Vom Cockpit in den Hörsaal

Vom Cockpit in den Hörsaal

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
4 MIN
Portrait Rehman

Oberstleutnant Talha Rehman ist pakistanischer Pilot –sein Traumberuf

Führungsakademie der Bundeswehr/Lene Bartel

Auf dem Campus der Führungsakademie der Bundeswehr sieht man immer wieder Soldatinnen und Soldaten anderer Nationen. Doch wer sind die Menschen in diesen ausländischen Uniformen? Wir sprechen heute mit Oberstleutnant Talha Rehman aus Pakistan. Er ist Pilot bei der pakistanischen Luftwaffe und Teilnehmer des Lehrgangs Generalstabs-/Admiralstabsdienst International (LGAI).

Rund 5.330 Kilometer Luftlinie trennen Oberstleutnant Rehman von seiner Heimat. Bestens gelaunt treffen wir ihn an einem sonnigen Nachmittag an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Auf seinem blauen Hemd trägt er den Patch: „PAF“, einige bunte Abzeichen und auf der anderen Seite steht sein Name: Talha. „In Pakistan sprechen wir uns immer mit unseren Vornamen an“, erklärt der 44-Jährige in fehlerfreiem Deutsch. Die Abkürzung PAF steht für Pakistan Air Force – seine Teilstreitkraft.

Sein Weg zur Führungsakademie

Rehman ist ein erfahrener Pilot. 1993 beginnt er in Pakistan mit der Offizierausbildung mit anschließendem Studium der Luftfahrtwissenschaften. „Für mich gab es damals nur zwei berufliche Optionen. Entweder ich diene und schütze mein Land und werde Pilot. Oder ich folge den Vorstellungen meines Vaters und werde Unternehmensberater“, erzählt er und fügt lächelnd hinzu: „Nun, ich sitze hier.“

Im Anschluss an sein Studium folgt die Ausbildung zum Kampfflugzeugführer und danach spezialisierte er sich auf Hubschrauber. Doch die Liste der Luftfahrzeuge, die er geflogen ist, reicht weiter: Insgesamt zehn verschiedene Muster hat er bereits in der Luft bewegt. Zu seiner Ausbildung gehörten außerdem zwei Weiterbildungen zum Thema Combat Search# and Rescue – Militärische Such- und Rettungsaktionen in den USA. In Einsätzen hat er sich ebenfalls bewährt: So beispielsweise zur Unterstützung bei Erdbeben und Überschwemmungen und Flüge zur medizinischen Evakuierung.

Seit November 2017 ist der Oberstleutnant, dessen Dienstgrad in seinem Heimatland „Wing Commander“ heißt, in Deutschland. „Ich hatte bereits fünf Monate vor meiner Abreise begonnen, deutsch zu lernen.“ Bevor die internationalen Lehrgangsteilnehmer an der Führungsakademie beginnen, lernen sie am Bundessprachenamt zunächst Deutsch. So auch Rehman, der dank seines Fleißes mit einem kleinen Vorteil startete. Sprachlich bestens vorbereitet ging es dann im August 2018 an die höchste Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr.

Hörsaal Rehman

Blick in den Hörsaal: Wenn Rehman nicht gerade mit seinen Hörsaalkameraden auf Reisen war, absolvierte er die theoretischen Inhalte in der Hamburger Clausewitz-Kaserne

Führungskademie der Bundeswehr/Lene Bartel

Praxis ergänzt die Theorie

Ein normaler Unterrichtstag im LGAI beginnt um acht Uhr im Hörsaal und endet gegen 16 Uhr. Dazwischen haben die Lehrgangsteilnehmenden Zeit, Mittagessen zu gehen. Als Ansprechpartner vor Ort gibt es die sogenannten Mentoren. Sie stehen sowohl bei fachlich inhaltlichen Fragen zur Seite als auch bei Fragen, die das Privatleben betreffen. „Außerdem übernehmen die Mentoren viele Projekte. Beispielsweise organisieren sie unsere Ausbildungsreisen“, Rehman lächelt und fügt hinzu: „Für uns ist es dann einfach. Für die Mentoren eine Menge Arbeit.“

Ausbildungsreisen finden sowohl an andere Bundeswehrstandorte, als auch zur Regierung nach Berlin und zum NATO-Hauptquartier nach Brüssel statt. „Wir bekommen vor jeder Reise vorbereitend einen Unterricht. In jedem Monat steht eine Reise an. Diese dauert zwischen zwei bis drei oder auch mal zehn Tage.“

Völkerverständigung

Die Lehrgangsteilnehmenden des LGAI kommen aus 28 verschiedenen Ländern. Das bedeutet für jeden Einzelnen: 27 verschiedene Kulturen, andere Sprachen, Religionen und Verhaltensweisen. Wie gehen die hochrangigen Soldaten hier in Deutschland miteinander um? „Wir sind Soldaten. Wir sind professionell. Wir respektieren uns gegenseitig. Wenn es um unser Land geht, sind wir manchmal geteilter Meinung. Doch abends beim Grillen: Wir sitzen alle gemeinsam an einem Tisch und unterhalten uns, wie es bei Freunden üblich ist.“ 

Die Familie begleitet ihn

Rehmans Frau und seine beiden Töchter (13 und 18 Jahre alt) kamen im April 2018 nach Deutschland und wohnten zunächst mit in Hürth. Dem Lehrgangsteilnehmer und seiner Familie standen beim Bundessprachenamt Betreuungsoffiziere zur Seite. „Das war sehr hilfreich. Besonders für die formalen Angelegenheiten bei Ämtern, bei der Beantragung eines Führerscheins und so weiter“,  führt der Familienvater aus.

In Hamburg angekommen, war die Suche nach einer Schule eine große Herausforderung. „Besonders für unsere Große. Da sie über 16 ist, besteht keine Schulpflicht mehr und somit auch kein Anspruch auf einen Schulplatz.“ Doch mit einem Ausnahmeantrag konnte auch sie die elfte Klasse eines Gymnasiums besuchen. „Die Schule ist sehr gut. Meinen Kindern hat es sehr viel Spaß gemacht.“ Wie gut und schnell sich die Töchter in der neuen Umgebung integriert haben, hat Rehman immer wieder erleben können: „Letztens haben neue Freundinnen meiner Tochter bei uns übernachtet. Sie kamen aus der ganzen Welt. Viel Trubel und eine tolle Erfahrung für die ganze Familie.“

Afshan Rehman – seine Frau ist Lehrerin. Da lag es nahe, auch in Deutschland ihrer Berufung nachzugehen. Sie fragte bei einer internationalen Schule mit der Unterrichtssprache Englisch an und bekam zwei Wochen später eine positive Antwort. „Seitdem arbeitet meine Frau dort ehrenamtlich. Die ganzen Erfahrungen, die wir gemacht haben, neue Menschen und Kulturen, die wir kennengelernt haben, sind für mich und meine Familie ein Geschenk. Deutschland ist ein tolles Land.“

Zeugnisübergabe Rehman

Der Kommandeur der Führungsakademie, Generalmajor Oliver Kohl, überreicht dem Absolventen seine Urkunde

Führungsakadmie der Bundeswehr/Lene Bartel

Dafür steht er ein

Nun ist Rehmans Zeit in Deutschland beendet. Mit der Zeugnisübergabe und einem festlichen Abend endete der internationale Generalstabslehrgang. Viele Eindrücke, Informationen und Freundschaften bleiben. Seine Einstellung zum Leben behält er sich bei: „Mein Ziel ist anders, als manch anderer. Einige arbeiten für ein gutes Ergebnis. Andere für gute Noten. Ich arbeite, um mit mir selbst zufrieden zu sein. Wenn ich dann 100 Prozent gebe, dann bin ich auch erfolgreich.“ Außerdem sei es sein Ziel, ein guter Mensch und Soldat zu sein.
Wir wünschen ihm auf seinem weiteren Weg alles Gute.

von Führungsakademie der Bundeswehr/ Ines Blandau  E-Mail schreiben

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