Transkription MeIN FÜhrungsfahrzeug - Neunte Fahrt mit Hauptbootsmann Marlen Nesdropa

Transkription MeIN FÜhrungsfahrzeug - Neunte Fahrt mit Hauptbootsmann Marlen Nesdropa

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Oberstleutnant d.R.der Reserve Tim Kullmann: Hallo Frau Hauptbootsmann, wo soll es denn hingehen?

HBtsm Nesdropa: In meine Dienststelle, in das Militärhistorische Museum der Bundeswehr.

Tim Kullmann: Dann fahren wir da mal hin, starten wir mal die Maschinen. Wie geht es Ihnen?

HBtsm Nesdropa: Sehr gut, danke.

Tim Kullmann: Das erste Mal, wirklich Premiere, das erste Mal, dass eine Frau bei mir im Führungsfahrzeug mitfährt. Es freut mich wirklich, sie haben auch Gold auf der Schulter, das passt zu den Gästen davor, also super freut mich wirklich, dass sie dabei sind. Also ich bin ja jetzt schon ein paar Jahre bei der Bundeswehr, aber einen Spieß weiblich habe ich bisher noch nicht gesehen. – Entweder habe ich bisher zu wenig erlebt, aber sie sind ja für die erste Frau Hauptbootsmann und Spieß weiblich.

Marlen Nesdropa: Das freut mich. Ist untypisch, ja. Ist immer noch untypisch, ja.

Tim Kullmann: Ist das so?

Marlen Nesdropa: Ja, ja.

Tim Kullmann: Wie haben denn die Soldaten reagiert, als sie dann gesagt haben: Hallo, ich bin der neue Spieß.

Marlen Nesdropa: Problemlos, also ich muss sagen die Frage mit der Gleichberechtigung, die Frage wird gestellt seit es Frauen in der Bundeswehr gibt, an die Frau Pilotin, an die Frau, die eine Einheit führt, an die Frau Kommandantin, also diese Frage kann man nur individuell antworten. Aus meiner Sicht erkennen Soldaten in meinem Umfeld meine Arbeit an, respektieren mich, achten mich, fordern mich, und vertrauen mir ihre Gedanken an, unabhängig davon, ob ich Mann oder Frau bin und das mag daran liegen, dass ich meine Arbeit liebe und dass ich auf jeden unvoreingenommen zugehe. Und warum soll denn der Satz, der Spieß, die Mutter der Kompanie nicht von einer Frau Hauptbootsmann befüllt werden? Also, für zählt Eignung, Leistung Befähigung und nicht das Geschlecht.

Tim Kullmann: Bei uns heißt es ja auch immer, wir müssen einsatzbereit sein. Waren Sie selbst schon im Einsatz, waren Sie schon im Ausland gewesen?

Marlen Nesdropa: Ich war viermal im Einsatz, viermal in Afghanistan, 2009 und 2011 in Mazar E-Sharif, 2013 und 2017 das war mein letzter Einsatz erstmal in Kabul. Für mich waren meine Einsätze immer etwas Besonderes. Zum einen durch die gelebte Kameradschaft und der Zusammenhalt der dadurch entstand, und zum anderen durch die multinationale Zusammenarbeit und die Eindrücke die man dadurch gewinnen konnte. Zusätzlich kommt für mich noch hinzu, dass abgesehen vom Einsatz 2013 immer eine andere Tätigkeit wahrnehmen durfte, als das, was ich hier in Deutschland mache, und so die Chance hatte und auch genutzt habe, neue Dinge zu erlernen und mit den Anforderungen über mich hinauszuwachsen.

Tim Kullmann: Also viel gesehen schon, von der Welt. Bleiben die Erinnerungen und die Gedanken an die Einsätze?

Marlen Nesdropa: Ja, die bleiben. Die sind auch regelmäßig da und ich muss sagen, ich erinnere mich gern an meine Einsätze zurück, weil für mich war es etwas Besonderes, und ich habe positive Erinnerungen, sowie negative. Und positiv waren für mich immer ganz klar die Freundschaften, die im Einsatz entstanden sind, sei es national oder multinational und die auch immer noch bestehen. Ich habe immer noch Kontakt zu den Leuten, wir besuchen uns regelmäßig und negativ: ganz klar, die Anschläge die um einen herum passieren. 2013 in Kabul die ständige Bedrohungslage, und die daraus resultierenden Sicherheitsvorkehrungen, die getroffen wurden, dass wir Stellungen errichten mussten im Camp und 24/7 besetzen mussten und trotzdem noch fit genug sein, für den normalen Dienst im Einsatz, das war schon eine sehr hohe Belastung physisch, sowie psychisch.

Tim Kullmann: Aber ich höre raus, sie sind ein positiv denkender Mensch.

Marlen Nesdropa: Ja, das bin ich, das bin ich. Ich glaube immer an das Gute.

Tim Kullmann: Ja und jetzt sind wir eigentlich schon da Frau Hauptbootsmann, wir haben das Ziel unserer Fahrt erreicht am militärhistorischen Museum. Ich war noch nie da.

Marlen Nesdropa: Super, dann gehen wir jetzt in die Ausstellung.

Tim Kullmann:  Da freue ich mich ganz besonders drauf, vielen Dank. – Das sieht ja schon mal nicht schlecht aus.

Marlen Nesdropa: Willkommen im Museum, Herr Oberstleutnant.

Tim Kullmann: Dankeschön, ich folge Ihnen einfach. Ich kenne mich hier gar nicht aus.

Marlen Nesdropa: Ja wir gehen gleich in die erste Etage.

Tim Kullmann: Sehr gern. – Ah, Innere Führung. Frau Hauptbootsmann, wie wichtig ist denn die Innere Führung für Ihren Dienstalltag?

Marlen Nesdropa: Ja, die Innere Führung trifft ja für jeden Soldaten zu. Jeder wird bewusst oder unbewusst inhaltlich mit der Inneren Führung konfrontiert. Mein Anspruch ist es, mit gutem Beispiel voranzugehen, mit Vorbild zu führen und mit anzupacken. Denn ich erwarte von meinen Soldaten nicht, was ich selbst nicht leisten kann; für mich ist Innere Führung keine Einbahnstraße. Auch ich als Kompaniefeldwebel treffe vielleicht nicht immer die richtigen Entscheidungen, und umso wichtiger ist es, dass meine Soldaten wissen und auch die Chance haben, zu mir zu kommen, um ihre Kristik zu äußern, dass ich als Vorgesetzter auch die Möglichkeit bekomme, es beim nächsten Mal anders, oder besser zu machen.

Tim Kullmann: Das heißt, man muss viel miteinander sprechen und auch von den andren lernen, oder?

Marlen Nesdropa: Ja, weil niemand ist fehlerfrei. Ja, Herr Oberstleutnant, dann zeige ich Ihnen jetzt den Grund, warum ich zur Bundeswehr gegangen bin.

Tim Kullmann: Gerne.

Marlen Nesdropa: Folgen Sie mir.

Tim Kullmann: 9/11, Frau Hauptbootsmann, jetzt müssen Sie mir mal sagen, was hat denn 9/11 mit Ihrer Berufswahl zu tun?

Marlen Nesdropa: Ja, die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben mich dazu bewegt zur Bundeswehr zu gehen, zu diesem Zeitpunkt hatte ich gerade meine Ausbildung zur Karosserie- und Fahrzeugbauerin angefangen, und konnte das alles in den Medien mitverfolgen und ich habe mich einfach nur hilflos gefühlt, weil ich nichts machen konnte. Und da fiel für mich die Entscheidung, dass ich nach meiner Ausbildung aktiv als Soldatin dazu beitragen möchte, solche schrecklichen Ereignisse zukünftig zu verhindern. Und einige Jahre Später bin ich genau an diesem Datum zur Berufssoldatin ernannt worden. Also für mich hat der 11. September 2001 den Grundstein für meinen beruflichen Werdegang gelegt. – Und jetzt zeige ich Ihnen den schönsten Teil des Museums.

Tim Kullmann: Da bin ich aber gespannt. – Und das ist also der schönste Ort, Frau Hauptbootsmann?

Marlen Nesdropa: Ja, wir haben unser Ziel erreicht, hier haben Sie den schönsten Blick über Dresden: der wunderschöne Keil, sogar noch besser als gestern, weil er so schön dunkel ist.

Tim Kullmann: Wunderschön.

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