Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr
Der Krieg ist zurück in Europa. Die Bedrohungslage hat sich durch den Angriff Russlands auf die Ukraine drastisch verschärft. Ein Leben in Frieden und Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Das macht eine konsequente Fokussierung der Bundeswehr auf ihren Kernauftrag erforderlich: die Landes- und Bündnisverteidigung.
Kernauftrag wieder im Fokus
Die Fokussierung der Streitkräfte auf ihren Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung ist festgehalten in den Verteidigungspolitischen Richtlinien, die im November 2023 von Verteidigungsminister Boris Pistorius und Generalinspekteur Carsten Breuer vorgelegt wurden. Das Dokument ist zusammen mit der im Juni 2023 vorgestellten Nationalen Sicherheitsstrategie die Grundlage der strategischen Ausrichtung der Bundeswehr.
Wozu gibt es die Bundeswehr?
„Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ So legt es das Grundgesetz im Artikel 87a fest. Der Auftrag der Bundeswehr ist demzufolge die Verteidigung. Im Kalten Krieg bedeutete das, einen unmittelbaren Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland und ihre Partner in der NATONorth Atlantic Treaty Organization abzuwehren. Es ging um den Schutz des Bündnisgebietes und seiner Bevölkerung vor einem potenziellen Aggressor. Dies ist auch heute wieder der Kern des Auftrages der Bundeswehr.
Darüber hinaus leistet die Bundeswehr an der Seite ihrer Partner ihren Beitrag im internationalen Krisenmanagement und zur gesamtstaatlichen Krisen- und Risikovorsorge. Auch unterstützt sie zivile Behörden in Katastrophenfällen im Rahmen der Amtshilfe im Inland. Aber auch neue Herausforderungen wie zum Beispiel Cyber-Bedrohungen, der internationale Terrorismus oder hybride Angriffe sind verstärkt in das Blickfeld der Streitkräfte gerückt.
Eine Parlamentsarmee
Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Grundlegende Entscheidungen treffen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Im Grundgesetz ist die Budgethoheit des Parlamentes verankert: Die Abgeordneten entscheiden, wie viel Geld die Bundeswehr bekommt und wofür sie es ausgeben darf. Sollen bewaffnete Kräfte der Bundeswehr eingesetzt werden, muss auch das generell vorher vom Bundestag gebilligt werden. Das Grundgesetz hält weiter fest, dass ein Verteidigungsausschuss aus Abgeordneten aller Fraktionen die parlamentarische Kontrolle über die Bundeswehr innehat. Zudem wacht die Wehrbeauftragte des Bundestages darüber, dass die Rechte der Soldatinnen und Soldaten gewahrt werden.
Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Grundlegende Entscheidungen, etwa über den Einsatz bewaffneter deutscher Soldatinnen und Soldaten im Ausland, trifft der Bundestag. Als Zeichen der Verbundenheit zwischen dem Parlament und der Bundeswehr, deren hohe Bedeutung eine Lehre aus der Historie Deutschlands ist, finden zu besonderen Anlässen Feierlichkeiten vor dem Reichstag statt.
Bevor die Bundesregierung die Bundeswehr in einen bewaffneten Auslandseinsatz schicken kann, muss sie dem Bundestag einen Antrag auf Zustimmung zum Einsatz der Streitkräfte vorlegen. Nur wenn der Bundestag dem Einsatz zustimmt, ist er zulässig. Details regelt das Parlamentsbeteiligungsgesetz.
Ja, in Sonderfällen. Immer wenn die Bundeswehr schnell und gegebenenfalls geheim handeln muss, ist eine vorherige Zustimmung des Bundestages nicht erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Jahr 2015, dass eine Befassung des Bundestages ganz unterbleiben kann, wenn ein eiliger Einsatz zum Zeitpunkt der frühestmöglichen Bundestagsbefassung bereits beendet ist. Dauert ein ohne den Bundestag beschlossener Auslandseinsatz noch an, so wird die Entscheidung im Bundestag zum frühestmöglichen Zeitpunkt nachgeholt.
Jede Soldatin und jeder Soldat hat das Recht, sich einzeln ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an die Wehrbeauftragten zu wenden.
Der Verteidigungsausschuss hat wie alle Ausschüsse das Recht, sich auch ohne Überweisung durch das Plenum selbstständig mit Fragen aus seinem Geschäftsbereich zu befassen und hierzu Empfehlungen abzugeben. Der Untersuchungsausschuss ist die stärkste Waffe des Parlamentes, um das Regierungshandeln zu kontrollieren. Eine Besonderheit ist, dass der Verteidigungsausschuss auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses hat. Er kann so selbst Beweise erheben, indem er zum Beispiel Zeugen befragt oder Akten anfordert und einsieht.
Rüstungsinvestitionen unterliegen in Deutschland der parlamentarischen Kontrolle. Alle Beschaffungs- und Entwicklungsprojekte der Bundeswehr mit einem Investitionsvolumen von über 25 Millionen Euro bedürfen der gesonderten Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. Daher haben die 25-Millionen-Euro-Vorlagen auch ihren Namen.
Was sind die Aufgaben der Bundeswehr?
Verteidigungspolitische Richtlinien 2023
Die Landes- und Bündnisverteidigung ist der Kernauftrag der Bundeswehr, an dessen Erfordernissen sowohl die personelle als auch die materielle Ausstattung der Streitkräfte ausgerichtet werden. Diese Leitidee steht im Zentrum der neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien, die auf der Bundeswehrtagung am 9. November 2023 vorgestellt wurden. Ziel des Grundsatzdokuments ist es, die Bundeswehr an den Erfordernissen der Zeitenwende auszurichten, die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 markiert wird.
„Deutschland muss als bevölkerungsreichstes und wirtschaftlich starkes Land in der Mitte Europas das Rückgrat der Abschreckung und kollektiven Verteidigung in Europa sein.“
Die Verteidigungspolitischen Richtlinien knüpfen an die Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung an, die im Juni 2023 vorgestellt wurden. Auf dieser Grundlage wurden die Aufträge der Bundeswehr neu formuliert. Zudem werden Vorgaben für die Gesamtkonzeption der militärischen Verteidigung gemacht – so beispielsweise für das künftige Fähigkeitsprofil der Bundeswehr. Letztlich geht es um eine zukunftsfähige, einsatz- und kriegstüchtige Bundeswehr.
Nationale Sicherheitsstrategie
Die wichtigste Aufgabe deutscher Sicherheitspolitik besteht darin, ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit in Deutschland sicherzustellen. So steht es in der ersten Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland, die die Bundesregierung im Juni 2023 vorgestellt hat.
„Es ist die wichtigste Aufgabe eines jeden Staates, einer jeden Gesellschaft, für die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger zu sorgen. Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit, keine Stabilität, keinen Wohlstand.“
Im Zentrum steht eine Politik der Integrierten Sicherheit: Fragen der inneren und der äußeren Sicherheit sollen bei allen Entscheidungen in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft konsequent mitgedacht werden. Akteure, Mittel und Instrumente sollen in Sicherheitsfragen zusammenwirken. Ziel ist ein wehrhaftes Deutschland, das sich und seine Verbündeten vor Bedrohungen jeder Art schützen kann. Die Bundeswehr gilt dabei als Kerninstrument zur Gewährleistung der Integrierten Sicherheit.