnach sind „Out of area“-Einsätze verfassungskonform, wenn der Bundestag vorher zustimmt. Das Urteil markiert die Geburtsstunde des sogenannten Parlamentsvorbehaltes.

Der erste Einsatz der Bundeswehr „out of area“, also außerhalb des Bündnisgebiets der NATONorth Atlantic Treaty Organization, war in Kambodscha. In der Hauptstadt Phnom Penh sollten deutsche Sanitäter 1992/93 mit einem Lazarett die medizinische Versorgung der UNUnited Nations-Blauhelme sicherstellen. Da sie damit kaum ausgelastet waren, übernahmen sie auch die Versorgung der einheimischen Bevölkerung.

Dabei kam Feldwebel Alexander Arndt als erster deutscher Soldat in einem Auslandseinsatz ums Leben, als er von einem Unbekannten erschossen wurde.

1993 bis 1995 unterstützten deutsche Soldaten mit einem gemischten Versorgungsbataillon die United Nations Operation in Somalia II (UNOSOMUnited Nations Operation in Somalia II). Ziel war es, im Norden des Landes eine indische Brigade der Blauhelme zu versorgen. Da diese nicht zum Einsatz kam, leisteten die deutschen Soldaten Aufbauhilfe für die örtliche Bevölkerung.

Konflikte auf dem Balkan

Der seit 1990 eskalierende Konflikt im zerfallenden Jugoslawien brachte die deutsche Außenpolitik in eine Zwangslage. Mit der schnellen Anerkennung der Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens im Dezember 1991 hatte sie den Konflikt dieser Staaten mit Rest-Jugoslawien verschärft. Ein Jahr später entstand mit der Unabhängigkeit Bosnien-Herzegowinas der nächste Brennpunkt, diesmal als ethnischer Konflikt zwischen den bosnischen Muslimen und den Serben. Die Vereinten Nationen sahen dieser Entwicklung lange tatenlos zu. Die United Nations Protection Force (UNPROFORUnited Nations Protection Force) konnte weder den Konflikt entschärfen, noch hatten ihre Truppen ein Mandat, gegen die „ethnischen Säuberungen“ durch die bosnischen Serben einzuschreiten.

Die Bundesrepublik Deutschland erklärte sich 1992 bereit, die UNPROFORUnited Nations Protection Force mit einer logistischen Basis in Kroatien sowie Aufklärungsflugzeugen zu unterstützen. Später half die Bundeswehr auch bei der Überwachung eines Embargos mit Hilfe von Schiffen im Mittelmeer (UNUnited Nations-Operation Sharp Guard). Der Konflikt konnte jedoch auch durch Flugverbotszonen nicht befriedet werden.

Soldat steht auf einer unbefestigten Straße und hält eine rote Bundeswehr-Signalkelle hoch

Die Implementation Force (IFORImplementation Force) in Bosnien-Herzegowina regelt bei Duvno auch den Verkehr.

Bundeswehr/Detmar Modes

Mit dem Friedensabkommen von Dayton zwangen europäische Staaten und die USA im Dezember 1995 die Kriegsparteien zum Frieden in Bosnien-Herzegowina. Zur Überwachung entsandten die Vereinten Nationen danach die Implementation Force (IFORImplementation Force). Die Bundeswehr beteiligte sich mit einem Heereskontingent zur Versorgung der beteiligten Streitkräfte und überwachte mit ECRElectronic Combat Reconnaissance- und Aufklärungstornados die Flugverbotszone.

Deutlich gefährlicher waren die Versorgungsflüge der Luftwaffe in das von bosnischen Serben belagerte Sarajevo: Zwischen Juli 1992 und Juni 1996 brachten deutsche Transportflugzeuge über eine Luftbrücke Versorgungsgüter, Lebensmittel und Medikamente in die Stadt.

Das Karlsruher Urteil und die Bundeswehr im Einsatz

Die Teilnahme an den Einsätzen auf dem Balkan führte wiederholt zu Kontroversen zwischen den im Bundestag vertretenen Parteien. Bis zum Sommer 1994 erklärte die Bundesregierung, die Teilnahme an diesen Einsätzen besäße immer auch humanitären Charakter, so dass Deutschland nicht abseits stehen dürfe.

Um zu klären, ob diese Einsätze mit dem Grundgesetz vereinbar seien, wandten sich die SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands- und die FDPFreie Demokratische Partei-Bundestagsfraktionen an das Bundesverfassungsgericht: Die SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands hielt bereits die Einsätze Sharp Guard und UNOSOMUnited Nations Operation in Somalia II für verfassungswidrig, die FDPFreie Demokratische Partei hingegen die Teilnahme deutscher Soldaten an den AWACSAirborne Early Warning and Control System-Überwachungsflügen über dem Balkan.

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 12. Juli 1994 in Karlsruhe: Das Grundgesetz lässt den Einsatz der Bundeswehr auch außerhalb des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Territoriums („out of area“) zu. Denn in Artikel 24 (2) heißt es: „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen“. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich das sowohl auf die NATONorth Atlantic Treaty Organization als auch auf die Vereinten Nationen anwenden. Die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen verpflichtet Deutschland nach Kapitel VII der UNUnited Nations-Charta zudem zur militärischen Unterstützung bei mandatierten Einsätzen. Damit waren die Einsätze der Bundeswehr von Anfang an mit dem Grundgesetz in Einklang.

Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags

Das Parlamentsbeteiligungsgesetz sieht vor, dass die abschließende Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundeswehr beim Deutschen Bundestag liegt

Bundeswehr/Andreas Noll

Das Bundesverfassungsgericht schrieb der Bundesregierung jedoch vor, die Entsendung der Bundeswehr in einen Einsatz vom Bundestag beschließen zu lassen. Das 2005 in Kraft gesetzte Parlamentsbeteiligungsgesetz definiert dieses Verfahren. Maßgeblich für Auslandseinsätze der Bundeswehr vor und nach 1994 ist das Grundgesetz. Das Karlsruher Urteil sprach dem Bundestag jedoch ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht zu.

Die verschiedenen Einsätze der Bundeswehr auf dem Balkan dauerten bis 2017. Die Mehrheiten des Bundestags haben sie stets mitgetragen. Der Kosovo-Krieg ab März 1999 war indes eine Ausnahme: Auch dort eskalierte der ethnische Konflikt zwischen christlich-orthodoxen Serben und überwiegend muslimischen Kosovaren. Die Bundesrepublik Jugoslawien schränkte die Autonomie ihrer Teil-Republik Kosovo zunehmend ein. Diese politische Bevormundung führte zu Separationsbestrebungen der muslimischen Bevölkerungsmehrheit, die ihrerseits nach Unabhängigkeit strebte. Die innenpolitischen Spannungen verschärften sich infolge von Übergriffen durch Polizei und Militär gegen die Bevölkerung, worauf kosovarische paramilitärische Verbände entstanden, die ebenfalls Gewalt gegen Serben ausübten.

Die westlichen Staaten entschlossen sich aufgrund der fortschreitenden Eskalation durch die jugoslawische Führung im März 1999 zum Luftkrieg gegen Jugoslawien und seine Truppen im Kosovo, um es zum Einlenken zu zwingen. Die Bundeswehr bekämpfte dabei die jugoslawische Luftverteidigung, überwiegend mit ECRElectronic Combat Reconnaissance-Tornados. Es war der erste Kampfauftrag für die Armee im Einsatz. Doch ein Mandat der Vereinten Nationen lag nicht vor.

Erst nach vier Monaten endete dieser Krieg mit einem Einlenken der jugoslawischen Regierung. Die Bundeswehr schickte Truppen im Rahmen der Kosovo Force (KFORKosovo Force), um den Friedensprozess abzusichern. 2008 erklärte der Kosovo seine politische Unabhängigkeit von Jugoslawien.

Bundeswehrsoldaten und Fahrzeuge mit der Aufschrift KFOR auf einer Straße

Bundeswehr-Soldaten der Kosovo Forces (KFORKosovo Force) kontrollieren in Prizren einreisende Fahrzeuge und Personen nach Waffen. Ein Schützenpanzer Marder sichert den Checkpoint

Bundeswehr/Detmar Modes

9/11 – „Krieg gegen den Terror“

Am 11. September 2001 griffen islamistische Terroristen mit vier entführten Passagierflugzeugen das World Trade Center in New York sowie das USUnited States-Verteidigungsministerium in Washington an. Tausende Tote waren zu beklagen. USUnited States-Präsident George W. Bush erklärte den „Krieg gegen den Terror“ und gegen das Netzwerk al-Qaida. Dieses Netzwerk hatte zuvor bereits an anderen Orten Terroranschläge auf USUnited States-Einrichtungen begangen und sich zu den Anschlägen von 9/11 bekannt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte wenige Tage nach den Anschlägen im Deutschen Bundestag die „uneingeschränkte Solidarität“ Deutschlands mit den USA. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization rief erstmals in ihrer Geschichte den Bündnisfall nach Artikel 5 des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Vertrages aus. Afghanistan, der zentrale Rückzugsort von al-Qaida, war weder dazu bereit, noch dazu in der Lage, die Drahtzieher der Anschläge auszuliefern. Der UNUnited Nations-Sicherheitsrat beschloss daher die Entsendung einer International Security Assistance Force (ISAFInternational Security Assistance Force). Sie sollte den Aufbau staatlicher Strukturen in Afghanistan absichern. Das Land befand sich damals zu großen Teilen unter der Herrschaft der islamistischen Taliban. Tatsächlich gelang es zunächst, deren Einfluss zurückzudrängen und eine neu eingesetzte Zentralregierung und das Parlament zu unterstützen.

Die Bundeswehr war seit Februar 2002 Teil des ISAFInternational Security Assistance Force-Einsatzes, stellte Teile der Multinationalen Brigade in Kabul und betrieb den Kabul International Airport. Später wurde sie in den Norden verlegt und übernahm die Verantwortung für das Regionalkommando Nord und die dortige Stabilisierungsoperation.

Anfänglich waren die Einsätze in Afghanistan wie zuvor auf dem Balkan Stabilisierungseinsätze. Es galt Friedensprozesse abzusichern, staatliche Strukturen aufzubauen und den Aufbau der lebensnotwendigen Infrastruktur zu fördern. In Afghanistan stand dieser „Stabilisierungseinsatz“ aber von Anfang an unter Druck: Die anfangs scheinbar vertriebenen bewaffneten Gruppierungen der Taliban kämpften immer härter gegen die als Eindringling empfundene ISAFInternational Security Assistance Force. Anschläge auf Soldatinnen und Soldaten der ISAFInternational Security Assistance Force häuften sich. Ab 2008 folgten auch im deutschen Verantwortungsbereich offene Angriffe.

Zu Guttenberg im Gespräch mit Soldaten

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spricht bei einem Afghanistan-Besuch im April 2010 im PRTProvincial Reconstruction Team Kundus mit Soldaten der Bundeswehr

Bundeswehr

Über die Wirklichkeit in Afghanistan gab es unterschiedliche Wahrnehmungen. Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sprach Ende 2009 als erster von „kriegsähnlichen Zuständen“ in Afghanistan und bezeichnete den Einsatz nach den Gefechten 2010 als „Krieg“. Daraufhin wurden schwere Waffen wie etwa Haubitzen und Schützenpanzer nach Afghanistan verlegt.

Insbesondere die deutschen Soldatinnen und Soldaten, die in Afghanistan Leib und Leben im Einsatz riskierten, empfanden die zunehmenden Gefechtshandlungen als „Krieg“. In der Politik war jedoch immer noch von einem „Stabilisierungseinsatz“ die Rede. Doch das war die ISAFInternational Security Assistance Force schon längst nicht mehr. Für Deutschland entwickelte sich die ISAFInternational Security Assistance Force-Beteiligung schnell zum größten Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr. Seit der Aufstellung der deutschen Bundeswehr 1955 hatte es so etwas nicht gegeben: deutsche Soldaten, verwickelt in schwerere Gefechte.

Der Preis dafür war hoch. Am Hindukusch kamen in 13 Jahren 55 Bundeswehrsoldaten zu Tode, 35 von ihnen fielen durch Fremdeinwirkung. Hunderte Soldatinnen und Soldaten erlitten körperliche und seelische Verwundungen. Die Beteiligung an der ISAFInternational Security Assistance Force-Mission führte zu einem grundlegenden Wandel der deutschen Streitkräfte: Die Bundeswehr entwickelte sich weg von einer Verteidigungsarmee hin zur Einsatzarmee.

Die internationale Koalition in Afghanistan hatte ab 2011 schrittweise damit begonnen, die Verantwortung für die Sicherheit auf die afghanischen Kräfte zu übertragen. Ab Sommer 2013 übernahmen diese die Führung von Operationen im Land. Nach Abschluss der Übergangphase endete die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Mission ISAFInternational Security Assistance Force am 31. Dezember 2014. Mit zeitgleich bis zu 5.350 Soldatinnen und Soldaten hatte sich die Bundeswehr am ISAFInternational Security Assistance Force-Einsatz beteiligt.

Die ISAFInternational Security Assistance Force-Mission wurde zum 1. Januar 2015 nahtlos in die Ausbildungsmission Resolute Support überführt. Bei dieser standen Beratung und Ausbildung im Fokus: Rund 12.000 NATONorth Atlantic Treaty Organization-Soldaten waren vorgesehen, um die afghanischen Sicherheitskräfte auszubilden, zu beraten und zu unterstützen, damit sie nach Abzug der NATONorth Atlantic Treaty Organization selbstständig für Sicherheit in ihrem Land sorgen konnten. Als zweitstärkster Truppensteller des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Einsatzes nach den USA im Train, Advise and Assist Command North (TAAC-NTrain Advise and Assist Command North) übernahm die die Bundeswehr die Gesamtverantwortung für die Mission im Norden des Landes mit 21 Bündnispartnern. Die Mandatsobergrenze lag zuletzt bei 1.300 Soldatinnen und Soldaten. Sie bildeten die Afghanen ausgehend vom Camp Marmal bei Masar-i Scharif aus. Deutsche Kräfte waren darüber hinaus auch in Kundus und Maimanah stationiert.

Im April 2021 hatte der damalige USUnited States-Präsident Joe Biden angekündigt, seine Truppen bis zum 11. September 2021 aus Afghanistan zurückziehen zu wollen – genau 20 Jahre nach 9/11. Daraufhin beschlossen auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner, den internationalen Einsatz zu diesem Zeitpunkt zu beenden. Anders als ursprünglich geplant, zog Biden jedoch im Juli 2021 das Datum für den vollständigen Abzug aller USUnited States-Soldaten auf den 31. August 2021 vor. Darum beendete auch die Bundeswehr den Einsatz bereits vor dem 11. September und zog sich bis zum 30. Juni 2021 aus Afghanistan zurück.

Es dauerte nicht lange, bis die Taliban das Land zurückerobert hatten: Mitte August 2021 übernahmen sie die Macht in der Hauptstadt Kabul. Die Sicherheitslage verschlechterte sich zunehmend. Infolge dessen unterstütze die Bundeswehr die Evakuierungsoperation des Auswärtigen Amtes aus Afghanistan und flog bis zum 27. August mehr als 5.000 Menschen aus. Darunter waren neben deutschen Staatsbürgerinnen und -bürgern sowie afghanischen Ortskräften und deren Familien weitere Schutzbedürftige anderer Partnernationen. Sie wurden mit Transportflugzeugen vom Typ A400M und A310 in Sicherheit gebracht.   

Einsätze in Afrika

Die Bundeswehr war von 2013 bis 2023 in Mali. Deutsche Soldatinnen und Soldaten stabilisierten dort fast zehn Jahre lang die Region: Um die Bevölkerung in Mali und Niger zu schützen, waren insgesamt rund 20.000 Blauhelmsoldatinnen und -soldaten aus Deutschland im Einsatz in Afrika. Gemeinsam mit internationalen Partnerstreitkräften bildeten sie zudem im Rahmen der europäischen Trainingsmission EUTMEuropean Union Training Mission (European Union Training Mission) malische Sicherheitskräfte aus.

Die UNUnited Nations-Stabilisierungsmission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali in Mali galt als einer der gefährlichsten Blauhelmeinsätze in der jüngeren UNUnited Nations-Einsatzgeschichte. Mehrere deutsche Soldaten kamen im oder durch den Einsatz zu Tode – unter anderem zwei Hubschrauberpiloten, die aufgrund eines technischen Defekts 2017 mit ihrem Kampfhubschrauber Tiger abstürzten. An natürlichen Todesursachen verstarben zwei weitere Soldaten im Einsatzland Mali sowie ein Soldat in Deutschland im Zusammenhang mit dem MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali-Einsatz.

Der Bundestag beschloss am 26. Mai 2023 den Abzug aus Mali. Denn die Zusammenarbeit mit der malischen Regierung gestaltete sich zunehmend schwierig. Am 31. Dezember 2023 lief das UNUnited Nations-Mandat für MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali aus. Die UNUnited Nations-Friedensmission wurde beendet und die deutschen Soldatinnen und Soldaten abgezogen. Das letzte Mali-Einsatzkontingent der Bundeswehr landete am 15. Dezember 2023 auf dem Fliegerhorst Wunstorf.

Ein Soldat der Bundeswehr am Ufer schaut auf ein Schiff, das in den Hafen einläuft

Ein Wachsoldat des Deutschen Einsatzkontingents UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon beobachtet von einem Wachturm aus das Einlaufen der Fregatte „Augsburg F213“ in den Hafen von Limassol/Zypern

Bundeswehr/Sascha Jonack

Fazit und Ausblick

In den 1990er Jahren entwickelten sich die deutschen Streitkräfte also zu einer Einsatzarmee. Um weltweit zur Friedenssicherung beizutragen, schickte die Bundeswehr gemeinsam mit Partnerstaaten im Auftrag der Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der NATONorth Atlantic Treaty Organization Kräfte ins Ausland. Die internationale Konfliktbewältigung und Krisenvorsorge zählten zu ihren Hauptaufgaben.

Mit der russischen Annexion der Krim 2014 begann der Wandel: Die Verteidigungsfähigkeit des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisses rückte im wieder in den Mittelpunkt. Spätestens mit Russlands Überfall auf die Ukraine 2022 wurde die Landes- und Bündnisverteidigung wieder zum Kernauftrag der Bundeswehr: Sie musste wieder zur kampfbereiten Verteidigungsarmee werden. Das deutsche Bekenntnis zur Friedenssicherung weltweit gilt aber weiter:  Deutsche Soldatinnen und Soldaten beteiligen sich etwa an der KFORKosovo Force-Friedensmission im Kosovo, dienen als Militärbeobachter im Südsudan oder bei der Mission UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon. UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon ist eine der ältesten friedenserhaltenden Einsätze der Vereinten Nationen; es gibt sie seit 1978. Blauhelmsoldatinnen und -soldaten der UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon leisten ihren Dienst im Einsatz für den Frieden zwischen Libanon und Israel.

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