Transkription Veränderungsmanagement Teil 2

Transkription Veränderungsmanagement Teil 2

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
7 MIN

Moderator Fabian Malle:
„Herzlich Willkommen zur Folge zwei. In der letzten Folge haben wir es ja bereits angerissen, wir werden heute über ‚Widerstand‘ reden. Ich habe da mal etwas gelesen, man soll Betroffene zu Beteiligten machen. Was bedeutet das?“

Torsten Fischer:
„Ja, ein sehr häufig zitierter Satz. Hierzu habe ich eine kleine Anekdote mitgebracht. Ein Huhn und ein Schwein gehen zusammen die Straße herunter. Da sagt das Huhn zum Schwein: ‚Hey Schwein, ich habe da ein Projekt. Ich möchte gerne ein Restaurant aufmachen. Das wäre doch echt super, mach doch einfach mit.‘ Da sagt das Schwein: ‚Hmm, Restaurant? Ja, klingt ganz cool. Da habe ich auch Lust drauf, da mache ich mit. Aber Huhn, sag mal, was möchtest du eigentlich anbieten? Was soll als erstes auf die Karte?‘ Da sagt das Huhn: ‚Ist doch klar, Eier mit Speck‘. Da kann man mal ganz kurz darüber nachdenken, wer bei diesem Projekt der Betroffene und der Beteiligte ist. Das heißt, bei fast allen Projekten, bei allen Veränderungsprojekten, gibt es Menschen, die bei den Veränderungen etwas mehr betroffen sind, als andere. Und da gilt es auf jeden Fall, die so in den Veränderungsprozess mit einzubinden, dass sie zum einen fair behandelt werden und zum anderen auch sich mit einbringen können und dann gemeinsam zu guten Lösungen findet, insbesondere dann, wenn es ein schmerzhafter Veränderungsprozess ist.“

Moderator Fabian Malle:
„Mit Widerstand ist also zu rechnen, Frau Gallig.“

Jana Galling:
„Ja, mit Widerstand ist zu rechnen und ich würde dem Wort gerne die Schwere nehmen. Man könnte ja auf die Idee kommen, dass es etwas ist, was auf es auf jeden Fall zu vermeiden gilt und wenn Widerstand aufkommt, dann läuft etwas unrund. Das sehe ich gar nicht so. Denn das ist ein ganz natürlicher Prozessbestandteil einer Veränderung, die man Menschen aussetzt, die diese nicht selber gewählt haben. Dann ist früher oder später damit zu rechnen, dass da Ängste aufkommen, dass da Befürchtungen aufkommen, Menschen verlieren womöglich etwas. Und nicht nur eingebildet, sondern sie verlieren tatsächlich etwas. Dass da menschliche Reaktionen entstehen, ist vollkommen klar. Aus meiner Meinung lohnt sich aber tatsächlich ein zweiter Blick. Also bevor ich vorschnell sage ‚die Menschen sind im Widerstand‘ und sie dann auch wie Widerständler behandle, mit der Idee, es im Keim zu ersticken, es zu bekämpfen, oder noch härter, sie in irgendeine Maßnahme hineinzuzwingen, wäre meine Empfehlung zu schauen, was die Ursache ist. Worum geht’s denen eigentlich? Ich bemerke, dass es Menschen in Unternehmen gibt, und die gibt es sicherlich auch hier an der Führungsakademie der Bundeswehr, die sind hochengagiert. Die denken mit, die machen mit, die machen sich Gedanken. Die sind vielleicht von Haus aus etwas kritischer, als Leute, die sofort ‚Hurra‘ schreien, aber die sind toll an Bord zu haben. Und wenn ich mitkriege, jemand denkt mit und fragt nach ‚hat jemand daran gedacht, ist das nicht gemacht worden?‘, dann kommt es eventuell als Widerstand daher, aber da steckt unheimlich viel Potential dahinter. Denen also den Stempel ‚Widerständler‘ wegzunehmen und diese als potenziell Alliierte zu begreifen, mit denen ich gemeinsam an einer noch besseren Qualität für mein Veränderungsvorhaben arbeiten kann.“

Torsten Fischer:
„Ja, ganz genau. Widerstand ist im deutschsprachigen Raum ein sehr negativ belastetes Wort. Heute werden viele, dessen Äußerungen man als Widerstand sieht, häufig gebrandmarkt. Und das sind die Menschen, die, wie Frau Galling schon gesagt hat, am meisten interessiert sind, dass es auch funktioniert, dass es auch läuft und die Veränderung zum Erfolg läuft. Sie heben aber auch gerne den Finger und sagen: ‚So, wie ihr euch das vorstellt funktioniert das aber nicht‘. Oder: ‚Wir hatten aber schon einmal einen ähnlichen Fall und da sind folgende Probleme aufgetreten‘. Also Widerstand ist für mich erst einmal eine extrem wichtige Informationsquelle. Mich würde es als Führungskraft viel mehr beunruhigen, wenn wir irgendwas extrem Großes verändern würden und sich niemand meldet.“

Jana Galling:
„Das wäre komisch, ja.“

Torsten Fischer:
„Ja, da können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Menschen schon innerlich gekündigt haben und deswegen sollte man sich, auch wenn es schwerfällt, als Führungskraft viel mehr über Widerstand freuen, als sich drüber zu ärgern. Denn damit kann man arbeiten.“

Jana Galling:
„Absolut.“

Moderator Fabian Malle:
„Was tue ich denn als Chef, oder was tue ich denn als Mitarbeiter, wenn ich das Gefühl habe ‚der Chef will mir das unbedingt verkaufen und ich weiß nicht warum‘?

Torsten Fischer:
„Ja, das Thema habe ich auch schon häufig mit Lehrgangsteilnehmern diskutiert. Und zwar neigen Führungskräfte gerne dazu, so eine Marketingshaltung einzunehmen. Das heißt, sie meinen, irgendeine Veränderung verkaufen zu müssen. Das heißt auch die negativen Seiten einer Veränderung nicht auf den Tisch zu packen oder sie unter den Tisch fallen zu lassen. Und das ist eben nicht gut, denn wenn ich etwas verkaufen möchte, etwas anpreise, dann lehnen sich die Mitarbeiter zurück und nehmen eine angenehme Kundenhaltung an und sagen ‚Ja gut, wenn er mir das jetzt also verkaufen will, dann ist es bestimmt nicht so toll, wie es hier skizziert wird‘. Und sagen eben auch: ‚ja gut, wenn ich hier mitmache, was kriege ich dafür?‘. Das ist keine gute Basis, um gemeinsam erfolgreich Veränderung zu pushen.“

Jana Galling:
„Ja, wenn wir über Veränderung sprechen, dann kann ich sie eben verkaufen, wie Du es eben gesagt hattest, oder ich kann locken und so blühende Wiesen versprechen und der Topf Gold auf dem Berg, wo es sich lohnt, darauf zu gehen und den dann zu bekommen. Ja, das blaue vom Himmel aus der Sicht, auch wenn es unglaubwürdig ist bei den Mitarbeitern, dann ist es eher abschreckend. Das wäre so eine Hinzumotivation. Ich kann aber auch weg von Motivation arbeiten und sagen: ‚So, ok, was ist denn, wenn alles so weiterläuft und wir uns nicht verändern? Wo stehen wir dann in einem Jahr? In fünf Jahren? In zehn Jahren? Was ist dann mit unserem Wettbewerbsumfeld?‘ Also ist das sozusagen ein schönes Szenario? Auch das kann ich mit ins Spiel bringen. Da geht es auch nicht darum, zu verkaufen, oder jemanden zu überreden, irgendwo hinzustoßen. Es geht darum, zusammen einfach alle Punkte zu beleuchten und eben auch den Rahmen zu stecken ‚wir können hier ehrlich und wahrhaftig miteinander sein‘. Blöd ist immer, wenn ich ein Umfeld kreiere, wo die Mitarbeiter das Gefühl haben, sie müssen jetzt Fan sein, oder sie dürfen keine Argumente dagegen haben, weil das nicht gerne gehört wird.“

Torsten Fischer:
„Sonst ist man ja der Widerständler.“

Jana Galling:
„Sonst ist man ja der Widerständler, ja. Und dann lernen sie: ‚Ok. Egal, was ich zu sagen habe, keiner hört mich, keiner hört meinen Beitrag. Die blutige Nase hole ich mir jetzt nicht nochmal.‘ Das heißt aber nicht, dass sie dafür sind, sondern einfach nur, dass sie gelernt haben, dass es nichts bringt zu sagen, was ihnen hier durch den Kopf geht. Das wäre schade. Und es ist auch klar: so kriege ich keine kritische Masse in Schwung. So habe ich mir eine Unternehmenskultur mitgestaltet, von Menschen, die ‚complient‘ sind, also die sich fügen, aber nicht so wirklich bei der Sache sind.“

Torsten Fischer:
„Und die sich dann auch nicht so intrinsisch für die Veränderung einsetzen. Man hört ja auch gerne den Spruch ‚man muss Menschen mitnehmen‘. Und bei diesem Spruch zucke ich innerlich immer so ein bisschen zusammen, weil es für mich immer so etwas von Verschleppung hat; vom physischen Mitreißen. Unsere Führungskräfte sind ja auch keine Busfahrer, die in Anführungsstrichen nur ‚Menschen mitnehmen‘ sollen. Aus meiner Sicht sollten sie eher so einen Rahmen schaffen, in dem man sich über solche Themen unterhalten kann, wo man auch offen diskutieren kann. Ist das eine zielführende Veränderungsmaßnahme? Oder wie machen wir sie zielführend? Eben den Weg dafür bereiten, dass sie den Weg auch selber gehen können. Sie brauchen keinen Bus, sie können den Weg selber gehen und vielleicht sogar vorweg gehen.“

Moderator Fabian Malle:
„Der Erfolg vom Veränderungsmanagement steht und fällt also mit den Fähigkeiten einer Führungskraft?“

Jana Galling:
„Es spielt auf jeden Fall eine Rolle würde ich sagen. Es ist ein Faktor in dem Ganzen, ja.“

Torsten Fischer:
Also nicht nur, aber eine Führungskraft spielt da auf jeden Fall eine zentrale Rolle. Jeder schaut auf die Führungskraft, insbesondere, wenn sie selber von der Veränderung betroffen ist und die Verhaltensweisen ebnen dann eben auch den Weg für den Rest der Veränderung. Wird nur Wasser gepredigt und dann Wein getrunken, dann kann ich auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass da nicht jeder in die Hände klatscht, wenn die Führungskraft das nicht selber vorlebt, was sie von ihren Mitarbeitern in der Veränderung einfordert.“

Moderator Fabian Malle:
„Das Thema ‚Führungskraft‘ scheint damit wohl eins der entscheidenden Faktoren zu sein und ist damit ein ganzer Themenblock für sich, den wir dann auch wahrscheinlich ganz gut in der nächsten Folge behandeln können. Ja, wir haben heute über Widerstand geredet und wie wir diesen Widerstand eventuell überwinden können. Vielen Dank und schalten Sie wieder ein!„

von Führungsakademie der Bundeswehr   E-Mail schreiben