Demoskopie

Zur Einbindung der Bundeswehr in die Gesellschaft

Zur Einbindung der Bundeswehr in die Gesellschaft

Datum:
Ort:
Koblenz

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Dr. Ulrich Pohlmann

Referatsleiter BMVgBundesministerium der Verteidigung Politik I 5, Dr. Ulrich Pohlmann, im Portrait, in Berlin am 08.12.2020.

Bundeswehr / Tom Twardy

Wie schafft die Bundeswehr es auf lange Sicht Teil der Gesellschaft zu bleiben? Wie können die Soldatinnen und Soldaten dazu beitragen das Bild in der öffentlichen Wahrnehmung zu prägen? Welche Rolle spielt die Innere Führung? Vor dem Hintergrund der Ergebnisse aus der diesbezüglichen Bevölkerungsumfrage des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) von 2019 haben wir darüber mit dem Referatsleiter BMVgBundesministerium der Verteidigung Pol I 5, Dr. Ulrich Pohlmann, gesprochen. Die Fragen stellte Wilke Rohde, Redakteur IF.

von Wilke Rohde

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Wie schafft es heute die Bundeswehr, ein Teil der Gesellschaft zu bleiben?

Zunächst ist eines klar zu betonen: Die Soldatinnen und Soldaten sind und bleiben fester Teil der Gesellschaft! Als Bürgerinnen und Bürger mit zahlreichen Verflechtungen – als Familienangehörige und Eltern, ehrenamtlich Tätige in Vereinen, Sportler, usw. – sind sie fester und wichtiger Teil der Gesellschaft. Dies entspricht dem Leitbild des ‚Staatsbürgers in Uniform‘, welches die Soldatinnen und Soldaten immer auch als Bürgerinnen und Bürger definiert. Dies trifft sowohl auf die Aktiven als auch auf die Ehemaligen zu. Seit ihrer Gründung haben ca. 10 Millionen Bürgerinnen und Bürger Dienst als Soldatin oder Soldat in der Bundeswehr geleistet oder leisten ihn derzeit. Diese Veteraninnen und Veteranen tragen ihr Bild von der Bundeswehr – bewusst und unbewusst, rational und emotional – in die Gesellschaft.

Wichtig ist, dass die Soldatinnen und Soldaten von der Gesellschaft auch in ihrer Rolle aktiv wahrgenommen werden. Deshalb ist es entscheidend, dass die Bundeswehr und ihre Angehörigen in der Öffentlichkeit sichtbar bleiben. Gleichzeitig muss ihr Auftrag durch Politik und Medien plausibel vermittelt werden und müssen ihre Einsätze für die Bevölkerung nachvollziehbar sein. Wenn dies gelingt, dürfte es an Rückhalt in der Bevölkerung nicht mangeln.

Die jährlichen Umfragen des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) bestätigen die grundsätzlich hohe Akzeptanz der Bundeswehr seit über zwei Jahrzehnten.

Welche Rolle spielen dabei die Soldatinnen und Soldaten als Staatsbürger in Uniform?

Nichts geht über den persönlichen Kontakt! Von daher sind die Soldatinnen und Soldaten persönlich die besten Botschafter der Bundeswehr. Derzeit wird das im Inland im Rahmen der Amtshilfe bei der Bewältigung der Corona-Pandemie deutlich: mehrere tausend Soldatinnen und Soldaten unterstützen bundesweit Gesundheitsämter sowie Alten- und Pflegeheime und leisten hierdurch neben ihrer funktionellen Arbeit auch Enormes als Botschafter der Bundeswehr. Sie bringen die Bundeswehr nach der Aussetzung der Wehrpflicht wieder stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft. Diese öffentliche Präsenz ist nicht zu unterschätzen. Das gilt ebenso für die Reservistinnen und Reservisten der Bundeswehr. Sowohl als aktive Verstärkung im Reservistendienst als auch als Mitglieder in den zahlreichen in der Reservistenarbeit engagierten Verbänden wirken sie als Mittler zwischen Bundeswehr und Gesellschaft.

Auch das Bahnfahren in Uniform hat neben anderen Maßnahmen eine besondere Bedeutung, um diese individuelle Präsenz der Soldatinnen und Soldaten in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Die vielen positiven Rückmeldung bestätigen diese Maßnahme!

Aus der Bevölkerungsumfrage von 2019 geht auch hervor, dass das Bild der Bundeswehr in den Köpfen der Menschen stark durch die Medien geprägt wird. Was unternimmt das BMVgBundesministerium der Verteidigung, um die Truppe im öffentlichen Raum sichtbar zu machen?

Das Bild, das von der Bundeswehr über die Medien gezeigt wird, ist naturgemäß gefiltert und oftmals stark problemorientiert. Daher ist es am besten, sich ein eigenes Bild von den Dingen zu machen. Hierfür ist die persönliche Begegnung der Bürgerinnen und Bürger mit der Bundeswehr und ihren Angehörigen so wichtig. Dies entspricht auch den Ergebnissen der Bevölkerungsumfrage des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, welche seit langem belegen, dass der persönliche Eindruck von der Bundeswehr und den Soldatinnen und Soldaten regelmäßig deutlich positiver ausfällt als jener, welcher indirekt über die Medien vermittelt wird.

Aus diesem Grunde werden neben dem Bahnfahren in Uniform seit einigen Jahren bundesweite Veranstaltungen wie der ‚Tag der Bundeswehr‘ und die Festveranstaltungen zum Gründungstag der Bundeswehr am 12. November durchgeführt. Hierdurch wird die Bundeswehr für die Bürgerinnen und Bürger sichtbarer und vor allem auch erlebbar. Auch die Teilnahme von Soldatinnen und Soldaten an Veranstaltungen des Breitensports fördern die öffentliche Wahrnehmung. All diese Maßnahmen benötigen natürlich noch Zeit, um ihre gesellschaftliche Wirkung zu entfalten.

Welche Bedeutung hat die Innere Führung als Führungskultur der Bundeswehr, um junge Menschen von der Bundeswehr zu überzeugen?

Die Innere Führung der Bundeswehr beruht vor allem auf einem werteorientierten Dienst als Soldatin und Soldat zum Schutz unseres Landes und unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dies hat eine hohe Attraktivität, welche es vielleicht noch stärker als bisher zu betonen und zu vermitteln gilt. Die Werte der Inneren Führung wie Menschenrechte, Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Demokratie im Verbund mit den zeitlosen soldatischen Tugenden wie Verantwortung, Kameradschaft, Pflicht, Dienst für die Gemeinschaft und Leistungsfähigkeit sprechen junge Menschen auch heute noch stark an. Deshalb hat die Innere Führung selbstverständlich eine hohe Bedeutung, um Menschen jeden Alters von der Bundeswehr zu überzeugen.

Gibt es Beispiele dafür, wie sehr die Menschen hinter der Bundeswehr stehen?

Selbstverständlich! Konkret engagieren sich zum Beispiel viele Ehrenamtliche für die Bundeswehr und ihre Soldatinnen und Soldaten mit verschiedenen Initiativen und Projekten innerhalb des sogenannten ‚Netzwerks der Hilfe‘. Das ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich ist beeindruckend und vorbildlich! Dazu gehört unter anderem die Hilfe für Hinterbliebene, die Unterstützung für Familien oder die Betreuung von Einsatzgeschädigten.

Dass Menschen hinter der Bundeswehr stehen, zeigen sie auch durch das Tragen oder Anbringen der Gelben Schleife. Die Gelbe Schleife gilt in Deutschland seit einigen Jahren als Inbegriff für Solidarität und Verbundenheit mit den Angehörigen der Bundeswehr. Sie wird als Anstecker an der Kleidung getragen, aber auch im öffentlichen Raum großformatig aufgehängt, so in öffentlichen Gebäuden oder an Ortseingängen. Darüber hinaus drücken Menschen ihre Solidarität mit den Soldatinnen und Soldaten auf Gelben Bändern aus. Gemeint sind lange gelbe Fahnenstoffe, die mit Grüßen und Wünschen aus der Heimat als Zeichen der Verbundenheit beschriftet werden. Diese Gesten aus der Zivilgesellschaft bedeuten den Soldatinnen und Soldaten viel.

Die Bundesministerin der Verteidigung würdigt dieses vielfältige und besondere Engagement für die Bundeswehr und ihre Angehörigen seit 2015 jährlich mit dem ‚Preis Bundeswehr und Gesellschaft‘.

Mehr dazu:

Anlass des Interviews war der Gegenstand des Artikels „Aus den Augen aus dem Sinn“ von Dr. Timo Graf in der Frühjahrsausgabe der Fachzeitschrift für Innere Führung (IF), die sie auf unserem Online-Kanal finden.

IF - Zeitschrift für Innere Führung

Vielseitig. Analytisch. Kontrovers.

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