Berufsfeuerwehrmann und Soldat im Reservistendienst in einer Person
Berufsfeuerwehrmann und Soldat im Reservistendienst in einer Person
- Datum:
- Ort:
- Dortmund
- Lesedauer:
- 5 MIN
Beim Thema Gefahrstoffe ist Philipp N. als Hauptbrandmeister bei der Feuerwehr in Dortmund und als Oberleutnant in der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Zelle bei der Bundeswehr gefragt. Warum er nach 18 Jahren wieder die Bundeswehruniform trägt und wie sein Alltag auf der Feuerwehrwache in Dortmund aussieht? Hier ist seine Geschichte.
Schon als junger Mann war für Oberleutnant Philipp N. (42) klar: „Ich gehe zur Bundeswehr. Direkt nach dem Abitur habe ich mich gemeldet und startete im Jahr 2001 als Offizieranwärter bei der Luftwaffe.“ Aber die praktische Arbeit mit Gefahrstoffen interessierte den Soldaten mehr als das theoretische Studium. Es folgte der Wechsel in das damalige Objektschutzbataillon der Luftwaffe in Schortens, wo es eine Einheit für ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr und Brandbekämpfung gab.
Doch die Bürokratie war gegen seine Karrierepläne bei der Bundeswehr: „Es fehlte der Dienstposten für mich. Da war ich natürlich überrumpelt. Vor allem, weil ich von meinem Cousin wusste, dass ich im zivilen Bereich meinen Weg gehen kann.“ Heute sagt Philipp N.: „Meine Entscheidung, damals die Bundeswehr zu verlassen, war unbedarft.“
Vor über zwei Jahren entschied er sich für den Reservistendienst und bringt reichlich Fachwissen von seinem Beruf bei der Feuerwehr mit: „Es ist eine Win-win-Situation für beide Seiten“, sagt er. Und das von Anfang an.
Raus aus der Bundeswehruniform, rein in die Feuerwehrkluft
„Ich habe erst eine Ausbildung zum Rettungsassistenten absolviert. Damit konnte ich mich dann bei der Feuerwehr bewerben“, so der Oberleutnant. Es folgte die Ausbildung bei der Feuerwehr und dann ging sein Weg direkt zu seiner Wunschwache nach Dortmund: „Dort war damals der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Zug mit der analytischen Task Force im Aufbau. Es ist eine Spezialeinheit des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Ich konnte also direkt durchstarten und mich weiter mit Chemie und der Spezialchemie beschäftigen.“
An eine Reserveübung dachte Philipp N. damals nicht: „Da waren erst die Ausbildung, der Job auf der Feuerwehrwache, die Familienplanung.“ Die Meinung änderte sich mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Februar sagte der Vater von drei Töchtern zu seiner Frau: „Ich kann jetzt nicht einfach abwarten, was auf uns zukommt. Im Bereich von atomaren, biologischen und chemischen Gefahren bin ich sehr gut ausgebildet und habe viel Ahnung. Auch wenn ich sehr lange wenig Kontakt zur Bundeswehr hatte – das war der Zeitpunkt, an dem ich mich um eine Beorderung bemühte“, erzählt Philipp N.
Sein Weg führte ihn in die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Zelle des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen. In dieser Einheit arbeiten Soldatinnen und Soldaten, die den Kommandeur des Landeskommandos bei Fragen zur ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehr, zum Umweltschutz und Strahlenschutz sowie dem Selbstschutz im Frieden und im Einsatz beraten. Auch die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Ausbildung der Angehörigen des Landeskommandos zählt zu den Aufgaben.
Mit seinem Fachwissen über atomare, biologische und chemische Gefahren ist der Reservistendienstleistende ein Exot bei der Bundeswehr: „Mein Wissen von der zivilen Seite kann ich gut bei der Bundeswehr einbringen. Und meine Erfahrungen aus der Bundeswehr bringen wieder die Feuerwehr weiter.“ Zu viel Routine in einem Unternehmen könne auch betriebsblind machen. „So können beide Seiten reflektiert werden“, fasst Philipp N. zusammen.
Alltag auf der Wache und im Kommandobereich
Auf der Feuerwehrwache in Dortmund dauert ein Dienst 24 Stunden. „Los geht es um 12 Uhr mit einem Antreten und dem Verlesen des Dienstplans, damit jeder weiß, welche Funktion besetzt wird. Also wer sitzt auf dem Löschfahrzeug, wer auf dem ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Zug, wer besetzt die Drehleiter, wer den Rettungswagen. Dazu kommen Zusatzfunktionen wie die Abrechnung für den Rettungsdienst oder Dinge, die für den Alltag auf der Wache wichtig sind. Dazu gehört auch, wer die Waschmaschine bedient,“ erklärt Philipp N. Um 19 Uhr beginnt der Bereitschaftsdienst auf der Wache.
Wie oft es einen Einsatz gibt? „Unsere Fallzahlen sind aufgrund der Lage der Wache etwas geringer. In 24 Stunden fahren wir meistens nicht öfter als zehnmal raus. Der Großteil der Einsätze ist im Bereich des Rettungsdienstes oder auch die Unterstützung des Rettungsdienstes, etwa mit einer Türöffnung“, sagt der Hauptbrandmeister. Aber: „Bei einer Alarmierung wissen wir nicht, wie es vor Ort aussieht.“
Besonders geprägt hat ihn sein Einsatz während des Hochwassers im Ahrtal: „Dort waren wir mit der analytischen Task Force vor Ort.“ Allerdings war eine Sache ungewohnt für den Hauptbrandmeister: „Ich habe nicht einmal eine Schippe in der Hand gehabt. Denn unsere Aufgabe war die Beratung der Einsatzkräfte, wenn es um Schad- und Gefahrstoffe ging. Dort lagen viele Flüssiggastanks, die wir auf mögliche Gefahren geprüft haben. In Schulen oder Apotheken waren zahlreiche Chemikalien durcheinandergekommen – auch hier haben wir untersucht, ob die Gemische gefährlich sind.“
Unterstützung durch die Familie
Auch im Landeskommando beschäftigt sich Philipp N. mit Gefahrstoffen, doch „es ist komplett anders, viel Schreibtischarbeit. Dazu kommen militärische Übungen wie Schießen und Marschieren“. Auch seine Familie musste sich an den neuen Alltag gewöhnen. „Unsere Abläufe sind auf den 24-Stunden-Dienst ausgelegt. An einem Tag bringe ich morgens die Kinder zur Schule, mache sie für Kindergarten fertig und hole sie am nächsten Mittag dort ab. Meine Frau und ich sind ein sehr eingespieltes Team zu Hause. Jetzt bin ich täglich von Essen nach Düsseldorf gependelt und zurück“, erklärt der Reservistendienstleistende.
Eltern, Geschwister, Schwiegereltern – die ganze Familie steht hinter seinem Engagement. Auch wenn seine Mutter damals froh war, als ihr Sohn von der Bundeswehr zur Feuerwehr wechselte. Doch so unähnlich sind sich die beiden Berufe gar nicht, erklärt Philipp N.: „Auch bei der Feuerwehr kann ich in eine Einsatzsituation geraten, die plötzlich lebensbedrohlich ist. Wenn alle aus einem brennenden Haus herausrennen, gehen wir hinein – das ist kein normaler, ungefährlicher Job.“ Ein Grund, warum er seiner Familie nicht jedes Detail von einigen Einsätzen erzählt, denn „sie fragen dann auch weniger genau nach“.
Im September gibt es übrigens ein Wiedersehen mit den Kameradinnen und Kameraden aus dem Landeskommando Nordrhein-Westfalen. Sie besuchen die analytische Task Force auf der Feuerwehrwache Dortmund.