Feierliches Gelöbnis in Münster

Ohne militärische Vorerfahrung in den Heimatschutz: Ungediente in der Reserve

Ohne militärische Vorerfahrung in den Heimatschutz: Ungediente in der Reserve

Datum:
Ort:
Münster
Lesedauer:
5 MIN

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Das Heimatschutzregiment 2 bildet in Münster Ungediente für den Dienst in der Reserve aus. Das Interesse bei Bewerbenden ist groß, ebenso die Motivation der Rekrutinnen und Rekruten. Zwei von ihnen sprachen nach dem feierlichen Gelöbnis über ihre Motive, zur Reserve im Heimatschutz zu gehen.

Eine Gruppe Soldatinnen und Soldaten stehen auf einer Wiese. Einer von ihnen trägt eine Fahne.

In der Lützow-Kaserne in Münster ist das Heimatschutzregiment 2 zu Hause. Hier begann erstmals eine Ausbildung für Ungediente, die das Regiment als Reservistinnen und Reservisten verstärken werden.

Bundeswehr/Sebastian Tappeser

Gelöbnisaufstellung stillgestanden! Zwölf Rekrutinnen und Rekruten richten ihre Augen auf ihren Kommandeur. Für sie ist es ein ganz besonderer Tag. „Das feierliche Gelöbnis ist vielleicht sogar der wichtigste Tag“, so Oberst Jens Teichmann, Kommandeur des Heimatschutzregimentes 2 in Münster. „Heute schließen Sie sich einer großen Anzahl von Soldaten und Reservisten an.“ Die zwölf Männer und Frauen gehören zu den ersten Durchgängen der Ausbildung von Ungedienten, die jetzt auch in Nordrhein-Westfalen stattfindet. Ziel ist es, Interessierte ohne bisherige Berührungspunkte mit der Bundeswehr für den Heimatschutz auszubilden. Das Projekt der Ausbildung für Ungediente begann in Bayern und stellte sich als Erfolgsmodell für die Heimatschutzkompanien heraus. 

Das Heimatschutzregiment 2 bildet nun erstmals auch selbst Ungediente aus Nordrhein-Westfalen aus. Mit dem feierlichen Gelöbnis geloben die Soldatinnen und Soldaten, „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Die Ausbildung Ungediente beginnt mit zwei Blöcken zu je zehn Tagen. Anschließend werden in verschiedenen Modulausbildungen Theorie und Praxis vertieft und neue Trainings aufgegriffen. Doch welche Schwerpunkte gibt es während der Ausbildung und warum entscheiden sich die Teilnehmenden für diesen Dienst? 

„Meine Frau unterstützt mich“

Ein Soldat steht auf einer Lichtung vor einem Wäldchen und blickt in die Kamera.

Jäger Manuel P. wollte als Wehrpflichtiger nicht zur Bundeswehr. Nun änderte er seine Meinung und engagiert sich als Ungedienter im Heimatschutz.

Bundeswehr/Sebastian Tappeser

Gerade erst haben die Jäger Manuel P. (39) und Stefanie F. (35) ihr feierliches Gelöbnis abgelegt. Manuel P. arbeitet eigentlich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Als er als junger Wehrdienstleistender zur Bundeswehr sollte, entschied er sich bewusst dagegen. Jetzt steht er im Feldanzug in der Lützow-Kaserne in Münster: „Damals habe ich die Auslandseinsätze kritisch gesehen. Mit der geänderten Sicherheitslage habe ich verfolgt, was die Bundeswehr macht.“ Für den Bochumer war immer klar: „Wenn der Verteidigungsfall eintritt, bin ich da. Jetzt sind wir in einer Situation, in der zumindest der Bündnisfall eintreten kann.“ Auf einem Stadteilfest wurde er auf die Ausbildung Ungediente aufmerksam: „Mir war nicht bewusst, dass ich auch im fortgeschrittenen Lebensalter noch einmal die Möglichkeit habe, bei der Bundeswehr einzusteigen.“

Sein bisheriges Highlight war der Gefechtsdienst. „Unsere Ausbilder hatten ein großartiges Szenario vorbereitet, das für mich sehr realistisch aufgebaut war“, erzählt der 39-Jährige. Allerdings wären die Ausbildungseinheiten in der kurzen Zeit auch sehr eng getaktet: „Dann auf Anhieb alles möglichst richtig umzusetzen, ist schwierig und am Ende des Tages raucht auch der Kopf.“

Und wie reagiert sein Umfeld? „Meine Frau unterstützt mich. Wir sind uns bei den Themen relativ einig. Sie ist nicht abgeneigt, hier selbst einmal vorbeizuschauen“, fasst Manuel P. zusammen. Auch der Arbeitgeber schätzt sein Engagement: „Die RUB stellt für die Freiwillige Feuerwehr frei, also konnte ich auch gehen.“

„Ich bin positiv überrascht“ 

Eine Soldatin steht auf einer Lichtung vor einem Wäldchen und blickt in die Kamera.

Jäger Stefanie F. entschied sich bewusst, sich in der Reserve zu engagieren. Sie studiert Sozialwissenschaften und arbeitet im zivilen Leben als Behindertenassistentin.

Bundeswehr/Sebastian Tappeser

Auch Stefanie F. entschied sich für die Ausbildung Ungediente: „Jeder sieht die aktuelle Weltlage. Was im Ukrainekrieg gegen Zivilisten, vor allem gegen Frauen und Kinder passiert – das sollte jedem zu denken geben.“ Die 35-Jährige bewarb sich vor etwa einem Jahr für das Programm, im November 2023 wurde sie zum Assessment ins Karrierecenter nach Düsseldorf eingeladen, bekam noch am selben Tag das „Go“ und einen Monat später die schriftliche Zusage.

„Ich bin positiv überrascht. Die Kameradschaft ist toll. Ich bekomme von allen Seiten Unterstützung, werde als Frau nicht benachteiligt oder anders behandelt“, schildert sie ihre Eindrücke. So ganz als Soldatin fühlt sich Stefanie aber noch nicht, denn dafür müsse sie alles erst einmal „sacken“ lassen und brauche noch mehr Ausbildungserfahrung. „Hier ist es ganz anders als im zivilen Leben. Auf der zivilen Seite haben wir einen eigenen Haushalt, die Familie, einen Job, ein eigenes Einkommen – da bin ich ein gestandener Mensch. Hier fangen wir ganz unten an.“

Stefanie arbeitet im sozialen Bereich, aktuell als Behindertenassistentin und studiert Sozialwissenschaften. Dazu engagiert sie sich in der Flüchtlingshilfe, etablierte mit einer Gruppe ein Sprachcafé für ukrainische Flüchtlinge in ihrer Heimat Bochum. „Die finden alle super, was ich hier mache“, sagt sie. Auch ihre Eltern sind sehr stolz auf die erwachsene Tochter. Nur einige ihrer Kommilitonen haben wenig Verständnis für die Soldatin Stefanie: „Sie haben ein veraltetes Bild von der Bundeswehr. Da komme ich auch nicht mit guten Argumenten weiter.“ Aber negatives Feedback bliebe die Ausnahme.

Verstärkung für den Heimatschutz 

Ein Soldat steht auf einer Lichtung und blickt in die Kamera.

Hauptfeldwebel André P. ist einer der Ausbildenden für die Ungedienten im Heimatschutzregiment 2. Er ist von der Motivation der Reservistinnen und Reservisten begeistert.

Bundeswehr/Sebastian Tappeser

Über 600 Bewerbungen gingen bisher für die Ausbildung Ungediente im Landeskommando ein. Hauptfeldwebel André P. (38) ist einer der Ausbildenden aus dem Heimatschutzregiment 2. Über die Herausforderung der Ausbildung Ungediente sagt der 38-Jährige: „Wir haben uns auf das Wesentliche beschränkt, nämlich den sicheren Umgang mit der Handwaffe. Das müssen die Soldaten am Ende können.“ Für die interne Bewertung wurde ein Bewertungsbogen entwickelt. „Danach können wir sagen wir: Ja, der Person kann die Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer Wach- und Sicherungssoldat zuerkannt werden – oder eben nicht.“ Das Ziel der Ausbildung Ungediente für die Ausbildenden ist simpel: „Wir können mit guten Gewissen sagen: Mit der weiteren Ausbildung im Regiment wird es ein guter Soldat.“

Die Ausbildung ist sehr eng getaktet. „In den ersten zehn Tagen gibt es eine Trockenausbildung und Gefechtsdienst – ohne Manövermunition oder Gefechtsmunition. Im zweiten Block kommt die Wachausbildung dazu und das scharfe Schießen. Wir beschränken uns auf die Pistole P8 und das Gewehr G36. Das können wir gut mit einer kleinen Gruppe umsetzen und den sicheren Umgang gewährleisten“, beschreibt der Hauptfeldwebel den Ablauf. Dazu kommt das Selbststudium zu Hause oder nach Dienstschluss. Etwa das Lernen der Dienstgradabzeichen oder des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Alphabets. „Darauf sind wir angewiesen“, betont André P. Und die Soldatinnen und Soldaten machen ausgesprochen gerne mit: „Sie wollen das!“

von Sabine Körtgen

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