Transkription Umgang mit moralischen Konflikten

Transkription Umgang mit moralischen Konflikten

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Ethische, kulturtradierte Rechtsnormen sind das Fundament militärischen Handelns in der Bundeswehr. Das Zentrum Innere Führung beschäftigt sich mit Moral und Gewissen von Soldatinnen und Soldaten im Krieg und gibt damit den Kompass für Verhalten und Selbstrechtfertigung vor. 

Kann das Moralempfinden eines Menschen verletzt werden?

Je reflektierter sich das eigene Handeln an gesellschaftlichen und ethischen Normen ausrichtet, desto größer sind allerdings auch die psychischen Einflüsse ethischer Abweichungen von den verinnerlichten Normen und können damit zu „moralischen Verletzungen“ führen.

Als moralische Verletzungen werden Erfahrungen verstanden, bei denen tief verwurzelte moralische Überzeugungen und Erwartungen erschüttert werden, indem z. B. an inhumanen, gewaltsamen oder grausamen Handlungen teilgenommen wird oder diese nicht verhindert werden können. Auch Zeuge oder Zeugin zu sein oder indirekt davon zu erfahren, kann bereits als Auslöser ausreichen.

Bei folgenden typischen einsatzbezogenen Konstellationen können solche moralischen Verletzungen auftreten:

  • durch Beobachtung oder Erleben des Fehlverhaltens Anderer

  • durch eigenes Fehlverhalten

  • im unmittelbaren Einsatzkontext: Verletzung moralischer Normen durch einsatzbezogene Ereignisse, z. B. durch das Verhalten von Vorgesetzten, Kameraden oder Kollegen, durch Beobachtungen des Verhaltens der Zivilbevölkerung im Einsatzland etc.

  •  außerhalb des eigentlichen Einsatzgeschehens: z. B. durch eine zu geringe Anerkennung oder Desinteresse für das Geleistete im Kollegen- und Kameradenkreis oder im privaten Umfeld aber auch in der Gesellschaft (einschließlich versorgungsrechtlicher Anerkennungen)

Die gute Nachricht ist, dass sich auch Menschen mit einem definierten Wertekompass vor moralischen Verletzungen schützen können. Eine gezielte Reflexion persönlicher Wertorientierungen kann bereits vor einer belastenden Einsatzexposition zu einer Stärkung der Bewusstheit über diese wichtige individuelle Ressource führen und damit die psychische Stabilität in einsatzbezogenen Krisensituationen fördern.

Bestimmte kurze Schulungsmaßnahmen werden sowohl vor einem Einsatz (hier: primär-präventiv) als auch kurz nach einem Einsatz (sekundärpräventiv) durchgeführt und sollen die psychische Widerstandskraft (Resilienz) der Teilnehmenden steigern.

Da die Erschütterung der moralischen Überzeugungen und Erwartungen zu einem frühen Zeitpunkt noch keine chronischen moralischen Verletzungen verursacht hat, spricht man zu diesem Zeitpunkt noch vom präventiven „Umgang mit moralischen Konflikten“.

Bereits vor Beginn der potenziellen Exposition mit moralisch konflikthaften Ereignissen sollten praxisnahe ethische Maßstäbe und Prüfkriterien eingeübt werden, nach denen eine schnelle und sichere Entscheidungsfindung in moralisch kritischen Situationen erfolgen kann. Diese können zudem in der Zeit danach helfen, das eigene Verhalten besser zu verstehen und vor sich selbst zu rechtfertigen. Dadurch werden wiederum belastende Gedankenketten und eine etwaige Grübelneigung reduziert.

Bestimmte, bei Soldatinnen und Soldaten häufig vertretene Werthaltungen wie „Benevolenz“ und „Universalismus“ unterstützen zwar ein moralisches dienstliches Handeln, machen aber gleichzeitig auch anfälliger für moralische Konflikte. Stärker materiell orientierte und weniger mitfühlende Menschen hingegen (z. B. Hedonisten) können dementsprechend in gewisser Weise vor derartigen Belastungen geschützt sein.

In diesem Zusammenhang wird auch auf das Ausbildungsmanual „mentale Stärke“ des Zentrums Innere Führung verwiesen, das Werteorientierungen behandelt.

Abschließend lässt sich sagen, dass eine frühzeitige, gezielte Auseinandersetzung mit Moral und Ethik soldatisches Handeln entlang der grundgesetzlichen und kulturellen Leitlinien lenken und unsere mentale Gesundheit schützen kann. Entsprechende vorbeugende Einweisungen zum Umgang mit moralischen Konflikten erhalten Sie vor dem Einsatz und während der Rückkehrerseminare noch im Einsatzland, aber auch danach.