Interoperabilität

Planungsamt der Bundeswehr: Wargames im NATO-Rahmen

Planungsamt der Bundeswehr: Wargames im NATO-Rahmen

Datum:
Ort:
München
Lesedauer:
3 MIN

Das Planungsamt der Bundeswehr beschäftigt sich von Haus aus mit neuen Ideen und Ansätzen. Wie könnte die Bundeswehr der Zukunft aussehen? Unter welchen Rahmenbedingungen können Soldaten und Soldatinnen künftig ausgebildet werden? Und mit welchen Bedrohungsszenarien müssen sie zurechtkommen? Entscheidende Fragen, denn viele Veränderungen geschehen bekanntermaßen nicht von heute auf morgen. Heute angestoßene Veränderungen entscheiden darüber, wie die Bundeswehr zukünftig aufgestellt ist. Im Planungsamt werden auf wissenschaftlicher Basis mittel- und langfristige Szenarien erarbeitet sowie neue Methoden und Instrumente getestet.

Spielfiguren auf einem Brett

Wargaming ist Teil der neuesten NATO-Strategie.

Istock

Diese wissenschaftliche Forschung verbunden mit technologischen Entwicklungen finden grundsätzlich auf nationaler Ebene statt. Jedoch sind die Anforderungen an die Interoperabilität von Streitkräften hoch. Die NATO als Allianz bedarf der Koordination und Kommunikation. Ihr Wesenskern, Probleme und Krisen besser gemeinsam zu bewältigen, erfordert ein gleiches und bündnisweites Verständnis. Es ist etwas, das man dringend immer wieder durchspielen muss.

Teil der NATO-Strategie

Wargaming ist Teil der neuesten NATO-Strategie. Das neue “Warfighting Capstone Concept” sieht Wargames ausdrücklich vor. Damit soll eine “kühne und risikofreudige Denkweise” auf allen Ebenen gefördert werden. Das “Undenkbare soll durchdacht” und eine “analytische Strenge” bei der Entscheidungsfindung und Strategieentwicklung wieder stärker etabliert werden. 2021_Audacious_Wargaming.pdf (nato.int)

Einer, der sich im Planungsamt diesen Anforderungen widmet, ist Oberstleutnant i.G. Tobias K. Er ist Referent in der Abteilung „Wissenschaftliche Unterstützung und Interoperabilität“ in Taufkirchen, der Außenstelle des Planungsamtes. K. hält enge Verbindung zur “Science and Technology Organization'' (STO) der NATO. Die STO existiert bereits seit 1949 und ist dennoch nahezu unbekannt. Sie ist direkt dem Nordatlantikrat unterstellt. Aus dem NATO-Hauptquartier in Brüssel werden hochkarätige wissenschaftliche Projekte koordiniert.

Ein Soldat steht mit verschränkten Armen vor der Kamera

Oberstleutnant Tobias K. ist vom Wargaming überzeugt

PlgABw/Fleischer

Wargaming wird in diesem Bereich immer wichtiger. Unterhalb der STO existieren virtuelle Verbünde aus Wissenschaftlern der NATO-Nationen, die sich in verschiedenen Projekten, meist über mehrere Jahre, ganz konkreten Fragen widmen. Einer dieser Verbünde ist das “System Analysis and Studies Panel” (SAS). Das Panel führt operative sowie technische Studien und Analysen durch. Jedes Land lernt so von anderen und kann die Passgenauigkeit der eigenen nationalen Sicherheitsforschung mit den internationalen Partnern sicherstellen.

Konkrete Wargaming Projekte

Verschiedene Wargaming Projekte beschäftigen sich derzeit mit der Cyber-Kriegsführung und der taktischen Integration von Cyber-Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld. Oberstleutnant i.G. Tobias K. und Oberstleutnant i.G. Thorsten K., einer der Wargamingexperten an der Führungsakademie der Bundeswehr, vertreten Deutschland gemeinsam in einer der Arbeitsgruppen. Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich damit, wie Wargames mit weltweit verteilten Spielern umsetzbar sind. Die gewonnenen Erkenntnisse münden in einem weiteren Projekt. Konkretes Ziel ist, ein funktionierendes Wargame für Multidomain-Operations zu entwickeln. Das Spiel soll mögliche Konflikte im Jahr 2035+ vorausdenken. Dazu gehören solche Facetten wie die Reaktion auf Naturkatastrophen, innerstädtische Unruhen, aber auch Massenmigration.

Mehrdimensionale Krisen also, bei denen viele Akteure Hand in Hand arbeiten müssen und es nicht allein auf Streitkräfte innerhalb der NATO ankommen kann. Die “Methode Wargame” wird daher auch von zivilen Stellen auf verschiedenen Ebenen immer mehr genutzt. Katastrophen könnten zukünftig besser gemanagt werden, wenn sich Wargaming auf allen Ebenen stärker etabliert. 

Daran arbeiten die beiden Offiziere. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat ebenfalls Bedarf angemeldet, um umfassende Lösungen für mögliche Krisen vorzudenken und zu entwickeln. Oberstleutnant Tobias K. ist vom Wargaming überzeugt.

Ein Soldat steht mit verschränkten Armen vor der Kamera
Planungsamt der Bundeswehr , Oberstleutnant Tobias K. PlgABw/Fleischer
“Niemand lässt sich gerne von der Realität überraschen. Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben verfügen über viele Notfallpläne. Doch halten diese auch, was sie versprechen? Der Spielansatz, das Krisendenken, ein aktiver Gegner und unvorhersehbare Entwicklungen sind Stresstests, die man im Wargame vorab durchdenken kann.”

Wargaming als Methode war in Europa und Deutschland nahezu in Vergessenheit geraten und wird nun wiederentdeckt. K. ist sich daher sicher: “Wir müssen wieder mehr spielen. Wir brauchen mehr Wargames und mehr Wargamer.”

von  Planungsamt der Bundeswehr  E-Mail schreiben