Als Reservist beim Eurocorps in Frankreich dienen
Als Reservist beim Eurocorps in Frankreich dienen
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Straßburg, Public Affairs Office. „Gerade hatte ich ihn doch am Telefon!“ kommentiert Oberstabsfeldwebel Ralf Kaub trocken die Schwierigkeit, einen Kameraden in der multinationalen Transportkompanie in der benachbarten Lizé-Kaserne zu erreichen.
Sein spanischer Unteroffizier benötigt dringend eine Einweisung, um ein deutsches Dienstfahrzeug selbst fahren zu dürfen. Doch während der National Training Week frischen die Soldatinnen und Soldaten aller Nationen ihre jeweiligen militärischen Grundfertigkeiten auf und sind deshalb schwer erreichbar.
Andere bereiten sich auf ihren Einsatz in Mali in den kommenden Monaten vor, darunter auch Soldaten seiner Abteilung. Der deutsche Pressestabsoffizier ist gerade bei der Sanitätsausbildung. Auch der deutsche Fotograf der Abteilung ist derzeit im Standort unterwegs, um Bilder der Ausbildung für den Social Media Auftritt des Eurocorps zu schießen.
Das Eurocorps - eine Streitmacht für Europa
Das Eurocorps ist ein Hauptquartier für die EUEuropäische Union und NATONorth Atlantic Treaty Organization. Im Stab und in den Unterstützungseinheiten im Standort Straßburg dienen rund 1.000 Uniformierte aus zehn Nationen. In Übung und Einsatz führt das Korps bis zu 60.000 Soldatinnen und Soldaten.
Ab dem Januar 2021 ersetzen viele Angehörige des Eurocorps das Wappen der schnellen Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization auf den Ärmeln ihrer Kampfanzüge mit dem der EUEuropäische Union: sie verlegen als Teil der europäischen Trainingsmission nach Afrika.
In Mali und zukünftig in den Nachbarstaaten der Sahel-Zone schulen sie die dortigen Streitkräfte durch Beratung und vor allem Ausbildung zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Schulter an Schulter mit Polizisten und Wirtschaftsexperten der EUEuropäische Union und Soldaten der Vereinten Nationen.
Über die Einsatzvorbereitung und das tagtägliche Leben in diesem multinationalen Hauptquartier zu berichten und bei der Ausbildung zum Umgang mit Medien für ausgewähltes Führungspersonal zu unterstüzen sind derzeit zwei Aufgaben des Public Affairs Office. Hier wird Ralf Kaub wird für zehn Monate als Abteilungsfeldwebel in bewährter Weise unterstützen.
Soldat seit 35 Jahren
Oberstabsfeldwebel Kaub begann seine militärische Laufbahn am 1. April 1985 beim ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrbataillon in Zweibrücken. Damals im Kalten Krieg war die Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet, 495.000 aktive Soldaten und noch einmal 500.000 in „nichtaktiven“ Truppenteilen beorderte Reservisten standen Seite an Seite mit ihren NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partnern zur Verteidigung des Westens bereit. Die anschließende Wiedervereinigung und Neuausrichtung der Bundeswehr erlebte er als ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Aufklärer. 1993 trat Ralf Kaub, mittlerweile zum Berufssoldaten ernannt, seine erste Verwendung im damaligen deutsch-französischen Eurokorps an.
„Ich gehörte damals als TEP-Truppführer (Truppenentgiftungs-, Entseuchungs- und Entstrahlungsplatz) zum Bataillon de Quartier Général, dem heutigen Headquarters Support Battalion“ erinnert sich Kaub, „seitdem mag ich die Arbeit mit anderen Nationen“. In dieser Zeit traten nacheinander Belgien, Spanien und schließlich Luxemburg dem Korps bei und bilden bis heute die fünf Rahmennationen.
Nach vier Jahren verließ der heute 57-Jährige zum ersten aber nicht zum letzten Mal Straßburg. Bis zu seiner Rückkehr diente er in verschiedenen höheren Kommandobehörden und Ämtern der Bundeswehrals ABCAtomar, Biologisch, Chemisch- und Brandschutzfeldwebel. Im Rahmen von Auslandseinsätzen leistete er in Folge in Bosnien, dem Kosovo und Afghanistan Dienst.
Karriereberater und Web Designer
2007 kehrte der inwischen zum Stabsfeldwebel beförderte Kaub wieder zum Eurocorps zurück; neben zwei Einsätzen in Afghanistan mit seinen europäischen Kameraden diente er auch für ein Jahr im 1. Deutsch-Niederländischen Korps in Münster.
„Ich mag Multinationalität. Die Informationen, die man da mitkriegt, und vor allem die unterschiedlichen Traditionen der einzelnen Nationen“, blickt Kaub auf seine mehr als zwanzigjährigen Erfahrungen mit anderen Streitkräften zurück. Ab 2015 versah er dann seinen Dienst als Karriereberater in Offenburg.
Aktiver „Unruhestand“
Mit Erreichen der besonderen Altersgrenze wurde Kaub am 1. März 2017 in den Ruhestand verabschiedet. Dieser währte jedoch nur kurz.
Zuerst absolvierte Kaub die Ausbildung zum Webdesigner. Durch einen zufälligen Besuch bei seinen alten Kameraden in Straßburg erfuhr er von einem dringenden Bedarf eines Webmasters beim Public Affairs Office.
„Der Oberst wollte mich sofort sehen“ erinnert sich Kaub schmunzelnd. Es stellte sich heraus, dass beide ihre Dienstzeit im selben Bataillon in Zweibrücken begonnen hatten.
Seitdem leistet er zwei Mal im Jahr Dienst im Eurocorps; 2019 zuletzt auch bei der Zertifizierungsübung des Korps als Schnelle Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization im norwegischen Stavanger: „Übungen gehören dazu.“
Als Kaub im Jahr 2020 eine geplante Verwendung im Kommando Streitkräftebasis kurz vor der Corona-Pandemie beendete, folgte überraschend ein Anruf aus Straßburg: Der belgische Abteilungsfeldwebel müsse vor seinem Dienstzeitende den angestauten Urlaub abbauen, eine Nachbesetzung sei nicht absehbar. Ob Ralf Kaub kurzfristig einspringen könne? Der Oberstabsfeldwebel konnte.
Für die kommenden Monate wird Kaub den Übergang von der schnellen Eingreiftruppe der NATONorth Atlantic Treaty Organization zum EUEuropäische Union-Einsatz in Mali im Eurocorps als Reservist tatkräftig unterstützen.