Norbert Bisky, „Niemandsland“, 2019, Öl auf Leinwand, 240 x 260 cm

Unbekannte Kameraden

"30 Jahre Armee der Einheit"

Am 3. Oktober 1990 begann nicht nur für Politik und Gesellschaft, sondern auch in der Bundeswehr eine Phase des Kennenlernens, der Integration und des Zusammenwachsens. Zeitzeugen haben uns an ihren Erinnerungen und Meinungen teilhaben lassen.

36 Jahre in zwei Armeen

Ein Tag, den Oberstleutnant Peter Georg Babik nie vergessen wird: Der 4. November 1989, fünf Tage vor der Öffnung der Mauer. Zu diesem Zeitpunkt trug er noch die Uniform der Nationalen Volksarmee (NVANationale Volksarmee) und wurde als damals 24-jähriger Leutnant nach Berlin kommandiert, um dort zusammen mit seiner damaligen Einheit im Bedarfsfall gegen die Demonstrierenden am Alexanderplatz eingesetzt zu werden. In seinen Erinnerungen war dies der Beginn eines Prozesses, an dessen Ende die Wiedervereinigung Deutschlands stand. Der Einblick in seine Erinnerungen und Erfahrungen aus inzwischen 36 Jahren Dienstzeit in zwei Armeen bildet den Auftakt in dieses Multimediadossier.

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Erinnerungen an die Wende

An jene Nacht des 2. Oktober 1990, als die Sektkorken in deutschen Wohnzimmern knallten, Autokorsos mit hupenden Trabis durch Berlins Straßen fuhren und das Brandenburger Tor in einem schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer erstrahlte, können sich viele noch gut erinnern. Die Einen trugen gerade einmal den Schulranzen, die Anderen standen am Beginn ihres Berufslebens, als Deutschland nach über vierzig Jahren der Teilung eine kaum für möglich gehaltene Wiedervereinigung feierte. Ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte, eine Momentaufnahme in den Biografien der Menschen in Ost und West.

Eine neue Zeitrechnung begann. Nicht nur für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, sondern auch für die Bundeswehr, die vor der Integration der übernommenen Soldaten und Mitarbeitern der aufgelösten NVANationale Volksarmee stand. Dreißig Jahre sind seither vergangen. Aus Schulkindern sind junge Offiziere, aus jungen Erwachsenen gestandene Führungskräfte geworden. Wie war das damals? Wie ist es weitergegangen und welchen Lebensweg haben die Menschen eingeschlagen?

Bewegungslinien in Deutschland

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  • Die Deutschlandkarte mit den markierten Geburtsorten und Bildern der Protagonisten
    Bewegungslinien in Deutschland

    Führungskräfte damals und heute

    Von Schwerin nach Idar-Oberstein. Von Nordhessen in die Lüneburger Heide und von dort nach Ostwestfalen. Der Soldatenberuf verlangte schon immer eine enorm hohe Mobilität. Versetzungen im Zwei- bis Dreijahresrhythmus, Kommandierungen und Auslandseinsätze würfeln die Menschen mit und ohne Uniform in immer neuen Konstellationen zusammen. Zwischenmenschliche Begegnungen, unzählige Erfahrungen. 25 Stationen und mehr haben die älteren unserer Zeitzeugen in NVANationale Volksarmee und Bundeswehr hinter sich gebracht. Ein Füllhorn an Erinnerungen: biografische Bausteine für gestandene Führungspersönlichkeiten.

    von Wilke Rohde
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Kapitän zu See Dr. Jörg Hillmann
    Kapitän zur See Dr. Jörg Hillmann

    Kapitän zur See Dr. Jörg Hillmann

    Das Wertesystem verteidigen

    Wie viele andere hatte auch der damals 26-jährige Marineoffizier den Fall der Mauer nicht für möglich gehalten. Der gebürtige Bremer war durch und durch westdeutsch, ohne jegliche Ostbindung oder Ostverwandtschaft. „Für mich war, als ich 1982 in die Bundeswehr eingetreten bin, eines völlig klar: Der Feind steht im Osten, in der DDR.“ Für ihn sei die Wehrpflicht ein ganz bewusster Schritt gewesen. „Weil ich felsenfest davon überzeugt war, dass das Westsystem verteidigt werden muss. Wenn nötig, mit Waffengewalt.“ Die Wiedervereinigung war für Hillmann zu diesem Zeitpunkt in weite Ferne gerückt. Es habe 1989 natürlich Anzeichen gegeben. „Aber so richtig daran geglaubt habe ich nicht.“

    Blick in eine unsichere Zukunft

    Die ersten Begegnungen mit Soldaten der NVANationale Volksarmee hatte Jörg Hillmann kurz vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. Alle Verbände der Bundeswehr hatten quasi Patenschaften für Verbände der NVANationale Volksarmee übernommen, um ihnen den Übergang zu erleichtern. Auch ins Wachbataillon nach Siegburg, in dem hillmann diente, kamen NVANationale Volksarmee-Offiziere. „Von unserer Seite empfand ich das immer als offenes Aufeinanderzugehen“, erklärt Hillmann. Auf Seiten der NVANationale Volksarmee-Offiziere habe er eher „eine gewisse Reserviertheit“ festgestellt. „Natürlich gab es auch Unsicherheit, weil die Kameraden in eine unsichere Zukunft geblickt haben.“

    Offene Arme?

    Besonders im Gedächtnis blieb ihm die reibungslose Übergabe des NVANationale Volksarmee-Geräts. „Ich habe während des späteren Studiums ein Truppenpraktikum in der Rostocker Hansekaserne gemacht und habe den S3 vertreten. Ich habe dort sehr viele Kameraden der ehemaligen NVANationale Volksarmee kennengelernt, wir hatten sehr offene Gespräche.“ Dabei habe es aber ein Ereignis gegeben, das ihn stutzig gemacht habe. „Wir standen in der Offiziermesse. Und da sagten zwei ehemalige NVANationale Volksarmee-Offiziere zu mir, dass sie gar nicht verstanden hätten, warum wir ihnen mit offenen Armen begegnet seien. Wir hätten doch ganz genau gewusst, dass es, wenn sie an unserer Stelle gewesen seien, anders gelaufen wäre.“ Das habe Hillmann damals sehr nachdenklich gestimmt.

    von Jan Marberg
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Oberstleutnant Corinna Frenzel
    Oberstleutnant Corinna Frenzel

    Oberstleutnant Corinna Frenzel

    „gut Holz“ in Frankenberg

    Frankenberg! Eder oder das in Sachsen? Zwischen der hessischen und der sächsischen Kleinstadt kommt es immer wieder zu Verwechslungen. Für die gebürtige Hessin Corinna Frenzel spielen beide Orte in ihren Kindheitserinnerungen zur ersten Begegnung mit dem „Osten“ eine wichtige Rolle. Bald nach der Öffnung der Grenze besuchte die damals siebenjährige gemeinsam mit ihrer Familie und dem örtlichen Kegelclub die Kegelfreunde im gleichnamigen sächsischen Ort. „Das war als Kind total spannend, weil man eben doch in eine irgendwie komplett andere Welt gefahren ist“ beginnt Frau Oberstleutnant der Bundeswehr ihre ersten Eindrücke der neuen Bundesländer zu schildern.

    Man muss jetzt erstmal einen Schritt finden, einen gemeinsamen Rhythmus“

    Holprige Straßen, graue Häuser und unendliches Kopfsteinpflaster sind die äußeren Bilder, die bei der begeisterten Keglerin in Erinnerungen geblieben sind. „Die Menschen aber waren alle sehr herzlich. Wir haben miteinander gespielt und hatten als Kinder gar nicht das Gefühl, der ist aus dem Osten und ich bin aus dem Westen.“ Bei den Erwachsenen stand das Kennenlernen und der Erfahrungsaustausch im Fokus. Im Rückblick wurde Frenzel später die Dimension der Veränderung klar „Es waren ja gerade die Menschen im Osten, die diesem gemeinsamen Deutschland zugetan worden sind. Für die hat sich enorm viel verändert, weil ihr gesellschaftliches und politisches System weggefallen ist. Sie mussten sich viel mehr ausrichten und erfinden, um sich in diesem neuen System Bundesrepublik Deutschland zurechtzufinden.“

    „2003 sind noch Menschen aus ganz Deutschland zur Grundausbildung angereist“

    Über die ehemalige Grenze hinweg führte die Bundeswehr Frenzel später durch die gesamte Bundesrepublik und auch in die Einsatzgebiete. Immer wieder galt es für sie, auf unbekannte Menschen zuzugehen und diese kennenzulernen. Zu Beginn ihrer Karriere als Soldatin brachte die Hessin der Einberufungsbescheid jedoch erst einmal zur allgemeinen Grundausbildung in das rheinland-pfälzische Mayen – später wurde die Region Anker und Heimat für sie und ihre Familie. Im kleinen Eifelort erlebte Frenzel ihre ersten Berührungen als Soldatin mit der Vielfalt der Rekrutinnen und Rekruten: „Wir waren wirklich aus ganz Deutschland zusammengewürfelt. Und das war sehr spannend, weil man hat etwas komplett Neues angefangen. Ich glaube das stand bei uns allen im Vordergrund. Die Debatte ‚Bist du aus dem Westen oder aus dem Osten?‘ hat es bei uns nicht gegeben, weil wir einfach alle offen waren.“ Zudem habe man sich damals auch noch intensiver im Gespräch auf der Stube miteinander auseinandersetzen müssen, das Handy war noch ein Nokia 3310 und Fernseher in den Unterkünften gab es noch nicht.

    „Vor allem muss man sich die Zeit nehmen“

    Die studierte Pädagogin war als Kompaniechefin im ITInformationstechnik-Bataillon in Kastellaun später auch selbst für die Durchführung der Allgemeinen Grundausbildung verantwortlich. Im Umgang mit den Menschen in ihrer Verantwortung wurde Frenzel nochmals deutlich „Es ist wichtig den Menschen als Ganzes zu sehen.“ Herkunft, Aussehen, Religion oder sexuelle Orientierung prägen Menschen schon vor ihrem Dienstantritt: „Was hat sie schon für Erfahrungen gemacht? Welchen Vorurteilen war er schon ausgesetzt?“ diese Fragen solle nach Frenzel jeder Vorgesetzte stets im Blick behalten und sich die Zeit dafür nehmen.

    von Thomas Martin
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Oberstleutnant Frank Palmgren
    Oberstleutnant Frank Palmgren

    Oberstleutnant Frank Palmgren

    Kreuz und quer durch die Republik

    Auf einer Pinnwand, von Juli-Sonne in Szene gesetzt, heften sie: Zwei Dutzend Aufnäher und Verbandsabzeichen, flankiert von einigen Erinnerungsbildern. Sie werten die nüchtern weiß gestrichene Bürowand des Idar-Obersteiner Dienstzimmers von Oberstleutnant Frank Palmgren auf. Würde man dessen militärische Lebensgeschichte an seinen vielen Stationen abbilden wollen, entstünde ein Striche-Staccato auf der Landkarte. Kreuz und quer ging es für ihn durch die Republik.

    Eine Ansichtskarte aus Wien

    „Ich muss im Sommer 1989 beginnen.“ Frank Palmgren rückt die Aufzeichnungen auf seinem Schreibtisch zurecht.  Kurz vor dem Abschluss seiner 1986 begonnenen Ausbildung zum Offizier stand er damals. Einer Zeit, in der die Demonstrierenden auf dem Leipziger Nikolaiplatz auch in der Bevölkerungswahrnehmung keine verblendeten Spinner mehr waren, sondern zu Zehntausenden überall in den Großstädten der DDR auf die Straße gingen. Es war die Zeit als einige Kameraden Palmgrens plötzlich nicht mehr aus dem Urlaub zurückkamen. An eine in Wien abgesendete Ansichtskarte erinnert er sich. Die dem System entfleuchenden Kameraden meldeten sich nicht ohne Hohn noch vor der Wende aus „der Liste der Verpflegungsteilnehmer“ ab. Die Grenze nach Ungarn war zu diesem Zeitpunkt bereits offen.

    26 Stationen

    Von Schwerin über Wittstock nach Leipzig, Oranienburg, Zittau, Fürstenau, Hannover, Schwalmstadt, München, Idar-Oberstein, Dresden, manchmal wieder zurück zu einem Ort, als gelte es noch etwas nachzuholen. Eine Station reiht sich an die nächste. 26 sind es insgesamt, der militärischen Vita vorgeschaltet eine zivile Berufsausbildung als Elektromechaniker in der ehemaligen DDR. Zwei Auslandseinsätze im Kosovo, Truppenpraktika in den ersten Monaten seiner Bundeswehrzeit. Kaum vorstellbar, dass es die Berufsbiografie eines Einzelnen ist.

    von Wilke Rohde
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Jens Gröschl
    Jens Gröschl

    Jens Gröschl

    Mit Sprache von Ost nach West

    Jens Gröschl war kaum Mitte 20, als er Militärdolmetscher der Nationalen Volksarmee wurde. Unmittelbar nach seinem Studium der Slawistik an der Humboldt-Universität zu Berlin startete er mit der Ausbildung zum Offizier in Löbau und begann anschließend im Kommando Luftstreitkräfte der NVANationale Volksarmee zu dolmetschen.

    Der Wille nach Veränderung

    Direkt angebunden bei einem hohen sowjetischen General konnte Gröschl deutlich spüren, was die bevorstehende Wende mit der NVANationale Volksarmee machte. „Der Wille nach Veränderung ging bis in das Offizierkorps der NVANationale Volksarmee hinein.“ Eine ganz persönliche Erinnerung geht auf seine Dolmetschertätigkeit bei einer Militärratssitzung zurück, wo beschlossen wurde, den Generalsekretär der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands abzusetzen. „Mit einem Schlag veränderte sich quasi alles. Man hatte zunächst auch mal große Angst um das eigene Fortkommen, um den eigenen Beruf.“

    Angst, Respekt und Glück

    Diese Angst um das eigene berufliche Fortbestehen nahm allerdings ab, als zum 3. Oktober 1990 die ersten Offiziere aus der Bundeswehr „rüberkamen“. Nach einen 24-stündigen Dienst mit einem Hauptmann der Bundeswehr, während dessen man sich gegenseitig viel erzählte und viel diskutierte, spürte Gröschl deutlich den entgegengebrachten Respekt: „Ich habe nachträglich auch etwas über Innere Führung erfahren, und weiß natürlich, dass dieser Offizier in diesem Sinne erzogen wurde und in diesem Sinne als Bundeswehroffizier gedient hat. Für mich war das Ganze eindeutig ein persönliches Erlebnis, das aus ihm persönlich herauskam. Welches Glück diese Wiedervereinigung für ihn bedeutete, welches Glück es für ihn bedeutete, dass die beiden deutschen Staaten nicht mehr getrennt sind.“

    von Maurice Schneider
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Major Christoph Gallitzendörfer
    Major Christoph Gallitzendörfer

    Major i.G. Christoph Gallitzendörfer

    Landflucht und Rückreisewelle

    „Ich bin Teil einer Generation, die die größte Welle der „Landflucht“ mit verursacht hat. Aus meinem Abiturjahrgang ist über die Hälfte in den alten Bundesländern studieren gegangen. Viele sind dortgeblieben, weil sie neue Lebenspartner und ein neues Leben kennengelernt haben. Jetzt gerade findet wieder eine ‚Rückreisewelle‘ statt – viele kommen zurück, aber erst langsam.“

    Von Ossis und Wessis

    Die Trennung von Osten und Westen hat es für mich so nie gegeben. Als Kind wurde noch viel vom ‚Ossi‘ und ‚Wessi‘ gesprochen. Ich glaube, das Klischee ist selber in den neuen Bundesländern entstanden, weil sie dazugekommen sind. Auch jetzt merke ich bei meiner Familie in Sachsen, dass da noch von ‚Wessis‘ gesprochen wird; bei meiner angeheirateten Familie in Bayern ist das nicht der Fall.“

    von Thomas Flink
  • Die Deutschlandkarte mit dem markierten Geburtsort und dem Bild von Oberstleutnant Christoph von Löwenstern
    Oberstleutnant Chrisstoph von Löwenstern

    Oberstleutnant Christoph von Löwenstern

    Grenzgänger

    Personalverfügungen haben Oberstleutnant Christoph von Löwenstern bereits mehrfach über die ehemalige innerdeutsche Grenze bewegt. Nah an sie dran kam von Löwenstern bereits kurz vor der Wende: Im September 1989 wird er ins kleine nordhessische Städtchen Sontra versetzt, gerade einmal ein knappes Dutzend Kilometer von der Grenze entfernt. Lehrgangsbedingt „verpasst“ er zwar die Wende in Nordhessen, kehrt aber kurze Zeit später zurück und erlebt die Zusammenführung zweier deutscher Armeen als Ausbilder in Sontra selbst.

    Schönheiten jenseits der Grenze

    Erstmals dauerhaft „in den Osten“ verschlägt es von Löwenstern 1993, als er Kompaniechef in Gotha wird, einer Stadt, die in seinem Erleben damals mitten im Umbruch begriffen ist. Neben den landschaftlichen „Schönheiten Thüringens“ lernt von Löwenstern auch das Leben „jenseits“ der ehemaligen Grenze kennen und schätzen, baut sich dort etwas auf. Eine „positive Grundstimmung“ erkennt er, einen Willen zur Veränderung, dem er geografisch verhaftet bleibt. Nach Stationen in Brüssel und Mons führt den Angehörigen der Aufklärungstruppe der Weg immer wieder zurück: als Kompaniechef, Personaler oder später als Pressesprecher nach Sachsen.  Dort ist Oberstleutnant von Löwenstern heute wohnhaft – von seinem aktuellen Dienstort Köln aus gesehen „am anderen Ende“ von Deutschland.

    von Christopher Steiger

Mentalitäten. Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Brötchen, Semmel, Schrippe, Weck – so unterschiedlich wie die regionalen Unterschiede für den morgendlichen Frühstücksbegleiter sind, trafen nach der Wiedervereinigung auch ganz unterschiedliche Mentalitäten aufeinander. Viele Bundeswehrangehörige wurden nach der Wende in die neuen Bundesländer für den Aufbau neuer Strukturen versetzt. Ehemalige NVANationale Volksarmee-Soldaten kamen zunächst vor allem zur Aus- und Weiterbildung in den Westen. Es trafen Vorgesetzte auf Untergebene und Kameraden auf Kameraden – ein spannendes Verhältnis aus Vorurteilen, Unsicherheiten und Offenheit in dem es vieles zu erlernen galt. Einige haben profitiert, andere haben Probleme damit gehabt, sich zurechtzufinden. Heute sind die Grenzen nahezu vollends verschwommen, eine Versetzung aus Oberbayern an die Nordsee oder dem Ruhrpott nach Berlin bietet jedoch immer noch spannende neue Blickwinkel und Erfahrungen.

Wir haben nicht jeden erreicht, aber mit viel Kameradschaft und Offenheit Brücken gebaut. Christoph von Löwenstern, Oberstleutnant
Über die Grenzen der Dienstgradgruppen hinweg war das Ziehen an einem Strang wichtig. Christoph Gallitzendörfer, Major i.G.
Wer ist dieser Mensch eigentlich? Der zweite Blick ist meistens besser als der erste. Corinna Frenzel, Oberstleutnant
Ein Zusammengehörigkeitsgefühl wie in der Bundeswehr, habe ich in der NVANationale Volksarmee nicht erlebt. Frank Palmgren, Oberstleutnant
Ganz entscheidend war der Respekt, den ich gespürt habe, der mir entgegengebracht wurde. Jens Gröschl

NVANationale Volksarmee & Bundeswehr

Schicksalsjahr 1990: 89.000 Soldaten der NVA standen vor einer ungewissen Zukunft.

41.000 Soldaten und 47.000 Mitarbeiter der NVA wurden am 3.Oktober 1990 vorläufig als Zeitsoldaten übernommen.

Gröschl, Babik, Palmgren und Richter zählen zu den dauerhaft übernommenen Offizieren und Unteroffizieren.

VIELEN DANK allen, die mit ihren Bildern beim Aufbau des Dossiers geholfen haben!

Armee der Einheit

Vor dreißig Jahren stand die Bundeswehr nach der deutschen Wiedervereinigung vor der Herausforderung, NVANationale Volksarmee-Soldaten erfolgreich zu integrieren. Wie ist dies geglückt? Gibt es noch Unterschiede zwischen Ost und West? Wie stand und wie steht es um die Intregrationsfähigkeit der Bundeswehr gestern und heute:

Ist der Schritt von einer Armee der Einheit zu einer Bundeswehr der Vielfalt gelungen?

Mit einem Klick auf das jeweilige Bild erfahren Sie mehr aus den Biografien der Zeitzeugen!

Integration: if - Zeitschrift für Innere Führung 04/2020

War die Übernahme des NVANationale Volksarmee-Personals durch die Bundeswehr eine ausnahmslos gelungene Integrationsgeschichte oder macht sich die Bundeswehr dahingehend etwas vor? In der kritischen Bestandsaufnahme analysiert Dr. Gerhard Kluchert auch die leiseren Töne und entlarvt die Formelhaftigkeit mancher Interview-Aussage.

Lesen Sie außerdem Beiträge zur Bedeutung von Frauen im Einsatz, zum Umgang mit religiöser Vielfalt und werfen Sie anlässlich des Jubiläums von 70 Jahren Himmerod einen historischen Blick zurück auf die Anfänge der Bundeswehr und der Inneren Führung.