National Guardian

Nordrhein-westfälische Heimatschützer trainieren für den Krisenfall

Nordrhein-westfälische Heimatschützer trainieren für den Krisenfall

Datum:
Ort:
Nordrhein-Westfalen
Lesedauer:
5 MIN

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Premiere für etwa 230 Soldatinnen und Soldaten vom Heimatschutzregiment 2: Nach der Ausbildung auf dem Übungsplatz in Münster-Handorf ging es in die Wahner Heide, um unter möglichst realen Bedingungen zu üben. Ein Checkpoint wurde aufgebaut, ein Munitionslager gesichert. So lief die Übung außerhalb des Kasernenzauns.

Soldaten durchsuchen ein Fahrzeug

Rund 230 Soldatinnen und Soldaten aus Nordrhein-Westfalen nahmen an der bundesweiten Übung National Guardian teil. In der Wahner Heide wurde ein Checkpoint aufgebaut, wo zivile und militärische Fahrzeuge kontrolliert wurden.

Bundeswehr/Sabine Körtgen

Feldwebel Roman S.* blickt mit seinen Kameraden in den Motorraum eines zivilen Fahrzeuges: „Hier haben wir schon Waffen gefunden“, sagt der Familienvater und zeigt auf mögliche Verstecke. Auch gefährliche Flüssigkeiten könnten mit dem Wagen durch den aufgebauten Checkpoint transportiert werden. Sein Tipp: ein Geruchstest.

In der Wahner Heide bei Troisdorf-Altenrath übten Heimatschutzkräfte eine Woche ihren Kernauftrag: den Schutz ihrer Heimat. In einem fiktiven Szenario erhöht das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr die Gefährdungsstufe auf „Charlie“: Es gab bereits erste Anschläge, mit weiteren Anschlägen ist zu rechnen. Aufgrund einer genehmigten Demonstration auf der Straße zu einer Bundeswehrliegenschaft müssen Fahrzeuge einen anderen Weg nehmen. 

Um die Liegenschaft zu sichern, wird dort ein Kontrollpunkt aufgebaut. Soldatinnen und Soldaten kontrollieren alle Personen und Fahrzeuge an diesem Checkpoint. Weitere Heimatschutzkräfte sind in der Gegend als Spähtrupps und Streifen unterwegs, um den Raum zu sichern. Entdecken sie in der Umgebung eine verdächtige Person, wird diese zum Checkpoint gebracht.

„Feindliche Kräfte auf 12 Uhr“ 

An einer anderen Station muss ein Munitionslager gesichert werden. Das Gebäude liegt hinter einem Waldstück. Auch hier ist damit zu rechnen, dass Unbefugte eindringen möchten.

Die Lage: Ein Feindkommando nähert sich, eine Person versucht, von dem geplanten Angriff auf das Munitionslager abzulenken. „Feindliche Kräfte auf 12 Uhr“, ruft ein Soldat im Alarmposten. Das Vorhaben wird abgewehrt. Ebenfalls auf dem Übungsplan steht die Begleitung eines Konvois. Wie reagieren die Soldatinnen und Soldaten, wenn ein Fahrzeug ausfällt? Was passiert, wenn das zu schützende Fahrzeug eine Panne hat?

Diese Aufgaben zählen zum klassischen Portfolio der Heimatschutzkräfte. Sie agieren nur im Inland – meistens in ihrem eigenen Bundesland. Dort unterstützen sie die aktive Truppe bei Wach- und Sicherungsaufgaben oder auch in der Amts- und Katastrophenhilfe. Im Spannungs- und Verteidigungsfall sichern und schützen die Heimatschutzkräfte neben militärischen Anlagen auch verteidigungswichtige Infrastruktur.

Stark im Bundesland 

Brigadegeneral Hans-Dieter Müller, Kommandeur des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen: „Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist klar: Als freiheitliche Gesellschaft müssen wir wehrhaft, stark und verteidigungsbereit sein. In diesem Zusammenhang ist die Refokussierung auf Landes- und Bündnisverteidigung ausgerufen.“ 

Das Heimatschutzregiment 2 ist eines von künftig sechs Heimatschutzregimentern in Deutschland und untersteht dem Landeskommando Nordrhein-Westfalen. Der Kommandeur des Landeskommandos fasst den Auftrag zusammen: „Heimatschutz heißt Schutz der Menschen und der Infrastruktur im Bundesland. Das üben wir regelmäßig mit den Blaulichtorganisationen in Nordrhein-Westfalen. Hand in Hand mit der Polizei, dem Technischen Hilfswerk, dem Deutschen Roten Kreuz oder der Feuerwehr. Auch in Altenrath haben wir diese zivil-militärische Zusammenarbeit geübt.“

Zwei bewaffnete Personen versuchen über einen Zaun zu klettern

Zwei Personen vom fiktiven Feindkommando versuchen in das Munitionslager zu gelangen

Bundeswehr/Sabine Körtgen
Ein Verdächtiger wird von der Polizei abgeführt

Auch die zivil-militärische Zusammenarbeit stand auf dem Übungsplan. Hier wurde eine verdächtige Person an die Polizei übergeben.

Bundeswehr/Sabine Körtgen

Gemeinsam erfolgreich

Um die zivil-militärische Zusammenarbeit zu stärken, wurde folgendes Szenario geübt: Während einer Personenkontrolle wird ein Messer gefunden. Die Heimatschutzkräfte setzen den Verdächtigen fest, verständigen die Polizei und übergeben ihn anschließend an die eintreffenden Beamtinnen und Beamten. 

„Wir trainieren für den Krisenfall – in der Hoffnung, dass er nie eintritt“, ergänzt Müller. Besonders stolz ist der Kommandeur des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen über das große Interesse der Reservistinnen und Reservisten an einer Beorderung im Heimatschutzregiment 2: „In NRWNordrhein-Westfalen haben wir 1.200 Bewerbungen von Personen, die gedient haben. Dazu kommen 350 Ungediente, die etwas für das Land tun möchten. Das finde ich ausgesprochen ermutigend.“

Unterschiedliche Motivationen, ein Ziel 

An der Ausbildung in Münster und der Übung in Altenrath nahmen Reservistendienstleistende und Freiwillig Wehrdienstleistende teil. Der Unterschied: Reservistendienstleistende haben gedient und wechselten dann in einen zivilen Beruf. Freiwillig Wehrdienstleistende (FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender) haben sich für „Dein Jahr für Deutschland“ gemeldet und befinden sich daher in einem aktiven Dienstverhältnis. Nach einer dreimonatigen Grundausbildung erhalten sie im Heimatschutzregiment 2 ihre Spezialausbildung im Heimatschutz. In den folgenden sechs Jahren nehmen die jungen Menschen zusammengerechnet fünf Monate an Reserveübungen und möglichen Einsätzen teil.

So wie Obergefreiter Justus P.: Der 18-Jährige hat die siebenmonatige Ausbildung als FWDLFreiwilligen Wehrdienst Leistender im Heimatschutz abgeschlossen und einen Monat verlängert, um an der Ausbildung und Übung im Rahmen von National Guardian teilzunehmen. Im August startet er ein duales Studium im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen, die Zwischenzeit wollte er überbrücken: „Ich finde die Bundeswehr insgesamt total spannend. Gerade die Kameradschaft, die ich hier erlebe. Das ist einmalig.“

Gefreiter Leon M. (18) aus Hamm ist seit zwei Monaten Angehöriger des Heimatschutzregimentes 2. Als Freiwillig Wehrdienstleistender durchläuft er gerade die viermonatige Spezialausbildung der Heimatschutzkräfte: „Das regelmäßige Üben ist wichtig, damit wir die Fähigkeiten im Ernstfall anwenden können. Es ist eine gute Erfahrung, zwei Wochen auf einer Übung zu sein.“ Leon geht es wie vielen, die noch bei den Eltern wohnen: „Ich merke, was ich alles alleine schaffen kann. Das macht mich selbstständiger.“ Besonders gut gefiel ihm die Späh-Ausbildung: „Es war ein Crashkurs mit vielen Informationen.“

Obergefreiter Sven L. (30) entschloss sich 2021 für den Freiwilligen Wehrdienst und übt seitdem regelmäßig. Der gelernte Schweißfachmann ist mit Freude bei der Ausbildung: „Gestern hatten wir die Konvoi-Ausbildung. Also begleiteten wir einen Konvoi, mussten üben, wie wird in welcher Situation gehandelt. Das war sehr interessant. Es dann in der praktischen Übung umzusetzen, fand ich sehr gut.“

Digitalisierung auch im Heimatschutz

Mit dem 30-Jährigen sprachen wir auch über die App „Meine Reserve“ – ein smartes Tool, das in Münster zum ersten Mal mit realen Daten und Heranziehungsbescheiden getestet wurde. Sven L. ist überzeugt: „Wir sind im Zeitalter der Digitalisierung. Das ist genau der richtige Schritt der Bundeswehr, um es den Reservistinnen und Reservisten zu vereinfachen. 

Auch Informationen bekommen die Kameradinnen und Kameraden so schneller. Wie lange ist ein Brief mit der Post unterwegs? Eine E-Mail dauert nur wenige Minuten. Die App ist mehr als zeitgemäß.“ Die smarte Alarmierung in Münster funktionierte bei einigen Kameradinnen und Kameraden zwar noch nicht zu 100 Prozent. Aber sowohl die Entwickler als auch die Reservistendienstleistenden sind mit dem Ergebnis zufrieden.

Zwei Wochen dauerten die intensive Ausbildung und die Übung in Münster und Troisdorf insgesamt. Ausbildende, Führung und die Übenden sind mit dem Ergebnis mehr als zufrieden. Das Fazit von Roman S.: „Es war absolut herausfordernd. Ich merke, dass Schlafmangel und Verantwortung Stress bedeuten. Aber hier erlebe ich Kameradschaft – daran wachse ich und das ist total motivierend.“

  • Ein Soldat blickt auf ein Smartphone

    Während der Ausbildung Agiles Ross Ende April 2024 wurden die Heimatschutzkräfte für die Übung National Guardian über die App "Meine Reserve" auf dem Smartphone alarmiert

    Bundeswehr/Adrian Quadt
  • Drei Soldaten stehen nebeneinander. Sie haben ein Gewehr in der Hand.

    Justus P. (l.), Sven L. (M.) und Leon M. nahmen erst an der Ausbildung Agiles Ross in Münster teil. Nach einer Woche folgte die Verlegung in die Wahner Heide. Hier fand der nordrhein-westfälische Anteil der bundesweiten Übung National Guardian statt.

    Bundeswehr/Adrian Quadt
  • Zwei Soldaten sprechen miteinander. Einer trägt eine Waffe.

    Feldwebel Roman S. über seine Motivation: ,,Unsere Demokratie verteidigt sich im schlimmsten Fall nicht allein. Demokratie ist für mich schützenswert. Ich habe selber Kinder und möchte, dass sie in Frieden und Freiheit aufwachsen."

    Bundeswehr/Sebastian Tappeser
  • Mehrere Soldaten stehen voll ausgerüstet nebeneinander

    Brigadegeneral Hans-Dieter Müller (l.) mit Heimatschutzkräften auf dem Übungsplatz Münster-Handorf

    Bundeswehr
  • Ein Soldat schießt mit einem Maschinengewehr

    Während des Gefechtsschießens hat jede Gruppe ein Maschinengewehr dabei. Das MG 3 wiegt 11,3 Kilogramm – ohne Munition.

    Bundeswehr/Adrian Quadt
  • Soldatinnen und Soldaten besprechen den Schutz eines Fahrzeuges

    Wie reagieren die Heimatschutzkräfte, wenn während der Begleitung eines Konvois ein Fahrzeug ausfällt? Auch das zu schützende Fahrzeug kann eine Panne haben.

    Bundeswehr/Sabine Körtgen
  • Soldatinnen und Soldaten treten vor einem Waldstück an

    Zwei Wochen übten Soldatinnen und Soldaten vom Heimatschutzregiment 2. Es war eine herausfordernde Zeit. Oberst Jens Teichmann (v. l.), Kommandeur Heimatschutzregiment 2, beendete den taktischen Teil der Übung. Dann ging es zurück nach Münster.

    Bundeswehr/Sabine Körtgen
von Sabine Körtgen

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