Ukraine-Unterstützung

Belastend, aber sinnstiftend: Ausbilderinnen und Ausbilder bei EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine

Belastend, aber sinnstiftend: Ausbilderinnen und Ausbilder bei EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine

Datum:
Ort:
Strausberg
Lesedauer:
5 MIN

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Das Hub North ist das größte Zentrum zur Ausbildung ukrainischer Streitkräfte in Deutschland. Um innerhalb kürzester Zeit alle notwendigen Fähigkeiten zu vermitteln, sind die Ausbildenden nahezu rund um die Uhr gefordert. Oberst Zuckschwerdt, Kommandeur des Hub North, beschreibt ihren Alltag und ihre Herausforderungen im Interview.

Ein Soldat sitzt in einem Büro

Der Kommandeur des Hub North, Oberst Zuckschwerdt, in seinem Büro in Klietz

Bundeswehr

Herr Oberst, das Hub North gilt als Drehscheibe für EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine-Ausbildungen in Norddeutschland. Welche Ausbildungen werden derzeit am Hub North durchgeführt?

Gemeinsam mit unseren multinationalen Partnern und Ausbildern aus der Industrie bieten wir an den Standorten des Hub North neben infanteristischen Ausbildungsmodulen auch die Ausbildung ukrainischer Panzergrenadiere, Panzertruppen und Sturmpioniere an. Die Ausbildungsinhalte werden dabei regelmäßig aktualisiert und an die Bedürfnisse des ukrainischen Militärs angepasst.

Wie werden die Ausbildenden selbst auf ihren Einsatz bei EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine vorbereitet?

In Vorbereitung auf jeden Ausbildungsdurchgang findet eine einwöchige „Ausbildung der Ausbilder“ statt, in der zunächst die Harmonisierung untereinander im Vordergrund steht und gemeinsame Standpunkte festgelegt werden. Dieser Schritt ist besonders wichtig, wenn sich das Ausbilderpersonal aus verschiedenen Verbänden zusammensetzt, wie es beispielsweise bei der infanteristischen Ausbildung „Fighting In Complex Terrain“ aktuell der Fall ist. Neben deutschen Fallschirmjägern und Gebirgsjägern sind bei diesem Modul auch Soldatinnen und Soldaten unserer multinationalen Partner als Ausbildende eingebunden. Diese müssen zunächst mit den deutschen Waffen und Sicherheitsbestimmungen vertraut gemacht werden, bevor die Ausbildung gemeinsam vorbereitet werden kann. 

Das Ziel sollte dabei stets sein, die Planung so flexibel wie möglich zu gestalten, um auf kurzfristige Lageänderungen reagieren zu können. Zwar ist uns im Vorfeld bekannt, wie viele ukrainische Soldatinnen und Soldaten an der jeweiligen Ausbildung teilnehmen sollen, allerdings variiert die tatsächliche Teilnehmerzahl je nach Kriegsverlauf. Außerdem wissen wir nicht, mit welchen Vorkenntnissen die Ukrainer bei uns anreisen: wir erleben hier einerseits erfahrene militärische Führer, die schon an der Front eingesetzt waren, andererseits aber auch Rekrutinnen und Rekruten, die erst vor Kurzem zur Verteidigung ihres Landes eingezogen wurden.

Wie schaffen Sie es, trotz der unterschiedlichen Vorkenntnisse, jedem eine zielführende Ausbildung zu bieten?

Zielführend auszubilden, heißt bei uns im Sinne der Auftragstaktik auszubilden. Das bedeutet, dass die jeweiligen Ausbildenden die Freiheit haben, sich individuell auf jede Gruppe einzustellen und selbst entscheiden, wie das Ausbildungsziel am besten erreicht werden kann. Dazu wird zu Beginn jedes Durchganges eine sogenannte Lerngruppenanalyse durchgeführt, um den Ausbildungsstand der angereisten ukrainischen Soldatinnen und Soldaten zu ermitteln und die Ausbildung entsprechend anzupassen. 

Zudem nutzen wir bereits vorhandene Vorkenntnisse der Auszubildenden, indem wir beispielsweise Führungspersonal oder fronterfahrene Soldatinnen und Soldaten an der Ausbildungsplanung beteiligen. Aufgrund der Bedingungen an der Front stehen den ukrainischen Streitkräfteangehörigen oft nur wenige Wochen für die Ausbildung zur Verfügung. 

Diese vergleichsweise kurze Zeit gilt es durch flexible Planung und Priorisierung so effektiv wie möglich zu nutzen. Es ist wichtig, die richtige Balance zu finden zwischen dem, was laut der Ukraine ausgebildet werden muss, und dem, was unter den gegebenen Voraussetzungen tatsächlich möglich und sinnvoll ist. Mit jedem neuen Ausbildungsdurchgang können wir auf mehr Erfahrungswerte zurückgreifen, die uns dabei helfen, die Planung und Durchführung der Ausbildungen weiter zu optimieren.

Wie sieht der Alltag der Ausbildenden bei EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine aus?

Die Ausbildenden, bei denen es sich um erfahrene Dienstgrade der jeweiligen Truppengattung handelt, sind genau wie die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten an sechs Tagen der Woche gefordert. Lediglich der Sonntag steht allen Beteiligten als sogenannter „Base Day“ zur freien Verfügung und kann zur Regeneration oder der Nutzung von Betreuungsangeboten genutzt werden. 

Ein durchschnittlicher Ausbildungstag beginnt bereits um 05:30 Uhr mit dem Frühstück und vorbereitenden Maßnahmen, sodass die Ausbildung pünktlich um 07:00 Uhr losgehen kann. Das Ende variiert dann je nach Ausbildungsstand und Aufnahmefähigkeit der ukrainischen Streitkräfteangehörigen, die sehr motiviert und wissbegierig sind. 

Nach der regulären Ausbildung, die oftmals bis zu zwölf Stunden täglich dauert, finden je nach Gruppenzusammensetzung noch gesonderte Weiterbildungen für das ukrainische Führungspersonal statt. Flexible und lange Arbeitszeiten sind ein notwendiger Faktor, um die Ausbildungsziele in so kurzer Zeit zu erreichen, stellen aber natürlich auch eine hohe Belastung für alle Beteiligten dar.

Welche Herausforderungen müssen die Ausbildenden bei dieser Mission bewältigen?

Neben der hohen zeitlichen Belastung führt auch die Unberechenbarkeit dieser Mission immer wieder zu Herausforderungen. Kurzfristige Änderungen sind alltäglich und erfordern ein flexibles System, mit dem wir die Ausbildungsinhalte zu jeder Zeit anpassen können. Zudem muss in der Planung berücksichtigt werden, dass jeder Ausbildungsschritt zunächst durch einen Sprachmittler übersetzt werden muss, was die ohnehin schon knappe Ausbildungszeit noch weiter verkürzt. 

Auch die psychologische Belastung dieser Mission darf nicht unterschätzt werden. Um effektiv ausbilden zu können, muss es uns gelingen, das Vertrauen der ukrainischen Kräfte zu gewinnen, ohne uns mit ihnen anzufreunden. Ein Großteil der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten wird direkt nach der Ausbildung an die Front zurückkehren. Die Erfahrungen der vergangenen Durchgänge haben leider gezeigt, dass einige von ihnen zeitnah verwundet oder sterben werden. 

Zwar findet nach der Ausbildung eine strikte Trennung statt, dennoch ergeben sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen, insbesondere bei den sprachbefähigten Streitkräfteangehörigen, auch persönliche Gespräche. Um dieser Belastung entgegenzuwirken, stehen wir in engem Kontakt zum psychosozialen Netzwerk der Bundeswehr, beispielsweise psychologische Fachkräfte oder Geistliche, die bei Bedarf sofort unterstützen können.

Wie sieht die zukünftige Planung des Hub North aus?

Die aktuellen Ausbildungen am Hub North werden bis Mitte Dezember abgeschlossen. Nach derzeitigem Stand werden wir auch nächstes Jahr wieder verschiedene Ausbildungen ukrainischer Soldatinnen und Soldaten übernehmen. So sollen zum Beispiel ab Januar nächsten Jahres erneut Fallschirmjäger und Gebirgsjäger gemeinsam die Ausbildung zweier ukrainischer Infanterieverbände durchführen. 

Ein dritter Infanterieverband soll zeitgleich durch unsere multinationalen Partner ausgebildet werden. Ob diese Ausbildungen tatsächlich so stattfinden wie geplant, wird sich zwar erst nächstes Jahr zeigen. Wir sind allerdings bereit, auch weiterhin genau die Ausbildungen durchzuführen, die gebraucht werden.

von Lea Bacherle

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