MeIN FÜhrungsfahrzeug - erste Fahrt

MeIN FÜhrungsfahrzeug - erste Fahrt

Dr. Peter Tauber: Hallo, schönen guten Tag!

Oberstleutnant der Reserve Tim Kullmann: Guten Morgen, Herr Staatssekretär! Schön, dass Sie bei uns im Auto sitzen.

Dr. Peter Tauber: Dank der Plexiglasscheibe verzichte ich auf meine Maske.

Tim Kullmann: Sehr schön. Herr Tauber, wo darf ich Sie denn heute hinfahren?

Dr. Peter Tauber: Ich würde sagen, wenn wir schon einmal in Koblenz sind, gibt’s nicht so viele Orte, wo man hin kann und einer, der sich lohnt, ist das Deutsche Eck.

Tim Kullmann: Wir sind hier heute auf der Pfaffendorfer Höhe. Sie haben hier das Zentrum Innere Führung besucht. Wie hat es Ihnen denn gefallen?

Dr. Peter Tauber: Also ich habe an die Höhe hier ganz gute Erinnerungen, weil ich in umittelbarer Nähe Unteroffizierslehrgang gemacht habe, in der Gneisenau-Kaserne, und insofern ist es eigentlich immer erstmal schön in Koblenz zu sein. Jetzt bin ich ja in einem etwas gesetzteren Alter und da ist Hindernisbahn und Übungsplatz nicht immer so das, was einen besonders reizt, sondern ab und zu ist Denken und Diskutieren ganz angesagt, passt ja auch zu meiner Rolle als Staatssekretär ein bisschen besser und ich finde das Zentrum Innere Führung einen extrem wichtigen Baustein in der Bundeswehr. Ach den jungen Mann kenne ich doch irgendwoher!

Tim Kullmann: Woher kennen Sie den denn?

Dr. Peter Tauber: Ich glaube, er hat auch etwas mit dem Thema Innere Führung zu tun. Ist mir neulich erst begegnet - online habe ich den gesehen. Ist immer toll Leute, die man nur online kennt, mal näher zu sehen.

Tim Kullmann: Wir waren bei Ihrer…

Dr. Peter Tauber: Ja genau, das Zentrum Innere Führung ist extrem wichtig, weil ich finde, man muss wissen wofür man kämpft, auf welcher Grundlage und dass wir in der Bundeswehr uns dieses – es ist ja ein „Wertegebäude“ – gegeben haben, aus dem wir auch Führungsprinzipien ableiten und dass das einen Ort haben muss, wo das gedacht werden muss und weiterentwickelt wird. Und das ist nun mal das Zentrum. Das finde ich extrem wichtig.

Tim Kullmann: Immer wenn etwas schiefläuft, heißt es ja, die Innere Führung hat sich nicht bewährt, die Innere Führung ist schiefgelaufen. Wie sehen Sie das? Hat sich die Innere Führung bewährt oder gibt es aus Ihrer Sicht dringenden Veränderungsbedarf?

Dr. Peter Tauber: Ich würde sagen, es ist genau umgekehrt. Wenn etwas hervorragend läuft und wenn Menschen sich gut geführt fühlen, wenn Aufträge umgesetzt werden, die schwierig sind, sagt leider niemand: „Das ist wegen der Inneren Führung so.“ Und oft ist es so: Gute Führung basiert oft auf dem Verständnis von Innerer Führung. Und wenn es nicht funktioniert, dann muss ich sagen, dann ist es oft eben auch der Mensch ist, der den Fehler macht und nicht das Prinzip. Vielleicht ist das Prinzip nicht verstanden, vielleicht ist es nicht richtig umgesetzt worden, aber ich glaube, es ist ein bisschen einfach zu sagen: „Da war die Innere Führung Schuld.“ Wir haben dann schon immer auch Menschen, die verantwortlich handeln oder eben manchmal auch nicht. Ich finde, so einer der einfachsten Sätze, die ich mal gelernt habe „Führen durch Vorbild“ ganz wichtig. Man sollte von Menschen nichts verlangen, was man nicht selbst zu tun bereit ist. Ich finde Maß und Mittel wichtig, dass man sich selbst nicht so ernst nimmt. Ich finde auch, dieser schöne Satz von Moltke „Mehr Sein, als Schein, viel leisten, wenig hervortreten.“ Das ist ein ganz wichtiges Prinzip, also so ein bisschen preußische Bescheidenheit und so ganz viele Werte und Normen, die wir auch aus der Gesellschaft kennen. So dieser Satz, den Mütter einem beigebracht haben „Das tut man nicht.“, sich an solchen Dingen zu orientieren. Und das alles zusammen macht dann auch gute Führung aus.

Tim Kullmann: Wie ist denn für Sie, wenn Sie als Parlamentarischer Staatssekretär und Hauptmann, glaube ich war es, Hauptmann der Reserve in die Truppe kommen? Was kriegen Sie denn dort zu sehen? Den wirklichen Truppenalltag?

Dr. Peter Tauber: Ich würde mal sagen, wenn ich als Staatssekretär in die Truppe komme, dann kriege ich schon – spätestens, wenn ich die Spieße treffe - ziemlich deutlich gesagt, wie die Lage vor Ort gerade ist. Und so sieht man es ja jetzt auch in der Pandemie, wie viel die Bundeswehr da geleistet hat, obwohl wir an vielen Stellen auch wieder gucken mussten, wie wir das abbilden, dass wir bei VJTFVery High Readiness Joint Task Force und in den Einsätzen immer zuverlässig sind, was ich wirklich sagen kann, wenn ich internationale Partner treffe, Politiker aus anderen Ländern – die sind immer voll des Lobes über die Bundeswehr. Die sagen immer „Auf euch kann man sich immer 100 % verlassen.“ Und das ist ein bisschen schade, dass die deutsche Öffentlichkeit das nicht immer so mitkriegt, was wir für einen enormen Ruf international genießen, gerade auch in den Einsätzen.

Tim Kullmann: Rechts in Ihrer Türe, sind unten drei Kärtchen.

Dr. Peter Tauber: Ahja!

Tim Kullmann: Darauf sind Fragen. Vielleicht könnten Sie die laut vorlesen und kurz beantworten, wenn Sie möchten.

Dr. Peter Tauber: Okay, dann fangen wir mal mit dieser Karte an.

Tim Kullmann: Wenn Ihnen nicht schlecht wird, wenn Sie nach unten gucken.

Dr. Peter Tauber: Nein, das geht. Vielleicht wird mir von der Frage schlecht. Na gut, also. Die Frage lautet: „Wie wichtig ist die neue Studie „Tabu und Toleranz“? Das weiß vielleicht gar nicht jeder, worum es da geht. Das müssen wir mal kurz erklären. Also es ist eine Studie, die sich mit dem Thema der Diskriminierung von Homosexuellen in der Bundeswehr beschäftigt. Die Studie ist wichtig: Erstens weil unsere Gesellschaft ja inzwischen einen ganz anderen Umgang mit Homosexualität pflegt. Das spiegelt sich in den Streitkräften natürlich wider. Man muss wissen, es war früher eine Straftat. Es war mit Karrierenachteilen in der Bundeswehr verbunden bis zur Entlassung aus dem Dienst, aber auch von täglicher Diskriminierung, die Soldaten erleben oder erfahren mussten. Und jetzt gibt es einen ganz wichtigen Grundsatz der Inneren Führung, der mir sehr gut gefällt. Baudissin hat es ungefähr so formuliert: „Der Soldat muss das in den Streitkräften erleben, was er verteidigen soll.“ Und wenn der deutsche Soldat eine freie, offene Gesellschaft verteidigen soll, dann muss es diese Gesellschaften sozusagen spiegelbildlich in den Streitkräften geben und dazu gehört, dass wir eine Diversität in den Streitkräften haben. Also Männer und Frauen, Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, unterschiedlichen Glaubens und eben auch Menschen, die anders lieben, als heterosexuelle Orientierungen zu haben. Die Bundeswehr ist eine Armee, die muss einsatzbereit und kampfbereit sein und dazu gehört, dass sie divers in sich sein muss, weil sie genau das verteidigen muss: eine diverse offene Gesellschaft. Insofern ist die Studie wichtig. Das ist ja so ein Punkt, wo man sich mal tief in die Augen schauen muss: Warum soll einer schlechter kämpfen, weil er etwas Anderes glaubt, weil er eine andere Hautfarbe hat, oder jemand anders liebt? Also ein Mann einen Mann liebt oder eine Frau eine Frau. Das erschließt sich mir nicht, sondern jemand kämpft gut, wenn er weiß, wofür er kämpft.

So, warum sind Sie so ein begeisterter Läufer? Ohje. Also eigentlich bin ein begeisterter Läufer, weil ich gerne esse. Ich esse unheimlich gerne. Ich esse gerne Kuchen man muss einfach praktisch denken: Zehn Kilometer laufen sind zwei Stücke Käsekuchen.

Tim Kullmann: Hätte ich das gewusst, hätten wir nochmal beim Bäcker gehalten.

Dr. Peter Tauber: Ich habe gerade eine Sportverletzung, ich kann nicht laufen, deswegen bin ich auch latent schlecht gelaunt momentan, weil ich eben dann auch keinen Kuchen esse. Also ich laufe gerne, weil ich gerne esse und es hat noch ein bisschen einen ernsten Aspekt. Es ist in der Tat so, mir hilft es zum Abschalten, wenn ich über Fragen nachdenke. Es ist eine Stunde, wo ich nicht erreichbar bin, wo keiner etwas von mir will, und es ist so ein bisschen mein zeitlicher Luxus. Und Sport ist sowieso gut, finde ich, ein guter Ausgleich, und deswegen laufe ich gerne.

Gut, dritte Frage: Sind Ihre Eltern stolz auf Sie? Herrje. Ich hoffe es. Aber ich glaube ja, ich bin ja aus einem ganz behüteten, bürgerlichen Haus und meine Mama ist glaube ich jetzt schon ein bisschen stolz auf mich. Staatssekretär im Verteidigungsministerium klingt ja auch nicht so schlecht, finde ich ehrlich gesagt. Es ist die schönste politische Verwendung, die ich bis jetzt hatte, also insofern hoffe ich, dass sie auch ein bisschen stolz auf mich ist und mein Papa auf mich auch. Ich habe ja so etwas Brotloses studiert, ich bin ja Historiker von Haus aus, aber unheimlich gerne. Es ist eigentlich mein Neigungsstudium – nicht eigentlich, es ist mein Neigungsstudium - gewesen. Da haben meine Eltern schon so ein bisschen gehadert und haben gedacht „Junge, nicht, dass du Taxifahrer wirst danach.“, aber haben es dann stoisch ertragen, dass ich gesagt habe „Nein, ich muss Geschichte studieren.“ Und habe ja dann meinen Doktor noch gemacht. Aber inzwischen, ja doch, ich würde sagen, sie sind hoffentlich stolz auf mich. Ich versuche sie auf jeden Fall stolz zu machen.

Tim Kullmann: Sie hatten gerade den Taxifahrer angesprochen: Sind sie eigentlich ein guter Beifahrer oder fahren Sie lieber selbst?

Dr. Peter Tauber: Ehrlich gesagt, ich bin in meiner momentanen Verwendung froh, dass ich nicht selbst fahren muss, weil ich oft abends oder dann nach langen Tage auch müde bin. Da wäre es gar nicht immer gut, wenn ich mich ans Steuer setze. Aber eigentlich fahre ich gerne selbst.

Tim Kullmann: Und was? Sportwagen, Limousine, Motorrad – was fährt der Herr Tauber privat?

Dr. Peter Tauber: Dieses Auto hier würde ich für die Jagd nehmen – da wäre es ganz passend, ansonsten muss ich sagen: Sportwagen. Also ich fahre einen – darf man das eigentlich sagen, was man für ein Auto fährt?

Tim Kullmann: Wir können das auch alles schneiden nachher.

Dr. Peter Tauber: Also ich fahre in der Tat einen Toyota Supra.

Tim Kullmann: Ja, der hat doch ein bisschen Wumms.

Dr. Peter Tauber: Einen Sportwagen von Toyota. Ja, macht Spaß!

Tim Kullmann: Wo sehen Sie denn die Bundeswehr überhaupt in 10, 15 Jahren? Wo geht die Reise mit der Bundeswehr noch hin?

Dr. Peter Tauber: Im ersten Teil ihrer Geschichte war die Bundeswehr die Armee in der Landesverteidigung im kalten Krieg. Dann war die Bundeswehr die Armee im Einsatz, seit dem Fall der Mauer. Und jetzt muss sie künftig beides sein: Sie muss Armee im Einsatz sein und sie muss Armee in der Landes- und Bundesverteidigung sein. Und das haben wir noch nie gemacht, beides zugleich. Das ist schon mal eine immense Herausforderung. Darauf müssen wir uns einstellen und das wird Zeit dauern. Die Welt ist leider kein friedlicher Ort. Wir sind eine der wichtigen Nationen in Europa und damit in der NATO und die Deutschen müssen sich dieser Verantwortung stellen. Und wir können eigentlich als Deutsche doch so stolz sein: 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, dass in der freien Welt, bei den vereinten Nationen, in Europa. Ganz viele sagen: Ihr Deutschen, Ihr müsst das machen, wir brauchen euch und wir vertrauen euch. Und deswegen rate ich uns sehr, dass wir als Land diese Verantwortung annehmen. Das wird uns viel Kraft kosten, das wird bedeuten wir brauchen mehr Ressourcen für die Bundeswehr, mehr Geld. Wir müssen immer wieder Männer und Frauen begeistern für den Dienst in den Streitkräften. Aber ich würde sagen, das ist eine Riesenchance für unser Land. Wir können sehr stolz als Deutsche darauf sein, dass wir uns dieses Ansehen erarbeitet haben und die Bundeswehr kann sehr stolz darauf, dass sie so in Europa und in der Welt gesehen wird. Und auf dem Weg, finde ich, sollten wir weitergehen als Bundeswehr.

Tim Kullmann: Möchten Sie ganz gerne ein bisschen Musik hören, Herr Staatssekretär?

Dr. Peter Tauber: Wir können auch gerne noch ein bisschen Musik hören.

Tim Kullmann: Gut, dann mache ich jetzt mal die Musik an. PASE – wir marschieren. Was verbinden Sie mit diesem Lied?

Dr. Peter Tauber: Also es ist eigentlich gar nicht meine Musik, deutscher Hip-Hop oder Rap. Bei mir muss irgendwie eine Elektrogitarre dabei sein. Aber: das ist ein Lied, das ein Kamerad geschrieben hat – ich mag auch traditionelle deutsche Soldatenlieder. Aber das ist eine schöne moderne Adaption und ich finde er beschreibt super gut, worauf es ankommt, wenn man heute deutscher Soldat ist. Und es ist zeitgemäß – ich glaube jungen Leuten gefällt es. Mir hat es gefallen und ich habe mich sehr gefreut, als er mir den Link zu seinem Lied geschickt hat. Da habe ich mir gedacht: das passt ja auch heute zu unserer Fahrt.

Musik

Dr. Peter Tauber: Ich kann gar nicht viel sagen. Ich bin immer froh, wenn ich mal raus darf aus dem Ministerium oder aus dem Parlament und die Truppe in Aktion erleben darf und deswegen allen Kameradinnen und Kameraden: Vielen Dank für treues Dienen und allzeit Soldatenglück!

Abspann

Tim Kullmann: Ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist.