„Wir brauchen dieses Denken“
„Wir brauchen dieses Denken“
- Datum:
- Ort:
- Koblenz
- Lesedauer:
- 3 MIN
Eine hochrangige Delegation der ungarischen Streitkräfte unter Leitung des Inspekteurs des Heeres, Brigadegeneral Attila Takács, besuchte Anfang Dezember 2019 das Koblenzer Zentrum Innere Führung. Ihr Ziel: die deutsche Führungsphilosophie und die Auftragstaktik besser kennen zu lernen. Hintergrund: Das ungarische Heer befindet sich in einem Reformprozess. Liegen im deutschen Ansatz Potenziale, die dafür genutzt werden können?
Kaum ein NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner hat in den letzten 30 Jahren eine solch wechselvolle Geschichte erlebt wie Ungarn. Noch bis Anfang 1991 war das Land Mitglied des Warschauer Pakts, die Landstreitkräfte waren durchgehend mit sowjetischen Waffensystemen ausgerüstet – einige im Übrigen noch heute einsatzbereit. Mit dem Ende des Kalten Krieges ging dann alles ganz schnell: Auf den Beitritt zur Nato im März 1999 und den Beitritt zur Europäischen Union im Mai 2004 folgte die Abschaffung der Wehrpflicht im Jahr 2005 sowie ein grundsätzlicher Umbau der ungarischen Streitkräfte nach westlichen Standards. Vorläufiger Höhepunkt ist der Kauf von 44 deutschen Kampfpanzern Leopard 2A7 sowie 24 Panzerhaubitzen 2000, wie der deutsche Panzerbauer Krauss Maffei Wegmann im Dezember 2018 bekanntgab.
Radikal verkleinerte Landstreitkräfte
Die radikal von ehemals ca. 125.000 Soldatinnen und Soldaten auf ca. 28.000 verkleinerten ungarischen Landstreitkräfte haben unverändert den Auftrag, Ungarn zu schützen und das Land im Kriegsfall zu verteidigen. Daneben beteiligt sich Ungarn seit vielen Jahren auch an mandatierten Auslandseinsätzen, z.B. im Irak, in Bosnien-Herzegowina, im Kosovo und in Afghanistan.
Dieser Prozess bildet den Rahmen für den Besuch des ungarischen Heereschefs in Koblenz. Fast alle Offiziere der ungarischen Delegation haben Ausbildungsabschnitte in Deutschland durchlaufen: sei es der Internationale Generalstabslehrgang an der Hamburger Führungsakademie, ein Ausbildungsabschnitt am Ausbildungszentrum Heer in Munster oder an der Offizierschule des Heeres in Dresden. Die zwei Generale, drei Obersten, ein Major und ein Hauptmann sprechen nicht nur gut Englisch und teilweise sogar Deutsch, sie sind einsatzerfahren und kennen die Bundeswehr.
Neugierig mit vielen Fragen unterwegs
Die Besucher sind neugierig und stellen viele Fragen: Wie hält die Bundeswehr nach Einführung der Freiwilligenarmee den Kontakt zur Bevölkerung? Wie gewinnen deutsche Streitkräfte ihre Rekrutinnen und Rekruten in einer Zeit, in der die Gesellschaft auf Friede und wirtschaftlichen Wohlstand ausgerichtet ist? Wie funktioniert die Auftragstaktik über alle Ebenen hinweg bis in die Gruppe und den Trupp?
Die Gesprächspartner am Hause haben viel zu tun. Sie erläutern Geschichte der Inneren Führung, Wesen und Charakter der Führungsphilosophie, die Auftragstaktik sowie Auftrag und Gliederung des Koblenzer Zentrums. Dann der so genannte „Gallery Walk“ – Innere Führung zum Anfassen. Die Koblenzer Experten präsentieren ausgewählte Leistungen und Produkte des Zentrums Innere Führung, die alle das Ziel haben, die Führungskräfte der Bundeswehr zu stärken und damit einen Beitrag zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft der deutschen Streitkräfte zu leisten.
Deutsche Auftragstaktik als attraktives Angebot „Der gesellschaftliche Wandel macht auch vor Ungarn nicht halt“, fasst General Takács zusammen. „Wir müssen und wollen uns weiter modernisieren, um neue Herausforderungen meistern zu können. Unsere Streitkräfte sind heute geprägt von ganz unterschiedlichen Einflüssen u.a. aus Russland, Italien, Österreich und Deutschland.“ Die ungarischen Streitkräfte brauchten aber ein klares Verständnis von Führung und Leadership. „Da ist die deutsche Philosophie des mündigen, wertegebundenen und in der Auftragstaktik agierenden Soldaten ein aus meiner Sicht hoch attraktives Angebot.“