Operationsplan Deutschland: Wie verteidigen wir unser Land?
Operationsplan Deutschland: Wie verteidigen wir unser Land?
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 4 MIN
Nicht erst seit dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine und der Zeitenwende-Rede des Bundeskanzlers ist in der Bundeswehr die Landes- und Bündnisverteidigung wieder in den Fokus gerückt. Die Ausbildung der Soldatinnen und Soldaten, ihre Ausrüstung und das Mindset ändern sich. Doch wie wird die militärische Verteidigung Deutschlands als Teil der Gesamtverteidigung unseres Landes organisiert?
Die Aufstellung des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr (TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr) im September 2022 ist eines der Ergebnisse der Zeitenwende. Das Kommando ist im Schwerpunkt für die Planung, Führung und Koordination von Operationen der Bundeswehr in Deutschland zuständig. Dabei hat der Aspekt der territorialen Verteidigung seit Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine nochmal deutlich an Bedeutung gewonnen. Es gilt, sich auf die aktuellen Bedrohungen in Frieden, Krise und letztendlich auch im Krieg einzustellen.
Militärischer Anteil an der Gesamtverteidigung
Auf der Bundesebene sind das Bundesministerium des Innern und für Heimat und das Bundesministerium der Verteidigung die Schlüsselressorts für die Umsetzung einer wirksamen Gesamtverteidigung. Seit Anfang März 2023 wird im TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr der Operationsplan Deutschland (OPLAN DEUEuropäische Union) entwickelt. Expertinnen und Experten sowie militärische Planerinnen und Planer aus allen Teilen und Bereichen der Bundeswehr arbeiten hier in einer gemeinsamen Planungsgruppe zusammen.
Die Palette der Themen reicht hier vom Heimatschutz über den Schutz verteidigungswichtiger Infrastruktur bis hin zur nationalen territorialen Verteidigung. Am Ende soll der OPLAN DEU das Ergebnis einer übergreifenden Planung der Bundeswehr in den Dimensionen Land, See, Luft, Weltraum sowie Cyber- und Informationsraum unter Beteiligung ziviler Partnerorganisationen und Behörden sowie Länder und Kommunen sein.
Die zentrale Einflussgröße bei der Erstellung des Operationsplans sind die Forderungen der NATONorth Atlantic Treaty Organization an Deutschland, die sich aus der geostrategischen Lage unseres Landes im Herzen Europas ergeben. Die wesentliche Aufgabe des TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr besteht in diesem Kontext darin, den vorgesehenen Aufmarsch und die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte in der Drehscheibe Deutschland sicherzustellen, um so die Voraussetzungen für eine glaubhafte Abschreckung und zur Verteidigung im Rahmen der Krisen- und Konfliktbewältigung des Bündnisses zu schaffen.
Zivil-militärische Interaktion ist einer der Schlüssel
Kernelement des Operationsplans Deutschlands ist die zivil-militärische Interaktion zur gegenseitigen gesamtstaatlichen Unterstützung. Es geht dabei einerseits um die militärische Unterstützung der Zivilverteidigung, gleichzeitig aber auch um den zivilen Beitrag zu den militärischen Verteidigungsplanungen. „Innere und äußere Sicherheit sind kaum mehr trennbar. Wir werden unsere Aufgaben nur mit der Unterstützung der Länder, den Behörden und der Wirtschaft erfüllen können.“, sagt Kapitän zur See Frank Fähnrich, Abteilungsleiter J5 (Planung von Operationen und Weiterentwicklung) im TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr. Unter Federführung seiner Abteilung wird der OPLAN DEU erarbeitet.
Hier gehe es insbesondere auch um den Auf- und Durchmarsch alliierter Verbände durch Deutschland im Rahmen des Host Nation Supports, also der Unterstützung bei Verkehrsleitung, Unterbringung, Verpflegung, Betankung und bei technischen Problemen. Wie so eine Zusammenarbeit im konkreten Fall aussieht, hat die Bundeswehr unter der Führung des TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr dem Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich bei einer Fähigkeitsdemonstration vorgestellt.
Austausch mit Bundesländern hat begonnen
In den vergangenen Monaten wurden bei der Erarbeitung des Operationsplans die Unterstützungsbedarfe aus rein militärischer Sicht betrachtet. Da es – wie bereits beschrieben – ohne eine enge Abstimmung mit der zivilen Seite nicht gehen wird, wurden jetzt vom TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr Vertreterinnen und Vertreter aller 16 Bundesländer zu einer Auftaktveranstaltung eingeladen.
Das dreitägige Treffen stellte den Beginn einer konkreten inhaltlichen Abstimmung auf der Ebene der Bundesländer in Bezug auf lagebild- und führungsfähigkeitsbezogene Parameter, die gegenseitige Leistungserbringung sowie hinsichtlich der Schutzbedarfe lebens- und verteidigungswichtiger Strukturen dar.
„Ein Abgleich mit der zivil-hoheitlichen Seite auf Landesebene – und perspektivisch sowohl der zivil-hoheitlichen Seite auf Bundesebene als auch der zivil-gewerblichen Seite – ist für die operative Umsetzung des Operationsplans Deutschland als ausführbarem Plan unabdingbar“, so Generalmajor Andreas Henne, Kommandeur Kommandobereich und Stellvertreter des Befehlshabers des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr, bei der Begrüßung der Teilnehmenden. „Katastrophenschutz, Zivilschutz und Verteidigung müssen gesamtstaatlich und unter Wahrung und Anerkennung der jeweiligen Kompetenzen gedacht werden,“ so Henne weiter.
Dafür brauche es ein gemeinsames Verständnis und die Motivation, die Gesamtverteidigung tragfähig auszugestalten. Bei einer sich abzeichnenden Krise gelte es, flexibel und situativ zu einer glaubhaften Abschreckung beizutragen. Hierbei stellt sich die besondere Struktur des TerrFüKdoBwTerritoriales Führungskommando der Bundeswehr mit dem ihm unterstellten 16 Landeskommandos der Bundeswehr als Ansprechpartner für die Landesregierungen in allen territorialen Fragen als äußerst zielführend heraus.
Gemeinsam: Bundeswehr und Gesellschaft
Bis zum Frühjahr 2024 soll der Operationsplan Deutschland im Entwurf stehen. „Der Zeitansatz ist ambitioniert“, stellt Kapitän zur See Fähnrich mit Blick auf die Komplexität des Vorhabens heraus. „Um das zu erreichen, müssen wir alle an einem Strang ziehen.“ Auch wenn der Operationsplan einmal stehe, werde der Prozess damit nicht abgeschlossen sein. „Es wird auch künftig immer wieder Anpassungsbedarfe geben, weil sich Rahmenbedingungen oder auch Bedrohungsszenarien ändern, Änderungen, auf die es zu reagieren gilt“, ergänzt Fähnrich weiter. Gleichzeitig dürfe auch der rechtliche Rahmen nie aus den Augen verloren werden. „Es gilt, zusammen als eine Bundeswehr mit der Gesellschaft an der Aufgabe zur Verteidigung Deutschlands zu arbeiten“, so Kapitän zur See Fähnrich abschließend.