Vorausdenken!

Am 30. September 2022 war der Amtschef des Planungsamtes der Bundeswehr, Generalmajor Wolfgang Gäbelein, beim Wirtschaftsrat Deutschlands e.V.eingetragener Verein eingeladen. Rund fünfzig Teilnehmende dieser hybriden Veranstaltung waren gespannt, was General Gäbelein gerade in den aktuell herausfordernden Zeiten zur Planung der Bundeswehr zu berichten hat.

Nicht erst seit der völkerrechtswidrigen Intervention Russlands in der Ukraine und dem daraus folgenden Krieg, der nun schon über ein halbes Jahr andauert, ist die sicherheitspolitische Lage dynamisch, volatil und komplex. Dass ein Krieg in Europa wieder führbar erscheint, bedeutet für die Bundeswehr, über die aktuelle Situation in Osteuropa hinaus, Formen militärischer Auseinandersetzung zu antizipieren und daraus Ableitungen für die Fähigkeitsentwicklung zu ziehen.

Und so führte General Gäbelein aus, dass seiner Ansicht nach drei Kernbegriffe das Gefechtsfeld der Zukunft prägen werden: Smart – Hyper – Neokonventionell.

Das zukünftige Gefechtsfeld werde vom Kontext der Informationen und ihrer Verarbeitung (Intelligenz) geprägt sein – es wird „smart“. Tendenziell werden sich auf dem zukünftigen Gefechtsfeld immer mehr militärische und zivile Sensoren unterschiedlichster Größe, Anzahl und Spezifikation finden. Kurz, es bildet sich ein Sensornetz mit intelligenten Knoten und Enden.

„Mit zunehmender Informationsdichte auf dem Gefechtsfeld ergeben sich aber auch vielfältige Möglichkeiten und Notwendigkeiten. Digitaltechnik und fortgeschrittene Algorithmen könnten die taktischen und operativen Prozesse umfangreich unterstützen und diese gegebenenfalls massiv beschleunigen“, so General Gäbelein.

„Hyper“ nannte er als zweiten Kernbegriff. Das zukünftige Gefechtsfeld werde von Geschwindigkeit und Unberechenbarkeit geprägt sein – es wird „hyper“. Auf einem „smarten“ und „gläsernen“ Gefechtsfeld könne man Plattformen und Systeme schneller aufklären sowie unmittelbar dagegenwirken. Das Aufkommen hypersonisch angetriebener größerer Effektoren könnte ebenfalls die taktische Geschwindigkeit zukünftiger Gefechte erhöhen. Daraus würde sich ein dauerhaft hoher bis sehr hoher Geschwindigkeitsbedarf in der operativen Planung ergeben, vor allem aber in der Operationsplanung und taktischen Durchführung militärischer Einsätze.

Abschließend beschrieb General Gäbelein den dritten Kernbegriff „Neokonventionell“. Es ist davon auszugehen, dass militärisch auf zukünftigen Gefechtsfeldern konventionelle wie unkonventionelle Wirkmittel dimensionsübergreifend eingesetzt werden. Mit Cyberangriffen, nicht nur auf kritische Infrastrukturen, Informationsoperationen bis auf die Ebene sozialer und persönlicher Netzwerke sowie anderer hybrider Maßnahmen der Kriegsführung, ließen sich gezielt gesellschaftliche Gefüge oder zentrale politische und wirtschaftliche Systeme eines Gegners stören, unterbrechen und lähmen. Gleichzeitig würden mit den diversen Möglichkeiten, die Konfliktziele und -maßnahmen auch auf zivile Bereiche der Gesellschaft auszudehnen, die Trennlinien zwischen Heimat und Gefechtszonen sowie zwischen Kombattanten und (nichtkämpfender) Zivilbevölkerung zunehmend aufgehoben. Alte und neue Räume würden sich überschneiden, hybride und teils neuartige Akteure den Aktionsrahmen erweitern sowie bislang nichtmilitärische Räume zum Feld militärischer Operationen.

In der anschließenden Diskussion machte General Gäbelein deutlich, dass zahlreiche Anstrengungen unternommen werden müssten, um die Streitkräfte zukunftsfest zu machen, man aber auf einem guten Weg sei. „In einer zunehmend komplexeren Welt ist das Vorausdenken wichtiger denn je, aber auch Mut und zupacken gehören dazu.“

von  Planungsamt der Bundeswehr  E-Mail schreiben