Videointerview mit dem Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Generalmajor André Bodemann

Videointerview mit dem Kommandeur des Zentrums Innere Führung, Generalmajor André Bodemann

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Abtei Himmerod, Eifel

Vor 70 Jahren …

wurde hier der Grundstein …

für die Innere Führung gelegt.

Festgeschrieben in der …

Himmeroder Denkschrift.


Welche Bedeutung hat sie heute noch, Herr General?

Bodemann: Die Innere Führung aus der Himmeroder Denkschrift heraus, hat sich bewährt. Nichtsdestotrotz gibt es Dinge, die sich seit Himmerod entwickelt haben – gesellschaftlich, politisch, sicherheitspolitisch oder auch technologisch. Und diese Dinge muss man gegebenenfalls neu denken, und das ist die große Aufgabe, wenn es um die Weiterentwicklung der Konzeption der Inneren Führung geht.

Was ist denn gleich geblieben?

Bodemann: Die Führungsprinzipien: Führen mit Auftrag, Verantwortung übernehmen, Vertrauen schenken, das Miteinander, das sich Kümmern und Fürsorge – das sind Fundamente, die haben sich nicht verändert und werden sich meines Erachtens nicht verändern.

Was hat sich konkret verändert?

Bodemann: Was in Himmerod 1950 nicht gedacht werden konnte, weil es diese Themen eben noch nicht gab, war zum Beispiel die zunehmende Digitalisierung. Der gesamte Cyberraum, die Cyberthematik oder aber auch die Aussetzung der Wehrpflicht. Wir haben heute einen völlig anderen Körper von Mannschaftssoldaten als noch vor einigen Jahren. Und das sind nur drei Beispiele, warum wir etwas neu denken müssen.

Was muss aktuell diskutiert werden?

Bodemann: Wir haben heute viele Fragen, die sich uns insbesondere in den Einsätzen stellen. Man hat Dinge, in denen man sich gegenübertreten muss, die tatsächlich beantwortet werden müssen, zum Beispiel im Umgang mit bewaffneten Drohnen – eine Diskussion die momentan ja allerorts ist. Da müssen wir zurückblicken auf das, was wir tun dürfen, was wir tun sollen. Und dazu muss es einen Rückhalt geben, einen Rückhalt durch die Bevölkerung, einen Rückhalt vom Dienstherrn, der sagt „Ja, das ist das, was wir von euch verlangen.“ Und jeder einzelne muss sich selbst fragen: „Bin ich bereit, das zu tun?“.

Wie führt man Soldaten richtig?

Bodemann: Das Erste ist: Führen mit Auftrag. Im Einsatz ist es oft so, dass Teileinheiten oder Einheiten abgesetzt sind. Dann müssen Dienstgrade aller Ebenen Entscheidungen treffen, ohne dass die höhere Ebene dort unmittelbar einwirken kann. Das bedeutet, dass man ein Ziel vorgeben muss, eine Richtung vorgeben muss und sich darauf verlassen muss, dass die Truppe, der verantwortliche Führer vor Ort auch im Sinne des Auftrags handelt.

Das Zweite ist: Das Vertrauen. Hier möchte ich das noch einmal aufführen, an einem eigenen Beispiel: Als ich an meinem ersten Abend in Masar-e Scharif den Anschlag auf das Deutsche Generalkonsulat erlebt habe, hatte ich völlig außer Acht gelassen, dass der Befehlshaber – also mein unmittelbarer Vorgesetzter – in Deutschland ja vor Ort war. Denn er hatte wenige Stunden vorher das Kommando an mich übergeben. Und als ich meine Befehlsausgabe machte, war er anwesend. Und dann schaute er mich nur an, als ich ihn sah und dann nickte er kurz und damit war klar: Er greift nicht ein, sondern er lässt mich machen, er hat volles Vertrauen. Er hätte ja auch übernehmen können und sagen: „Jetzt führe ich.“. Hat er nicht gemacht.

Und ein weiteres Beispiel ist, dass wir im Feldlager im Einsatz, ein großes Miteinander haben, wo wir uns um die Menschen kümmern müssen, weil sie weit ab von ihrer Heimat sind. Sie sind getrennt von ihren Familien, sie haben teilweise ihre Probleme mitgenommen oder neue Probleme entwickeln sich. Und da kommt es darauf an, dass sich jeder Vorgesetzte um jeden einzelnen kümmert, von oben nach unten, aber auch von unten nach oben.

Welchen Handlungsbedarf gibt es noch?

Bodemann: So wie sich die Innere Führung weiterentwickeln muss, so müssen sich natürlich auch die Lehrangebote und die Trainings am Zentrum Innere Führung ständig weiterentwickeln. Wir müssen aus unserer Sicht moderner sein, wir müssen innovativer sein, wir müssen praxisorientierter sein, weil wir die jungen Menschen erreichen wollen und die jungen Menschen sind anders aufgestellt und kommen mit anderen Erwartungen und anderen Vorstellungen zu uns, als noch vor 50 Jahren.

Welche Herausforderungen sehen Sie?

Bodemann: Themen wie Sicherheitspolitik, wie Geschichte, werden manchmal in Elternhaus, Familie oder in der Schule nicht mehr so vermittelt, wie wir sie noch vermittelt bekommen haben. Das heißt für uns sind die Abholpunkte etwas anders. Hier müssen wir darauf aufsetzen, um das ein oder andere im Zusammenhang zum Beispiel mit der politischen Bildung etwas mehr in den Vordergrund zu rücken, was für uns wichtig ist. Weil an die Soldaten andere Erwartungen gestellt werden, als den übrigen Teil der Bevölkerung. Nämlich höhere Erwartungen.

Ihr Fazit?

Bodemann: Eines ist mir besonders wichtig: Die Innere Führung ist kein Selbstzweck, sondern sie dient letztendlich zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Innere Führung ist dabei ein wichtiger Beitrag ebenso wie einsatzfähiges Material und gute Ausbildung.

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