Wehrbeauftragte beweist Mut zum Diskurs
Wehrbeauftragte beweist Mut zum Diskurs
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Ein offenes Ohr und viele Fragen im Gepäck: Das hatte die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Dr. Eva Högl, bei ihrem Antrittsbesuch an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Als „Anwältin der Soldaten“ setzt sie sich für die Wahrung der Grundrechte innerhalb der Bundeswehr ein. An der höchsten militärischen Ausbildungsstätte suchte sie nun das Gespräch mit den Soldatinnen und Soldaten.
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- Urheberrecht:
- © Führungsakademie der Bundeswehr
Sie wollte mehr über die aktuellen Herausforderungen an der Akademie, über das Lernen und Lehren in Corona-Zeiten und über das German Institute for Defence and Strategic Studies, kurz GIDS, erfahren. Wie werden Offiziere für den Lehrgang Generalstabs- und Admiralstabsdienst National (LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National) und International (LGAI) ausgewählt? Warum wurde sich gegen eine Prüfung am Ende des Basislehrgangs Stabsoffizier (BLSBasislehrgangs Stabsoffizier) entschieden? Und welchen Stellenwert wird die Präsenzlehre weiterhin haben?
Antworten auf diese und weitere Fragen bekam sie bei einer Gesprächsrunde mit der Akademieführung. Eine besondere Komponente im Ausbildungssystem spiele der BLSBasislehrgangs Stabsoffizier. Nur die besten 15 Prozent der Teilnehmenden haben später die Chance, am Hochwertlehrgang LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National teilzunehmen. Eine Prüfung gibt es nicht mehr, vielmehr werde seit 2018 auf eine kompetenzorientierte Ausbildung gesetzt.
„Es geht vor allem darum, wo hat der Lehrgangsteilnehmende Stärken und wo Schwächen“, erklärt der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, Generalmajor Oliver Kohl. Zudem gehören regelmäßige Feedbackrunden zum Ausbildungskonzept. Denn die Persönlichkeit spiele eine entscheidende Rolle.
53 Tage Stärken und Schwächen zeigen
„Das ist modern und zeitgemäß. Gerade, wenn es um Persönlichkeitsentwicklung geht“, findet die Wehrbeauftragte Dr. Högl. Und der Leiter der Fakultät Politik, Strategie und Gesellschaftswissenschaften, Jörn Thießen, ergänzt: „Es gibt kein vergleichbares Assessmentcenter in der Wirtschaft, bei dem du 53 Tage die Chance hast, dich zu zeigen. Und auch die Schwächen zu zeigen. Denn das Zugeben von Schwächen ist auch eine Stärke.“
Im LGANLehrgang für den Generalstabs-/Admiralstabsdienst National angekommen, werden innerhalb von zwei Jahren die grundlegenden Voraussetzungen für die Verwendungen als Generalstabs- und Admiralstabsdienstoffizier geschaffen. Seit vier Jahren können die Lehrgangsteilnehmenden zudem den Masterstudiengang Militärische Führung und Internationale Sicherheit in Kooperation mit der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr absolvieren.
Das große Ziel am Ende der Ausbildung: Die Stabsoffiziere sollen drei Rollen wahrnehmen können – sie werden zu Entscheidern, Gestaltern und Beratern. Auch hierfür gilt es an ihren Stärken und Schwächen zu arbeiten. Seit zwei Jahren können sich Lehrgangsteilnehmende auf freiwilliger Basis an der Akademie beraten lassen. „Hier haben sie die Möglichkeit, sich in einem geschützten Raum zu spiegeln und zu reflektieren“, sagt Generalmajor Kohl.
So sehen es die Lehrgangsteilnehmenden
Die Wehrbeauftragte zeigte sich beeindruckt vom vielfältigen Angebot: „Da kommt viel zusammen. Der Lehrgang als solcher, der Master und die Persönlichkeitsentwicklung - langweilig wird es nicht.“ Um sich davon persönlich zu überzeugen, tauschte sich Dr. Eva Högl unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit Lehrgangsteilnehmenden aus.
„Ich fand das Gespräch sehr interessant. Dominierendes Thema war die Pandemie und unser Umgang damit“, sagt Oberstleutnant Oliver Schmäl. Denn auch die Führungsakademie musste das Lehrkonzept auf die Corona-Situation anpassen. Statt Präsenzunterricht wurde zeitweise auf Fernlehre umgestiegen.
Das offenbarte Defizite in der technischen Ausstattung. Die Führungsakademie sah es als Chance an und machte in den letzten Wochen und Monaten „riesige Fortschritte“, wie Dorthe Kramer der Wehrbeauftragten vorab erzählte. Sie ist das „Gesicht der digitalen Ausbildungsakademie“ und begleitet den Prozess seit 2019.
„Das ist die Zukunft und bei Ihnen schon die Gegenwart“
„Für die reine Wissensvermittlung braucht keiner mehr nach Hamburg zu kommen. Aber Persönlichkeitsentwicklung geht nicht digital“, sagt der Kommandeur der Führungsakademie. Auch die Wehrbeauftragte stimmt dem zu: „Was können wir digital gut machen und wo ist Präsenz unverzichtbar. Das ist die Zukunft und bei Ihnen schon die Gegenwart.“
Die Lehrgangsteilnehmerin Oberfeldarzt Laura Jung hob einen Punkt aus dem Gespräch mit der Wehrbeauftragten hervor:
„Ich fand es gut, dass wir von dem Thema Corona und den Auswirkungen auf die Führungsakademie den Blick auf die gesamte Bundeswehr und die Auswirkungen auf unsere Einsatzbereitschaft weiten konnten.“
Mut zum Diskurs ist auch das Leitmotto des German Institute for Defence and Strategic Studies. Als Kooperation zwischen der Führungsakademie und Helmut-Schmidt-Universität verfolgt der Think Tank das übergeordnete Ziel „Motor für die wissenschaftliche Wahrnehmung von Problemen der internationalen Sicherheit und Strategie zu werden.“
Diskussionen sind da besonders wichtig, wie Jörn Thießen zur Wehrbeauftragten sagt, bevor sie sich bei einem Kasernenrundgang noch den evangelischen Kindergarten und die Unterrichtsräume anschaut.
Bei Letzterem trifft sie auf den Lehrgangsleiter Kapitän zur See Marc Gieseler, der ihr noch etwas zum Ablauf des Generalstabs- und Admiralstabsdienst National erzählt. Unter anderem ist eine Reise nach Berlin im Lehrplan integriert. „Haben Sie da auch den Besuch bei der Wehrbeauftragten berücksichtigt?“, fragt ihn Dr. Eva Högl und fügt gleich hinzu: „Ich würde mich sehr darüber freuen.“