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Amtshilfe

Kommt es zu schweren Unglücken oder Katastrophen, kann die Bundeswehr nach Anforderung durch den zuständigen Krisenstab zur Hilfe gerufen werden. Mit Personal und Material unterstützt sie beispielsweise die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk. Die rechtliche Grundlage für diese Hilfs- und Unterstützungsleistungen findet sich in Artikel 35 des Grundgesetzes.

Mehrere Soldaten stapeln Sandsäcke an einem Flussausläufer.

Was ist Amtshilfe?

Besonders sichtbar für die deutsche Bevölkerung ist die Bundeswehr immer dann, wenn sie zivile Organisationen bei Naturkatastrophen und schweren Unglücksfällen unterstützt. Diese Hilfeleistungen werden unter dem Begriff der Amts- und Katastrophenhilfe zusammengefasst. Denn nach Artikel 35 Grundgesetz sind alle Behörden des Bundes und der Länder zu gegenseitigen Amtshilfe verpflichtet, auch die Bundeswehr.

Waldbrände, Schneekatastrophen und Überschwemmungen, schwere Unfälle, aber auch Pandemiebewältigung und Flüchtlingsangelegenheiten - die Szenarien, die einen Einsatz der Bundeswehr erfordern können, sind vielfältig. Die Bundeswehr unterstützt dann Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, THWTechnisches Hilfswerk oder Gesundheitsämter, wenn der Kapazitäten nicht ausreichen. Wichtig: Damit die Bundeswehr tätig werden kann, bedarf es immer eines Antrags durch eine andere Behörde. Dieser muss separat geprüft werden, denn es gelten besondere Regeln. Bei einem positiv beschiedenen Antrag unterstützen die Streitkräfte die zivilen Behörden vor allem mit Personal und technischem Gerät. Dabei ist immer zu berücksichtigen, ob die entsprechenden Ressourcen verfügbar sind und die rechtlichen Grundlagen gegeben sind.

Einsatzleitung: Immer zivil

Die Leitung von Amtshilfe-Einsätzen der Bundeswehr liegt dabei immer in ziviler Hand. Die militärischen Kräfte werden für die Dauer der Hilfeleistungen vom Operativen Führungskommando der Bundeswehr geführt, unabhängig davon, ob sie dem Heer, der Marine, der Luftwaffe oder einem anderen Bereich der Bundeswehr angehören.

Für Amtshilfe-Ersuchen hat die Bundeswehr landesweit ein Netzwerk verlässlicher Ansprechstellen für die Anforderung und Beratung zu Hilfeleistungen der Bundeswehr aufgebaut. Erste Ansprechstelle der Länder sind die 16 Landeskommandos am Sitz der jeweiligen Landesregierung zur überregionalen Unterstützung im Bundesland. Unterstützt werden sie durch 31 Verbindungskommandos in Regierungsbezirken und Behörden auf vergleichbarer Ebene durch regionalen Unterstützung. Hinzu kommen für lokale begrenzte Amtshilfe-Begehren 404 Verbindungskommandos in den Landkreisen und Kreisfreien Städten.

Soldaten arbeiten in einem Lagezentrum schauen auf Monitore und telefonieren

In den Lagezentren der Landeskommandos wird die Amtshilfe der Bundeswehr koordiniert

Bundeswehr/Sebastian Kelm

Was sagt das Grundgesetz?

Einsätze der Bundeswehr in Deutschland folgen klaren gesetzlichen Regeln. Die technische Amtshilfe, die beispielsweise bei Hochwasser oder auch in der Flüchtlingshilfe greift, ist ein etabliertes Verfahren gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes. Bei dieser Art der Amtshilfe übernimmt die Bundeswehr jedoch keine hoheitliche Aufgaben und unterstützt mit technischem Gerät oder Arbeitskraft.

Nach Artikel 35 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eine Übernahme von hoheitlichen, beispielsweise polizeilichen Aufgaben durch die Bundeswehr möglich. Denn im Grundgesetz heißt es: „Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern.“ Besonders schwere Unglücksfälle können von beispielsweise einem schweren Chemieunfall bis hin zu einer umfassende terroristische  Bedrohungslage reichen. Hier ist beispielsweise die Übernahme polizeilicher Aufgaben durch die Bundeswehr möglich – allerdings immer unter der Führung und Verantwortung der zivil zuständigen Institution.

Einen Sonderfall stellt der Innere Notstand nach Artikel 87a Absatz 4 des Grundgesetzes dar. Hierbei handelt es sich nicht Amtshilfe, sondern die Bundeswehr kann durch die Bundesregierung zur Unterstützung der Polizei und der Bundespolizei eingesetzt werden, um eine drohende Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes abzuwehren.

Art. 35 Abs. 1 GGGrundgesetz regelt die Pflicht von Behörden des Bundes und der Länder sich gegenseitig auf Antrag Amtshilfe bei der Erfüllung ihrer öffentlich rechtlichen Aufgaben (Amtshandlungen) zu leisten. Dies gilt auch für die Bundeswehr. Zusätzliche hoheitliche Eingriffsbefugnisse ergeben sich dabei für die Bundeswehr nicht. Es handelt sich nur um sogenannte technische Unterstützung. Diese Hilfeleistungen umfassen Brandbekämpfung und Fluthilfe ebenso wie Suchaktionen für vermisste Menschen, Flüchtlingshilfe oder die Drohnenüberwachung des Luftraums bei Großveranstaltungen.

Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall (sogenannte Katastrophenhilfe) kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie der Bundespolizei und der Streitkräfte anfordern. Naturkatastrophen sind unmittelbar drohende Gefahrenzustände oder Schädigungen von erheblichen Ausmaß, die durch Naturereignisse ausgelöst werden. Besonders schwere Unglücksfälle sind Schadensereignisse von katastrophischem Ausmaß, wenn der Unglücksverlauf bereits begonnen hat. Sie können von beispielsweise ein schwerer Chemieunfall bis hin zu einem weitreichender terroristischer Anschlag reichen. Hier können Soldatinnen und Soldaten über technische Hilfeleistungen nach Art. 35 Abs. 1 GGGrundgesetz hinaus zur Unterstützung der Polizei bei hoheitlichen Aufgaben herangezogen werden. Dies schließt Zwangs- und Eingriffsbefugnisse nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 GGGrundgesetz ein und erfolgt ebenfalls ausschließlich auf Anforderung des betroffenen Landes. Führung und Verantwortung obliegen dabei der zuständigen Polizeibehörden, der Einsatz der Bundeswehr erfolgt nach geltendem Landespolizeirecht.

Art. 35 Abs. 3 S. 1 GGGrundgesetz regelt den Einsatz der Bundeswehr für hoheitliche Aufgaben, wenn mehr als ein Bundesland betroffen ist, die Bundesregierung gegenüber den Ländern hinsichtlich des unterstützenden Kräfteeinsatzes weisungsbefugt wird und den Einsatz der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte beschließt.

Der Einsatz im Inneren bei einem sogenannten Inneren Notstand ist im Artikel 87 a Absatz 4 des Grundgesetzes geregelt. Dieser Artikel ermöglicht den Einsatz von Streitkräften durch die Bundesregierung zur Unterstützung der Polizei und der Bundespolizei zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, wenn das Land, in dem die Gefahr droht, nicht selbst zur Bekämpfung der Gefahr bereit oder in der Lage ist und die Kapazitäten der Polizeien der Länder und der Bundespolizei nicht ausreichen. Die Streitkräfte können in diesem Fall zur Unterstützung beim Schutz von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und militärisch bewaffneter Aufständischer eingesetzt werden.

Ein Soldat und eine Polizistin stehen gemeinsam mit ihren Waffen und überwachen etwas

Auch die Polizei kann unter bestimmten Umständen Unterstützung durch die Bundeswehr bekommen. Geübt wird dies in gemeinsamen Übungen.

Bundeswehr/Christian Thiel

Fragen und Antworten

Was Amtshilfe mit Katastrophenschutz zu tun hat, ob auch Unternehmen Amtshilfe bei der Bundeswehr beantragen können und wann die Bundeswehr überhaupt in der Amtshilfe im Inland aktiv werden darf - Antworten auf diese und andere Fragen finden Sie hier:

Amtshilfe ist vergleichbar mit einer Nachbarschaftshilfe zwischen Behörden. Wenn eine Behörde materiell oder personell an ihre Grenzen stößt, dann hilft eine andere auf Antrag aus. Hiervon profitiert in erster Linie die Zivilbevölkerung. Die Bundeswehr unterstützt nicht nur, sondern kann gleichermaßen Unterstützung durch andere Behörden beantragen.

Nein, Amtshilfe und Katastrophenschutz sind nicht identisch. Katastrophenschutz ist zwar ein Teil der allgemeinen Gefahrenabwehr, umfasst aber alle möglichen Maßnahmen der Länder, die Menschen, Umwelt oder einzelne Sachwerte innerhalb oder noch vor der Entstehung einer Katastrophe oder größere Unglücksfälle zu schützen. In ihrem Auftrag sind die Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte als sogenannte untere Katastrophenschutzbehörden Ansprechpartner für die deutsche Bevölkerung.

Anders als bei der Amtshilfe kann jede Bürgerin beziehungsweise jeder Bürger zu jeder Zeit und an jedem Ort Hilfe über die Rettungsleitstellen erbitten. Durch die Ordnungsbehörden, die Polizei, die Feuerwehr oder je nach Verfügbarkeit auch durch freiwillige Rettungsdienste wird ihnen schließlich Katastrophenhilfe geleistet. Die Maßnahmen des Katastrophenschutzes sind dabei deutlich weitreichender: Hierzu zählen neben den Hilfeleistungen auch Vorbereitungen für den potentiellen Ernstfall oder aber die Beseitigung von Katastrophenschäden im Nachhinein.

Sollten die Länder die Situation mit ihren eigenen Mitteln nicht mehr bewerkstelligen können, steht es ihnen frei, nach Artikel 35 Grundgesetz auch die Bundeswehr zur Unterstützung - zur Amtshilfe - anzufordern.

Die Amtshilfeverfahren der Bundeswehr sind einfach. Grundsätzlich können die Anträge formlos und zeitunabhängig an jeder Dienststelle der Bundeswehr, vorrangig aber über die Landeskommandos der Bundeswehr, eingereicht werden.

Eine wesentliche erste Unterstützung bei der Antragstellung ist die Beratung durch eben diese Landeskommandos. Dabei werden die Möglichkeiten und Grenzen der Hilfeleistung aufgezeigt, die dann in Form von personeller, materieller oder infrastruktureller Hilfe erfolgen kann.

Für eine zielgerichtete und zügige Bearbeitung der Anträge empfiehlt es sich,

  • die schriftliche oder elektronische Form, bestenfalls unter Nutzung des Bundeswehr-Formulars, zu wählen, 
  • die Sachlage deutlich zu beschreiben und daraus den Unterstützungsbedarf abzuleiten
  • und deutlich zu kommunizieren, dass die antragstellende Behörde nicht in der Lage ist, die Amtshandlung selbst vorzunehmen.

Sämtliche Amtshilfeanträge werden dem Operatives Führungskommando der Bundeswehr vorgelegt. Dort erfolgt eine formelle Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Ressourcen. Denn die Bundeswehr hält kein Personal und Material eigens für Hilfseinsätze vor, sondern bewältigt dies mit verfügbaren Kräften und Mitteln, sofern der eigene Auftrag es zulässt. Erst wenn diese Prüfung positiv beantwortet werden konnte, kann die Amtshilfe durch den Nationalen Territorialen Befehlshaber gebilligt und die Bundeswehr zur beantragten Unterstützung eingesetzt werden. In Ausnahmefällen werden Amtshilfeanträge zur Entscheidung im BMVgBundesministerium der Verteidigung vorgelegt.

Amtshilfe können Städte, Gemeinden und Länder, aber auch staatliche Organisationen wie Polizei oder Feuerwehr beantragen – immer dann, wenn ersichtlich wird, dass sie nicht in der Lage sind, die erforderlichen Maßnahmen zur Bewältigung selbst umzusetzen. Privatpersonen und Unternehmen können keine Amtshilfe beantragen.

Die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr im Innern sind in Artikel 35 des Grundgesetzes in Verbindung mit den Paragrafen 3 - 8 des Verwaltungsverfahrensgesetzes geregelt. Dabei wird grundsätzlich danach unterschieden, ob die Bundeswehr ausschließlich Amtshilfe mit Personal und technischem Gerät leistet (Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes) oder aber zusätzlich hoheitliche Aufgaben wahrnimmt (Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes). In diesem Fall können die Soldatinnen und Soldaten auch unter Androhung und gegebenenfalls Anwendung von hoheitlichen Zwangs- und Eingriffsbefugnissen - also polizeilichen Aufgaben - eingesetzt werden.

Artikel 87a Absatz 3 des Grundgesetzes ermöglicht auch für den Verteidigungs- oder Spannungsfall beziehungsweise im Falle des Inneren Notstandes den Einsatz der Streitkräfte innerhalb der Bundesrepublik. Jeder Amtshilfeantrag wird vor Genehmigung einer rechtlichen Prüfung unterzogen.

Voraussetzungen für Amtshilfeanträge sind, dass

  • die Kapazitäten der ersuchenden Behörden nicht anderweitig verstärkt werden können,
  • sich die Amtshilfe auf ergänzende Hilfe in Einzelfällen beschränkt und 
  • eine regelmäßige, auf Dauer angelegte Zusammenarbeit ausgeschlossen werden kann.

 

Bei Unglücksfällen sowie Schadensereignissen, aber auch bei Hochwasser und Überschwemmungen, Waldbränden, heftigen Schneefällen sowie Seuchen und Pandemien kann dies der Fall sein. Bei besonders schweren Unglücksfällen einschließlich großer Terrorlagen und bei Naturkatstrophen kann die Bundeswehr neben Amtshilfe unter Umständen und auf spezielle Anforderungen auch Katastrophenhilfe mit erweiterten Befugnissen leisten.

Amtshilfe kann nicht durch Einzelpersonen beantragt werden. Auch muss ein Antrag durch eine Behörde abgelehnt werden, wenn diese selbst in der Lage ist, die Situation zu bewältigen. Ist eine andere Behörde oder gar ein gewerbliches Unternehmen besser geeignet, die Unterstützungsleistung mit weniger Aufwand zu erbringen, muss der Antrag auch hier negativ beschieden werden. 

Gleiches gilt, wenn die Kapazitäten der Bundeswehr bereits erschöpft oder anderweitig gebunden sind. Darüber hinaus darf auch keine Amtshilfeleistung erbracht werden, wenn gegen ein Gesetz verstoßen werden würde oder die Bundeswehr mit der Amtshilfe dem Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines Bundeslandes schaden würde. Auch Vollstreckungsmaßnahmen werden durch die Bundeswehr nicht durchgeführt.

Die Bundeswehr ist - wie jede staatliche Institution - grundsätzlich zur Amtshilfe verpflichtet. Sie alle bilden ein Netzwerk aus Behörden und Hilfsorganisationen, die sich gegenseitig unterstützen. Alle Behörden des Bundes und der Länder können sich somit auf Anforderung Amtshilfe leisten.

Generell gilt: Amtshilfe ist kostenpflichtig. Die ersuchende Behörde muss für die Amtshilfe zwar keine Verwaltungsgebühren zahlen, allerdings müssen alle angeforderten Leistungen auf Anforderung erstattet werden. So muss die anfordernde Behörde beispielsweise gänzlich für die Kosten der Flugstunden eines jeden Hubschraubers vom Typ CH-53 aufkommen, der bei der Waldbrandbekämpfung zum Einsatz kommt.

Im Amtshilfe-Einsatz hat die Bundewehr die Möglichkeit mit Personal oder Gerät zu unterstützen. In diesem Fall kann die Durchhaltefähigkeit ziviler Organisationen gestärkt werden kann. Solch eine Unterstützungsleistung ist beispielsweise im Bereich Versorgung realistisch - hier hilft die Bundeswehr mit Material wie Feldbetten oder aber Feldküchen. Soldatinnen und Soldaten selbst kommen dann zum Einsatz, wenn Personal kurzfristig und in erheblichem Umfang benötigt wird - wie bei der Deichverstärkung während einer Hochwasserkatastrophe. Darüber hinaus kann die Bundeswehr auch Räume und Hallen in Form von Abstellflächen zur Verfügung stellen. 

Während eines Amtshilfeeinsatzes der Bundeswehr stehen den Krisenstäben der Landkreise erfahrene Offiziere und Unteroffiziere 24/7 und wenn es sein muss 365 Tage im Jahr zur Unterstützung bei. Die beteiligten Soldatinnen und Soldaten werden der anfordernden Behörde für den Zeitraum der Amtshilfe unterstellt, da diese in der Regel mit den örtlichen Verhältnissen besser vertraut sind.

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Ansprechstellen in den Bundesländern

Sie suchen nach der richtigen Ansprechstelle? Für weitere Fragen, Auskünfte zu möglichen Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr oder Hilfe bei der Beantragung steht Ihnen Ihr jeweiliges Landeskommando gern zur Verfügung. Ebenso finden Sie hier ein Antragsformular zur Amtshilfe sowie eine Ausfüllanleitung.

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