Inklusives Bewusstsein?

Inklusives Bewusstsein?

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Barrierefreie Teilhabe am Arbeitsleben, Akzeptanz der Arbeitsleistung schwerbehinderter Menschen und Respekt im Umgang untereinander: Dieses Bild von „gelebter Inklusion“ sollte in der Bundeswehr längst zum Standard geworden sein. Von diesem Ziel ausgehend hat das Bundesministerium der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) bereits 2014 als erstes Ressort der Bundesregierung damit begonnen, die Anforderungen der UNUnited Nations-Behindertenrechtskonvention (UNUnited Nations-BRK) in Maßnahmen zu überführen, die allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundeswehr zu Gute kommen.

Der seinerzeit veröffentlichte „Aktionsplan zur Umsetzung der UNUnited Nations-Behindertenrechtskonvention“ war ein wichtiger Meilenstein weg vom Fürsorgegedanken hin zur Inklusion schwerbehinderter Menschen und ist damit ein wichtiges Grundlagendokument. Das BMVgBundesministerium der Verteidigung nimmt damit eine Vorreiterrolle als personalstärkstes Ressort der Bundesregierung ein.

Wie fortschrittlich ist die Bundeswehr in der Umsetzung der Maßnahmen? Wie erleben Menschen mit Behinderung ihre Teilhabe in Dienst und Privatleben? Welche Barrieren gilt es heute zu überwinden und wie stark ist das Thema Inklusion in den Köpfen der Menschen verankert?

Inklusion bedeutet, Vielfalt als Normalität anzunehmen.

Ein Interview mit Karin Gehlen-Düring:

Expertin für Fragen rund um die Inklusion schwerbehinderter Menschen im BMVgBundesministerium der Verteidigung

Karin Gehlen-Düring beantwortet Fragen rund um das Thema Inklusion.

"Ich bin sehr sozial eingestellt; auch privat engagiere ich mich für meine vielköpfige Familie und soziale Einrichtungen in meiner Heimatstadt Rheinbach." Karin Gehlen-Düring im Interview für die Fachzeitschrift für Innere Führung (if).

Bundeswehr/Sonja Hoffmann

Frau Gehlen-Düring, viele Menschen denken noch immer, dass Menschen mit einer Behinderung nicht dieselbe Leistungsfähigkeit haben wie diejenigen ohne. Wie ist der Gedanke der Inklusion zu verstehen?

Inklusion bedeutet, Vielfalt als Normalität anzunehmen, mit proaktivem Verhalten eine wertschätzende Umgebung zu schaffen, in der alle Menschen mit eingebunden sind. Alle werden fair und respektvoll behandelt, haben den gleichen Zugang zu Möglichkeiten und Ressourcen. Für die Bundeswehr heißt das: Die unterschiedlichen Fähigkeiten und Kenntnisse schwerbehinderter Menschen werden als eigener Wert für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Bundeswehr verstanden und anerkannt.

Seit sechs Jahren arbeitet das BMVgBundesministerium der Verteidigung an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Menschen mit Behinderung. Mit Erfolg?

Zuerst einmal muss ich feststellen, dass die Bundeswehr schon länger als sechs Jahre kontinuierlich an der Verbesserung der Arbeitsbedingungen schwerbehinderter Menschen arbeitet. Genannt sei da z.B. der ehemalige „Fürsorgeerlass“, in dem bereits seit 2001 Regelungen speziell für schwerbehinderte Menschen getroffen wurden.

Die Bundeswehr setzt die Vorgaben der UNUnited Nations-Behindertenrechtskonvention mit Hilfe des eigenen Aktionsplans um: Das soll heißen, dass der mit der UNUnited Nations-Behindertenrechtskonvention vollzogene deutliche Paradigmenwechsel, weg von der bevormundenden Fürsorge gegenüber schwerbehinderten Menschen hin zur Inklusion, wie oben beschrieben, Einzug in unsere Arbeitswelt hält, indem er unser Denken und Handeln deutlich beeinflusst. Welche Rolle spielt die Barriere im Kopf der Menschen?

Die Barriere im Kopf spielt häufig leider noch eine recht große Rolle. Unser Ziel ist es, diese Barrieren abzubauen und den Blick weg von Defiziten oder Einschränkungen hin zu den Fähigkeiten und Kompetenzen von schwerbehinderten Mitarbeitenden zu lenken.

Damit wären wir einen großen Schritt weiter. Was kann man tun, um die Bedeutung des Themas im Bewusstsein der Menschen noch besser zu verankern?

Das Bewusstsein zu verändern, ist ein langfristiger Prozess, wie immer bei Dingen, die sich über Generationen eingeschlichen und festgesetzt haben. Wir arbeiten auf verschiedenen Ebenen, um ein Umdenken zu erzielen. In erster Linie sind das eine aktive Öffentlichkeitsarbeit und Schulungen von Führungspersonal zur Sensibilisierung und Stärkung eines offenen Umgangs miteinander.

Wo sehen Sie Optimierungsbedarf?

Wir müssen weiter an der oben bereits geschilderten Bewusstseinsbildung arbeiten, die wir inzwischen als das übergeordnete Handlungsfeld in unserem Aktionsplan aufgewertet haben. Dies können wir nur durch die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und die umfassende Schulung von Führungskräften erreichen.

Wie sehen Sie die Aufgabe von Vorgesetzten, um Inklusion im Sinne einer gelingenden Betreuung und Fürsorge umzusetzen?

Die Aufgabe von Vorgesetzten besteht darin, einfühlsam und respektvoll auf die Belange schwerbehinderter Menschen, aber auch auf die der nicht behinderten Menschen einzugehen. Denn so sehr die Inklusionsabsicht im Vordergrund stehen mag, sie funktioniert nur, wenn auch die nicht behinderten Menschen mitgenommen werden. Nur dann kann man auch von ihnen Offenheit und Verständnis gegenüber den schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen erwarten.

Was sind für Sie Leitlinien bzw. Grundsätze, die ein harmonisches, respektvolles und produktives Arbeitsklima zwischen Menschen mit und ohne Behinderung herstellen?

Grundsätzlich gilt: Schwerbehinderte Menschen haben ein Recht darauf, als selbstverständlicher Teil einer von gegenseitigem Respekt geprägten Gesellschaft verstanden zu werden. Wenn wir also Inklusion als die Anerkennung von Vielfalt als Normalität definieren, müssen sich die Grundsätze an den üblichen Grundsätzen für den Umgang untereinander orientieren und in allen Bereichen für alle Kolleginnen und Kollegen gelten.

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Studie des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr

Mit dem Ziel herauszufinden, wie sehr das Thema Inklusion in den Köpfen der Menschen angekommen ist, hat das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften (ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) 2018 eine Studie veröffentlicht. 3.200 Bundeswehrangehörige mit und ohne Behinderung nahmen an der Befragung teil. 77% der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denken, dass das Thema Inklusion im Bewusstsein der Menschen in der Bundeswehr angekommen ist. Der überwiegende Teil (78%) hat selbst positive Erfahrungen mit Menschen gemacht, die eine Behinderung haben. Noch heute denken 57% der Soldatinnen und Soldaten und 37% der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass die Barrieren in Alltag und Berufsleben zu Leistungsunterschieden der Menschen mit und ohne Handicap führen.

von Wilke Rohde

Weiterführende Links

Hier finden Sie weitere Informationen zum Thema Inklusion:

Zentrale Ansprechstelle für den Umgang mit Vielfalt

Seit dem 1. April 2020 existiert die Zentrale Ansprechstelle für den Umgang mit Vielfalt am Zentrum Innere Führung.

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