Transkript Generalleutnant Bodemann
Transkript Generalleutnant Bodemann
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Radio Andernach:
Hallo ihr Lieben, heute ist Mittwoch, der 31. Januar 2024, und ich, Hauptmann Maria Schönemann, eure Berlin-Korrespondentin für Radio Andernach, befinde mich in der Julius-Leber-Kaserne. Genauer gesagt, im Büro des Befehlshabers des Territorialen Führungskommandos, Generalleutnant André Bodemann. Herr General, schön, Sie wieder für uns im Interview zu haben. Hallo.
Generalleutnant Bodemann: Ja, ein Hallo an alle Zuhörerinnen und Zuhörer.
Radio Andernach: Bevor wir, Herr General, gleich mit der ersten Frage starten, erkläre ich unseren Zuhörern noch kurz, worum es in unserem Gespräch überhaupt gehen soll. Also, ihr Lieben, am 25. Januar hat in Berlin ein Symposium, also eine themengebundene Vortrags- und Diskussionsveranstaltung stattgefunden und Thema war der Oplan Deutschland. Der nimmt nämlich immer mehr Gestalt an, wird auch recht bald, ich sage mal vorsichtig, in Kraft treten. Und genau über solche Punkte, die Umsetzung, wer ist daran beteiligt, spreche ich jetzt mit General Bodemann. Zunächst einmal Herr General, was ist denn der Oplan?
Generalleutnant Bodemann: Ja, das ist so eine Frage wie bei der Feuerzangenbowle, was ist denn eine Dampfmaschine? Und so ist es der Oplan, der Operationsplan Deutschland ist im Grunde genommen die Beantwortung der fünf W, die im militärischen Bereich gut bekannt sind. Wer tut was, wann, wo, wie und wozu? Und das bezieht sich auf die Landes- und Bündnisverteidigung in Deutschland.
Radio Andernach: Das ist kurz und präzise. So, Sie haben es jetzt schon angerissen, Landes- und Bündnisverteidigung Deutschland, also wozu benötigt Deutschland einen neuen Operationsplan? Denn soweit ich weiß, existiert ja schon einer. Jetzt bekommen wir einen neuen. Was hat sich da verändert, dass dieser Schritt jetzt gegangen wird?
Generalleutnant Bodemann: Wir haben über viele Jahre keinen Operationsplan gehabt, weil wir nämlich nach der Wiedervereinigung Deutschlands, nach dem Zerfall des Warschauer Paktes tatsächlich gefühlt haben zumindest, wir sind von Freunden umgeben, und deswegen haben wir uns konzentriert auf das internationale Krisenmanagement, sprich, also die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Und jetzt haben wir eine andere Bedrohung. Das ist die Ausgangslage, eine neue Bedrohungs- und Sicherheitslage in Europa, und dazu brauchen wir einen Operationsplan, wie wir Deutschland im Rahmen von Landesverteidigung, aber eben auch Deutschland im Rahmen von Landes- und Bündnisverteidigung schützen und sichern wollen.
Radio Andernach: Und wer ist jetzt daran beteiligt? Denn es geht ja dabei nicht nur um das Militär.
Generalleutnant Bodemann: Ja, zunächst einmal ist der Operationsplan Deutschland ein militärischer Plan, der sich aus zwei Ecken ableitet. Das eine ist der militärische Beitrag, eine Gesamtverteidigung. Gesamtverteidigung ist eine Aufgabe des BMVgBundesministerium der Verteidigung und des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Und dort leiten wir das ab, was für Militär erforderlich und wichtig ist, also Schutz und Sicherung des Territoriums der Bürgerinnen und Bürger et cetera. Und das andere ist die Ableitung aus den sogenannten Verteidigungsplänen der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Was will die NATONorth Atlantic Treaty Organization von uns? Und die NATONorth Atlantic Treaty Organization setzt mit ihren Verteidigungsplänen auf Abschreckung insbesondere. Und Deutschland kommt bei diesen Plänen eine besondere Rolle zu, weil Deutschland geostrategisch da liegt, wo wir liegen, nämlich im Herzen Europas.
Radio Andernach: Drehscheibe Deutschland.
Generalleutnant Bodemann: Ist die berühmte Drehscheibe Deutschland, weil die Masse der alliierten Kräfte wird durch oder über Deutschland marschieren an die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke zum Zwecke der Abschreckung, im schlimmsten Fall zu Verteidigung und deswegen müssen wir diese Drehscheibe sicherstellen und aus diesen beiden Richtungen speist sich der Operationsplan. Und bei dieser Drehscheibe haben wir eine ganz besondere Aufgabe. Es geht eben nicht nur um den Schutz unseres Territoriums, sondern es geht um die Sicherstellung des Aufmarsches in Bezug auf Host Nation Support. Also wie unterstützen wir als Gastland, als Host Nation die alliierten Kräfte, wenn sie durch Deutschland marschieren und wenn sie dort Rast machen, wenn sie dort auf unseren Staging verbleiben auf Übungsplätzen, um ihre Einsatzbereitschaft herzustellen, Truppen zusammenzuführen. Und dann müssen sie versorgt werden mit Frischwasser, mit Betriebsstoff, mit Verpflegung, mit sanitätsdienstlicher Versorgung. Und zum anderen geht es, wenn wir über die Drehscheibe reden, natürlich über kritische Infrastruktur, verteidigungswichtige Infrastruktur. Das sind Häfen, Flughäfen, Bahnhöfe, Wasserwege, Autobahnen et cetera, um diese Aufmarsche sicherzustellen. Aber es sind auch Energieunternehmen und sind selbstverständlich auch verteidigungswichtige Infrastrukturen, militärische Einrichtungen in Deutschland, und zwar nicht nur der Bundeswehr, sondern auch der NATONorth Atlantic Treaty Organization, denken wir an Ramstein.
Radio Andernach: Es geht also darum, Deutschland vor gewissen Bedrohungen zu schützen und im Rahmen eines Symposiums am 25. Januar hatten Sie ja sozusagen den Operationsplan Deutschland ein bisschen ans Tageslicht geholt, auch für die Öffentlichkeit. Vielleicht können Sie diese Bedrohungen aber noch ein bisschen genauer erläutern. Ich meine, es waren vier, von denen Sie auch da gesprochen hatten. Also was kommt da auf uns zu?
Generalleutnant Bodemann: Ja, also tatsächlich müssen wir deutlich machen, dass sich alles ableitet von der Bedrohungslage. Und das ist der Ausgangspunkt. Und ich beginne mal damit, dass ich sage, wir sind derzeit nicht im Krieg, befinden uns nicht im Krieg und auch verwaltungsjuristisch auch nicht im Krieg. Aber wir befinden uns schon lange nicht mehr im Frieden. Wir werden jetzt schon täglich angegriffen und ich sehe da momentan vier Bedrohungen und vier Angriffe, wenn Sie so wollen. Das eine ist, dass täglich Desinformation und Fake News stattfinden in sozialen Netzwerken. Man versucht Medien dort entsprechend Dinge einzubringen et cetera. Das Zweite ist die besondere Cyber-Thematik, Cyberangriffe in Deutschland auf die Regierung, auf große Energieunternehmen, aber auch auf die Bundeswehr. Das Dritte ist Aufklärung, Ausspähung, Spionage. Das sehen wir insbesondere momentan an den Ausbildungsorten der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten. Dort ist die Anzahl der Drohnensichtungen exponenziell angestiegen, um die Soldaten zu verunsichern und auch Handydaten abzugreifen et cetera. Also das ist ein Beispiel von Spionage. Gerade Drohnen, Drohnenabwehr kommt eine besondere Bedeutung zu. Und das Vierte ist klare Sabotage. Denken Sie an Nord Stream 2, denken Sie jetzt an die LNGLiquefied Natural Gas-Terminals, die Rohre, wo da Bohrungen sind, wo wir uns alle fragen, wo kommen die her? Denken Sie an Bahnstrecken, auf die Anschläge verübt worden sind. Was schwierig ist bei diesen Bedrohungen. Bei allen vier Bedrohungen ist es die Attribuierung. Also wer ist derjenige, der uns dort angreift? Aber am Ende ist der Effekt da, und das ist unabhängig davon, ob es ein Terrornetzwerk ist, ob es organisierte Kriminalität ist oder ob es ein fremder Staat ist wie Russland, der uns angreift. Wir müssen uns gegen diese Bedrohung schützen. Und wenn wir sagen, wir sind schon lange nicht mehr im Frieden, und je näher wir uns an eine Krise oder einen Krieg bewegen, dann werden die Bedrohungen zunehmen. Also aus Fake News und Desinformation können sehr, sehr schnell auch gewaltsame Demonstrationen stattfinden. Man kann versuchen, Medien zu beeinflussen, die Regierung bei Entscheidungen zu beeinflussen, die Bevölkerung zu beeinflussen et cetera. Cyberangriffe werden exponenziell ansteigen und zunehmen. Auch Ausspähung wird zunehmen. Und bei dem Vierten, bei Sabotage, rechnen wir auch damit, dass hier Spezialkräfte zum Einsatz kommen können. Irreguläre Kräfte, die versuchen zum Beispiel Häfen zu zerstören, Bahnstrecken außer Kraft zu setzen, Energieunternehmen zu lähmen und damit dieser Aufmarsch nicht stattfinden kann, bis hin zum Schutz vor ballistischen Raketen, die natürlich auch so ein Hafen bedrohen. Und das sind so die vier großen Dinge, die, je näher man an Krisen und Krieg rankommt, dann auch ansteigen. Am Ende und Sie fragten: Warum brauchen wir neuen Oplan? Wir können die Opläne des Kalten Krieges nicht mehr verwenden, weil Technik hat sich verändert, Waffentechnik hat sich verändert, wir haben Digitalisierung zu nehmen, wir haben Cyberthematik. All das hatten wir nicht. Und ein ganz entscheidender Unterschied ist, Deutschland ist kein Frontstaat mehr. Das bedeutet, Ich erwarte nicht die Panzerschlacht in der norddeutschen Tiefebene. Ich erwarte auch nicht Luftlandungen von russischen Fallschirmjägern, sondern eher dieses Hybride. Genau diese vier Bedrohungen, die dann zunehmen, und da müssen wir uns vor schützen.
Radio Andernach: Da hat sich einfach das Kriegsbild, die Art der Kriegsführung auch einfach verändert. Nicht nur die Technik, sondern auch die Denkweise dahinter. Jetzt gehören die Heimatschutzkräfte ja auch zum Territorialen Führungskommando dazu und die werden ja auch so ein bisschen neu aufgestellt, das ist noch am Aufwachsen. Inwiefern haben die dann auch was mit dem Oplan zu tun?
Generalleutnant Bodemann: Den Heimatschutzkräften und insgesamt der Reserve kommt eine besondere Bedeutung zu. Wir wissen, die Bundeswehr ist kleiner geworden. Wir haben nicht von allen Fähigkeiten, die wir benötigen, ausreichend Kräfte. Wir wissen, dass wir vor allen Dingen natürlich einen substanziellen Beitrag leisten müssen als Deutschland zur Abschreckung, Verteidigung und der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke, zum Beispiel Litauen. Und das bedeutet für mich als derjenige, der die territoriale Verteidigung in Deutschland sicherstellen muss, dass ich weniger Kräfte zur Verfügung habe. Und wie behelfen wir uns? Wir behelfen uns mit der Reserve, wir behelfen uns mit dem Heimatschutz. Und die wesentliche Aufgabe für den Heimatschutz im Rahmen des Operationsplans Deutschland ist es, verteidigungswichtige Infrastrukturen zu schützen im klassischen Sicherungs-Objektschutz-Auftrag.
Radio Andernach: Das war ein gutes Statement. Und zum Thema Oplan an sich, auch, denke ich, eine ganz schöne Abrundung. Ich möchte jetzt noch mal ganz kurz, es liegt ja noch nicht so lange zurück, auf dieses Symposium eingehen. Vielleicht können Sie mal kurz zusammenfassen, was konkret das Ziel dieser Veranstaltung war. Worum ging es da eigentlich?
Generalleutnant Bodemann: Ein wesentliches Ziel dieser Veranstaltung war überhaupt die Thematik, Bedrohungen und Gemeinsamkeit gesamtstaatlicher, gesamtgesellschaftlicher Auftrag in den Vordergrund zu setzen. Nicht umsonst hieß die Veranstaltung Deutschland, Punkt. Gemeinsam, Punkt. Verteidigen, weil wir das als Bundeswehr nicht alleine können. Wir haben drei Panels gehabt auf diesem Symposium. Pandel eins war das Thema hybride Bedrohung, das ist also im Grunde das, was ich Ihnen gerade versucht habe, so ein wenig zu erläutern. Da haben wir uns mit Expertinnen und Experten aus verschiedensten Bereichen unterhalten, sowohl aus dem Bereich des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst unserer eigenen J2, von der Bundespolizei et cetera. Das waren also verschiedenste Seiten.
Radio Andernach: Also sowohl zivile als auch militärische Vertreter.
Generalleutnant Bodemann: Das zweite Panel richtete sich insbesondere an die, wir nennen es Blaulichtorganisationen, also Polizei, THWTechnisches Hilfswerk, Feuerwehr et cetera, die aus ihrer Perspektive betrachtet haben, wie sie uns vielleicht unterstützen können. Und an dieser Stelle ganz besonders angemerkt: So wie wir vorher bei Amts- und Katastrophenhilfe gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes die zivile Seite unterstützt haben bei Waldbränden, bei Hochwasserkatastrophen, so brauchen wir deren Unterstützung bei Krisen und Krieg. Das ist ziemlich, ziemlich eindeutig, dass wir da die Seiten sozusagen wechseln und die Unterstützungsart wechselt.
Radio Andernach: Das leuchtet auch ein.
Generalleutnant Bodemann: Und das dritte Panel richtete sich dann an die zivile Seite. Wirklich die zivile Seite, nämlich an Energieunternehmen: zivile Betreiber von kritischen Infrastrukturen, an Unternehmen, die uns unterstützen können gerade in der Erfüllung des Host Nation Support, weil ich habe weniger logistische Kräfte, ich habe weniger sanitätsdienstliche Versorgung für die alliierten Kräfte in Deutschland, und ich möchte mit einer maximalen Leistungserbringung mehr Flexibilität erreichen. Und da muss uns die zivile Seite unterstützen, dass Betriebsstofflieferung nicht von einem Lkw der Bundeswehr kommt, sondern von einem Lkw eines namhaften Betriebstoffunternehmens, und Verpflegung kommt auch nicht von der Truppenküche, sondern von einem zivilen Caterer. Vielleicht wird sich der eine oder andere darüber freuen, dass es nicht die deutsche Truppenküche ist. Aber das ist die Idee, die damit verbunden ist. Und am Ende, noch mal, für mich ist die Verteidigung Deutschlands gesamtstaatlich, gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir brauchen die Gesellschaft, wir brauchen die Menschen, die verstehen, warum wir das tun, die verstehen, warum dafür auch Geld notwendig ist und die vor allen Dingen verstehen, warum eine Autobahn blockiert ist durch einen amerikanischen Transport, einen Konvoi, der vielleicht dazu führt, dass es einen Stau gibt. Wir machen das nicht, um die Menschen zu ärgern, sondern das ist ein Beitrag zum Schutz, denn wir müssen es üben. Deswegen werden wir in diesem Jahr ja auch die Übung Steadfast Defender, Quadriga und National Guardian durchführen, um halt immer wieder zu üben und Gutes üben, ein guter Plan ist ein Teil der Glaubwürdigkeit unseres Plans und damit ist es auch Abschreckung.
Radio Andernach: Und eben Verständnis zu schaffen. Also auch vor allen Dingen auch das Territoriale Führungskommando ist ja sehr weit vorne dabei, auch die Gesellschaft zu informieren, auch durch Social Media und so weiter und im Rahmen von Steadfast Defender wird, da denke ich, auch noch einiges dann darauf zukommen und den Leuten das vielleicht auch ein bisschen greifbarer zu machen, was passiert und wieso es passiert.
Generalleutnant Bodemann: Genau.
Radio Andernach: Wie steht es denn jetzt um die Umsetzung dieses Oplans? Also existiert er schon? Wird er jetzt erst noch sozusagen in Kraft gesetzt? Vielleicht können Sie da noch ein bisschen drauf eingehen.
Generalleutnant Bodemann: Also der Plan wird geheim sein. Deswegen auf die Details kann ich an dieser Stelle nicht eingehen und das ist auch wichtig und richtig heute, dass dieser Plan geheim ist.
Radio Andernach: Hat ja auch was damit zu tun, dass, wenn jeder den Oplan kennen würde von außerhalb, dann bräuchten wir ihn ja am Ende gar nicht.
Generalleutnant Bodemann: Nein, da kann man sich auch wieder dagegen aufstellen. Das wollen wir nicht. Wir wollen ja gut aufgestellt sein und deswegen ist er geheim. Wie vollzieht sich das? Also wir sind jetzt etwa ein knappes Jahr an der Arbeit sozusagen. Wenn wir Ende März einen ersten Entwurf dieses Operationsplanes dann abliefern werden. Der wird dann so sein, dass grundsätzlich der schon funktioniert. Das ist also dann nicht nur irgendwie ein Gedankenkonzept, sondern etwas Konkretes. Aber wir werden immer konkreter werden müssen und wir werden auch den Plan weiterentwickeln müssen. Also der ist nicht am 31. März fertig und wir beginnen am 1. April mit der Überarbeitung. Und es ist nicht so, dass ich sage, der ist jetzt Ende 24 oder Ende 25 fertig. Warum nicht? Weil die Rahmenbedingungen werden sich verändern. Die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Verteidigungsplanungen werden sich ändern. Das heißt, wenn die sich geändert haben, muss ich den Plan wieder anpassen. Wenn sich Dinge in Deutschland verändern, denken Sie nur an Verkehrsinfrastruktur, die nicht mehr zur Verfügung steht. Denken Sie an Bedarfe der alliierten Kräfte, die sich möglicherweise verändern. Da muss der Plan angepasst werden. Und gerade Letzteres ist ganz wichtig, weil insbesondere die Bedarfe der alliierten Kräfte noch ausformuliert und konkret dargestellt werden müssen. Mit jeder Überarbeitung des Planes, das ist ein kontinuierlicher Prozess, werden wir konkreter, besser und damit am Ende wird der Plan noch besser ausführbar.
Radio Andernach: Also es ist ja ein lebendes Dokument, wie man so schön sagt.
Generalleutnant Bodemann: Das ist ein lebendes Dokument, ganz genau.
Radio Andernach: Und das ist ja auch, glaube ich, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und der Weiterentwicklung sowohl der zivil-militärischen Zusammenarbeit als auch dessen, was innerhalb der Bundeswehr passiert. Und da wird ja auch noch einiges auf uns zukommen, was wahrscheinlich wiederum dann damit einfließt. Okay.
Generalleutnant Bodemann: Und das ist ein total spannender Prozess, weil, wenn Sie ein Fragezeichen gerade aufgelöst haben, dann kommen drei neue daraus. Aber das Wichtige ist, dass wir die Fragen stellen und dass wir denen die Fragen von irgendwelchen Lösungen zuführen. Und da bin ich total zuversichtlich, dass uns das gelingt. Und ich kann Ihnen nur sagen wiederum von Deutschland, Punkt. Gemeinsam, Punkt. Verteidigen. Wir haben ja eine unheimlich gute Crew zwischen den Bundesressorts, zwischen den Ländern und zwischen den Blaulichtorganisationen der zivilen Wirtschaft und uns. Das geht Hand in Hand.
Radio Andernach: Aber es gibt doch dennoch bestimmt irgendwelche Herausforderungen, die gibt es ja immer. Also wo sehen Sie die in Bezug auf den Oplan?
Generalleutnant Bodemann: Das waren gerade die berühmten Fragezeichen, die ich erwähnt habe. Dass, wenn man eins gelöst hat, ist man total froh. Plötzlich hat man drei neue Fragen da. Warum? Wir alle haben das noch nicht gemacht. Also es gibt ein paar alte Hasen. Also ich habe im Kalten Krieg natürlich in der Umsetzung des Planes gearbeitet. Ich habe nie so ein Plan selber erarbeitet und es gibt kaum noch jemanden, der das seinerzeit gemacht hat. Noch mal: Es ist keine Blaupause, aber wenn man den Prozess schon mal einmal durchlebt hat, dann fällt das einfacher und das ist die größte Herausforderung. Und das Zweite ist eben noch mal, dass wir diese beiden Säulen, dass wir die militärische Säule wie die zivile Säule, dass wir die gleichzeitig auffahren, das eine kann nicht ohne das andere, das ist sehr wichtig und wir sind wir in enger Abstimmung mit dem BMIBundesministerium des Innern und für Heimat, also Bundesministerium des Innern und für Heimat. Und das ist jetzt keine Challenge oder so. Aber das ist wirklich wichtig, dass wir gemeinsam verfahren. Gemeinsam. Das ist das Stichwort.
Radio Andernach: Sie haben jetzt gerade sehr deutlich klar gemacht, der Oplan ist geheim. Das heißt, der Oplan eines anderen Landes ist ja womöglich auch geheim. Gibt es dennoch, weil wir sprechen ja immer von Landes- und Bündnisverteidigung, auch trotzdem Schnittmengen, dass man von einem anderen Land lernt, von den Partnern lernt, sich auch vielleicht da auch auf dem Level dann unterstützt. Was können Sie dazu sagen?
Generalleutnant Bodemann: Absolut. Zunächst einmal, wie gesagt, ist dieser Operationsplan Deutschland tatsächlich für Landes- und Bündnisverteidigung in Deutschland. Das bedeutet, wir brauchen natürlich auch Pläne für die Verteidigung, Abschreckung vorn an der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Ostflanke. Das ist ein eigener Plan. Aber das muss ja zusammen fruchten. Und so muss das auch fruchten an der Achse. Zum Beispiel: Kräfte kommen in den Niederlanden an und landen in Vlissingen und marschieren durch die Niederlande, dann durch Deutschland. Ich übergebe die Kräfte an Polen. Ich muss ja dann den Plan der Niederlande kennen und den Plan von Polen kennen, um die Kräfte von den Niederlanden an Border Crossing Points aufzunehmen und die Kräfte wiederum an Border Crossing Points zu Polen übergeben. Gerade vor einer Stunde war ein niederländischer Kamerad hier und wir haben uns vereinbart, jetzt da einzusteigen und dort unsere Pläne aneinanderzulegen. Der Plan ist geheim, unser Plan ist geheim und wir arbeiten beide auf der geheimen Ebene, aber eben, um diese, um das ineinander fruchten zu lassen. Und damit das wirklich auch alles funktioniert. Und da habe ich auch das große Glück, dass jetzt viele Nationen Verbindungsoffiziere um meine Operationszentrale abstellen, damit das nicht nur im Entstehungsprozess, sondern dann, wenn der Plan ausgeführt werden soll, oder bei Übungen, damit das auch wirklich fruchtet. Natürlich wollen wir alle, dass der Plan am Ende geschrieben wird oder zur Anwendung kommt, denn der Plan, noch mal, dient zur Abschreckung.
Radio Andernach: Das wäre der Idealfall. Darauf hoffen wir alle.
Generalleutnant Bodemann: Ganz genau.
Radio Andernach: Dennoch wünsche ich viel Erfolg bei dem, was da noch auf Sie zukommt und beim Lösen der ganzen Fragezeichen. Und danke Ihnen für den Einblick und Ihre Zeit.
Generalleutnant Bodemann: Ich danke Ihnen für das Interesse. Bis zum nächsten Mal, tschüss.
Radio Andernach: Ich habe jetzt noch eine kurze Ergänzung beziehungsweise eine Erläuterung für euch. General Bodemann hatte eben seine Operationszentrale angesprochen. Die ist quasi das Herzstück des Territorialen Führungskommandos. Die Operationszentrale wird an 365 Tagen im Jahr 24/7 betrieben und der Auftrag: bestmöglich ein Gesamtlagebild auf der operativen Ebene für Deutschland entwickeln. Das ist einmal wichtig für die Amts- und Katastrophenhilfe, aber auch für die Landes- und Bündnisverteidigung.