Am 25. August hat der Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, Generalmajor Oliver Kohl, das Direktorat Ausbildung übergeben – von Brigadegeneral Holger Neumann an Flottillenadmiral Christian Bock.
„Ein Typ, ein Macher, der glaubhaft vermittelt, worum es in unserem Beruf geht“,
lobte Generalmajor Kohl seinen scheidenden Stellvertreter bei einer kleinen Feierstunde im Manfred-Wörner-Zentrum. Brigadegeneral Neumann sei eine besondere Mischung aus einem feinen Menschen und korrekten Soldaten. Gleichzeitig wünschte der Kommandeur dem Nachfolger, Flottillenadmiral Bock, alles Gute auf dem neuen Posten; sein Lebenslauf beinhalte alles Notwendige zur Erfüllung der neuen Aufgabe. Brigadegeneral Neumann resümierte in einer humorigen Abschiedsrede die vergangenen drei Jahre als Direktor Ausbildung. Dabei hob er die Bedeutung von Persönlichkeitsentwicklung, Systemverständnis und Methodenkompetenz in der Aus- und Weiterbildung von Stabsoffizieren hervor.
Im Interview zog der Luftwaffenoffizier ein Fazit seiner Tätigkeit an der höchsten militärischen Ausbildungsstätte Deutschlands.
Herr Brigadegeneral Neumann, Sie waren drei Jahre lang Direktor Ausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr. Welcher war Ihr schönster Moment?
In den vergangenen knapp drei Jahren gab es viele schöne Momente an der Akademie. Ich denke da an einige Besuche hochrangiger Persönlichkeiten einschließlich der Gespräche im kleinen Kreis. Oder die feierlichen Abschlussveranstaltungen von unseren Lehrgängen, in denen neben Wehmut auch immer ein wenig Stolz mitschwingt. Für mich gab es aber auch viele vermeintlich kleinere Gelegenheiten, an die ich mich sehr gern zurückerinnern werde: Zum Beispiel den offenen Austausch und die Gespräche mit den Lehrgangsteilnehmenden oder die äußerst konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der Führungsakademie, auch und gerade in schwierigen Situationen.
Was hat Ihnen die meiste Arbeit bereitet? Wo lagen die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung lag neben der inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung unserer Führungsakademie definitiv bei der Wiederaufnahme des Lehrbetriebs unter den Auflagen zur Eindämmung der COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie. Hier konnten wir zwar auf einige bereits vorhandene Überlegungen zu modernem Lernen aufbauen. Insbesondere im Bereich der Digitalisierung gab es jedoch immensen Nachholbedarf. Auf das Erreichte wie beispielsweise den Aufbau eines digitalen Lernmanagementsystems und die Möglichkeit der Lehre und des Lernens auf Distanz sowie das hohe Maß an gezeigter Disziplin können wir alle sehr stolz sein.
Wo sehen Sie die größten Veränderungen in Ihrer Zeit an der Führungsakademie?
Neben den großen Fortschritten im Bereich der digitalen Lehre haben wir gemeinsam einen klaren Kurs festgelegt, wohin sich die Führungsakademie weiterentwickeln und welche Rolle sie dabei im Gesamtsystem Ausbildung in der Bundeswehr einnehmen soll – Stichwort „lebenslanges Lernen“. Mit Blick auf das Direktorat Ausbildung bin ich sehr stolz darauf, was wir im Bereich Persönlichkeits- und Führungskräfteentwicklung aufgebaut und erreicht haben: Zum einen die strukturelle Abbildung dieser aus meiner Sicht elementaren Bestandteile der Stabsoffizieraus- und -weiterbildung. Zum anderen deren inhaltliche Ausgestaltung durch gezielte individuelle Persönlichkeitsentwicklung und Beratung, Führungsseminare, Erfahrungsaustausch mit zivilen Stellen und Mentoring-Programme.
Worin lagen die größten Unterschiede zwischen Ihrer Zeit als Lehrgangsteilnehmer an der Führungsakademie und als Direktor Ausbildung?
Ich habe jetzt ein besseres Bild vom Stabsgebäude (lacht). Auf der einen Seite ist es schön zu sehen, dass sich einige Dinge in den vergangenen 20 Jahren positiv verändert haben: Die Infrastruktur, die Anpassung der Lehrinhalte und -methoden, das Ersetzen von Lehrgangsarbeiten durch Projektarbeiten, der Masterstudiengang „Militärische Führung und Internationale Sicherheit“, das „German Institute for Defence and Strategic Studies“ (GIDS). Auf der anderen Seite gibt es aber auch wichtige Konstanten: „MENS AGITAT MOLEM“ – „Der Geist bewegt die Materie“ ist unverändert das Motto unserer Akademie.
Es ist der Leitgedanke unseres Handels und steht sinnbildlich dafür, dass wir hier das wichtigste „Waffensystem“ trainieren: Unseren Verstand. Unser Alleinstellungsmerkmal an der Führungsakademie ist die Fähigkeit, den bereits vorhandenen Werkzeugkasten von künftigen Führungskräften der Bundeswehr zu ergänzen sowie ihnen darüber hinaus das Handwerkszeug mitzugeben, eigene, neue Werkzeuge für Aufgaben und Herausforderungen von morgen zu entwickeln, die wir heute noch nicht kennen.
Was haben Sie selbst gelernt?
Mir ist wieder einmal sehr deutlich geworden, wie entscheidend neben einem gemeinsamen Zeichenvorrat Perspektivwechsel sind. Nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern insbesondere im internationalen Kontext und in einem bereichs- oder ressortübergreifenden Ansatz. Darüber hinaus hatte ich im Rahmen der Dienstaufsicht auch das Privileg, gezielt an Ausbildungsabschnitten teilzuhaben, die mich besonders interessieren: Übungen auf taktischer und operativer Ebene, Seminare der Fakultäten wie beispielsweise zu Hyperschall, Weltraum, Wargaming oder Multi-Domain-Operations, die Informationstage des internationalen Lehrgangs LGAI und sehr interessante Veranstaltungen des GIDS. Aber auch von unseren Lehrgangsteilnehmenden habe ich viele Ideen und Anregungen mitgenommen.
Wo sehen Sie noch Entwicklungspotenzial an der Führungsakademie? Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
Die langfristige Ausrichtung, der Kurs, wenn Sie so wollen, stimmt. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Aus meiner Sicht kommt es in den nächsten Monaten und Jahren darauf an, die langfristigen Ziele konsequent weiterzuverfolgen und gegebenenfalls nachzujustieren. Wir sollten aber auch verstärkt den Fokus auf die nahe Zukunft richten. Die Frage lautet: Was können wir heute ändern, damit es bereits ab morgen besser wird? Mit Blick auf den Status quo sehe ich in erster Linie zwei Bereiche, in denen wir besser werden können: Erstens, in der Verzahnung von einzelnen Ausbildungsabschnitten. Hierzu zählt auch der Blick über den, um es modern zu sagen, „Dimensionstellerrand“, also ein besseres Verständnis zwischen Land, Luft, See und Cyber. Diese dimensionsübergreifende Ausbildung ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal unserer Akademie. Hier lohnt sich meiner Meinung nach eine sowohl qualitative als auch quantitative Anpassung – Stichwort „Refokussierung auf Landes- und Bündnisverteidigung“.
Zweitens bin ich davon überzeugt, dass der von uns entwickelte Campus-Gedanke für die Führungsakademie der Zukunft neben Infrastruktur und Informationstechnik vor allem eines benötigt: Zeit. Insofern sehe ich die Entfrachtung der Lernpläne als entscheidende Größe – auch hier gilt das Stichwort „Refokussierung“, diesmal jedoch auf den Charakter einer Akademie.
Was werden Sie am meisten vermissen?
Neben der wunderschönen Stadt Hamburg, zu der ich auch eine persönliche Verbindung habe, da meine Frau und ich uns hier kennengelernt haben, werde ich die Interaktion mit den jungen Führungskräften vermissen. Ihnen gehört die Zukunft. Sie werden die Geschicke unserer Bundeswehr in den nächsten Jahren mit lenken und bestimmen. Und da bin ich voller Zuversicht! Direktor Ausbildung und damit verantwortlich für alle Lehrgangsteilnehmenden zu sein, war für mich eine sehr erfüllende Aufgabe. Der ehemalige amerikanische General und spätere Außenminister Colin Powell hat einmal gesagt: „Was könnte wichtiger sein, als die nächste Generation mit dem Charakter und der Kompetenz auszurüsten, die sie brauchen, um erfolgreich zu sein.“ Und das stimmt.
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