Sie sind rund um die Uhr für die Führungsakademie da

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Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
5 MIN

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„Wenn Menschen Sorgen und Ängste haben, spielt Zeit keine Rolle“, sagt Oberfeldarzt Sascha Glistau. Ein paar Minuten später klingelt schon wieder sein Telefon. Es steht seit dem ersten bestätigten Coronavirus-Fall an der Führungsakademie der Bundeswehr nicht mehr still. Gleiches gilt für das Smartphone des Leitenden Sanitätsoffiziers, Oberstarzt Dr. Thorsten Schütz, der sich derzeit in der häuslichen Absonderung befindet und von zu Hause aus Rede und Antwort steht. Die beiden Sanitätsoffiziere haben rund um die Uhr ein offenes Ohr für die Sorgen von Akademieangehörigen, deren Familien und Arbeitgeber.

Der Leitende Sanitätsoffizier, Oberstarzt Dr. Schütz (links), und Oberfeldarzt Glistau beantworten Fragen zum Coronavirus

Der Leitende Sanitätsoffizier, Oberstarzt Dr. Thorsten Schütz (links), und Oberfeldarzt Sascha Glistau beantworten Fragen zum Coronavirus

Collage: Führungsakademie der Bundeswehr/Marie Kellermann, Fotos: Führungsakademie der Bundeswehr

Was darf ich in Zeiten von Corona noch tun? Was sollte ich lieber bleiben lassen? Kann ich mich noch um pflegebedürftige oder kranke Familienangehörige kümmern oder stelle ich eine zu große Gefahr dar? Es sind Fragen, die mit dem Auftreten des ersten Coronavirus-Falls an der Akademie häufig gestellt wurden, erzählt Schütz. Die Anrufer suchten nach Orientierung, nach einer Art Anleitung, wie sie handeln sollen. Schütz und Glistau können jedoch nur Empfehlungen geben, denn es gibt keine Erfahrungswerte, wie mit einem solchen Virus umgegangen werden kann. „Wir haben alle eine Lernkurve hingelegt. Es war absehbar, dass wir irgendwann einen Fall an der Führungsakademie haben werden. Unsere Lehrgangsteilnehmenden und Mitarbeitenden kommen aus allen Ecken Deutschlands“, sagt der Leitende Sanitätsoffizier. Wichtig war es, sofort zu handeln und Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz in die Wege zu leiten. Die Konsequenz: Der Lehrbetrieb wurde erst einmal eingestellt. „Das oberste Ziel ist es, dass sich die Infektion nicht unkontrolliert ausbreitet“, erklärt Schütz. Dann ging es darum, viele Informationen über das Virus und das weitere Vorgehen zu sammeln. Die Sanitätsoffiziere stimmten sich mit der Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben (ÖRA) der Bundeswehr ab, die in der Truppe die Aufgaben eines Gesundheitsamtes wahrnimmt. „Zuerst ging es darum, herauszufinden, wer mit dem Infizierten Kontakt hatte. Die Informationen wurden an die Gesundheitsaufseher der ÖRA weitergeleitet, damit diese dann mit den entsprechenden Personen in Kontakt treten konnten, um das individuelle Risiko abzuklären“, sagt Glistau. Die Kontaktpersonen wurden in die häusliche Absonderung geschickt. Etwa 50 vor allem internationale Lehrgangsteilnehmenden durften die Clausewitz Kaserne seither nicht mehr verlassen.

Homofficearbeitsplatz Dr. Thorsten Schütz

Das Telefon am Ohr, die Mails im Blick: Der Leitende Sanitätsoffizier, Dr. Thorsten Schütz, arbeitet in diesen Tagen von zu Hause

Dr. Thorsten Schütz/privat

Ziel: Informationslücken per Telefon schließen

Parallel dazu stieg der Beratungsbedarf bei der militärischen Führung, bei Soldaten, ihren Familien und deren Arbeitgebern. „Unsere Aufgabe ist es, unser Haus zu beraten. Wir ordnen keine Maßnahmen an. Das macht die ÖRA“, stellt Schütz klar. Nur die ÖRA kann die Maßnahmen auch wieder aufheben. Die Anordnungen sind bindend. Das erzählen Glistau und Schütz auch den Anrufern. Mehrere hundert Telefonate haben sie allein in der ersten Woche geführt. „Wir wollten und wollen auch immer noch die Informationslücken schließen“, sagt Oberfeldarzt Glistau. Die Gespräche haben ihm und dem Leitenden Sanitätsoffizier eines verdeutlicht: „Menschen nehmen das Risiko unterschiedlich wahr – von einer ‚Unterwahrnehmung‘ bis zu einer ‚Überwahrnehmung‘. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte“, sagt Schütz. Vor allem Vernunft sei nun gefragt. Denn die Infektionszahlen in Deutschland steigen dynamisch. „Man könne sagen, dass das Virus die Siebenmeilenstiefel anhat. Jeder Patient, jeder positiv Getestete steckt im Durchschnitt zwei bis drei Menschen an. Zudem liegt die Inkubationszeit, also die Zeit, die zwischen einer Infektion und dem Auftreten erster Symptome vergeht, bei einem Tag bis zu 14 Tagen“, sagt der Oberstarzt. Jede Atemwegserkrankung hat ähnliche Symptome – das sei auch das Tückische an SARSSchweres Akutes Respiratorisches Syndrom-CoV-2, wie das Virus von Medizinern genannt wird. Nur ein Test kann darüber Auskunft geben, ob sich jemand mit Corona infiziert hat. Sinn macht dieser jedoch nur, wenn Symptome vorliegen. „Mit den Tests wird nicht das Virus selbst, sondern die Immunantwort darauf getestet“, sagt Glistau.

Oberfeldarzt Sascha Glistau tütet Desinfektionsmittel, Mundschutz und Informationsmaterial ein

Oberfeldarzt Sascha Glistau tütet Desinfektionsmittel, Mundschutz und Informationsmaterial, für die Lehrgangsteilnehmenden in der Kaserne ein

Führungsakademie der Bundeswehr/Sophie Düsing

„Wir sind hier an der Führungsakademie keine Insel“

Acht Angehörige der Führungsakademie der Bundeswehr haben sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Weitere Testergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet. „Wir können noch nicht davon ausgehen, dass wir die Krise schon überwunden haben. Die häusliche Absonderung endet für viele am 23. März 2020 um Mitternacht. Dann sind die 14 Tage Inkubationszeit vorbei. Erst dann wissen wir, wer sich noch angesteckt haben könnte“, betont Schütz und verweist darauf, dass die Maßnahmen, die ergriffen wurden, richtig waren. Doch auch nach dem 23. März 2020 können sich Personen mit dem Virus infizieren, das ist den beiden Sanitätsoffizieren bewusst – „wir sind hier an der Führungsakademie keine Insel“. Die acht nachweislich infizierten Personen von der höchsten militärischen Ausbildungsstätte in Deutschland befinden sich zu Hause. Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut. Die Soldaten, die sich derzeit in den Stuben in der Kaserne befinden, dürfen sich auf dem Gelände frei bewegen. Sie erhalten - unter Tragen von Mundschutz und Handschuhen - morgens ein Lunchpaket vor der Truppenküche. Dieses dürfen sie sich unter Einhaltung von genügend Abstand abholen. Zudem erhalten sie Snacks und Getränke sowie abends eine warme Mahlzeit vom Verein Gemeinsame Heimgesellschaft, kurz GHG. Auch diese dürfen aus Sicherheitsmaßnahmen nicht in den Räumlichkeiten der GHG verspeist werden. Sollte sich dieser Tage jedoch jemand in der Kaserne mit Corona infizieren, dann werden die Maßnahmen verschärft. Die Personen dürfen dann ihre Stube nicht mehr verlassen, das Essen bekommen die Infizierten auf ihr Zimmer geliefert. „Die Betreuung wird sich verändern und die jetzigen Freiheiten werden eingeschränkt“, sagt Glistau zu den möglichen Maßnahmen.

Informationen und Schutzausrüstung für die Führungsakademie

Diese Informationen und Schutzausrüstung bekommen die Kontaktpersonen in der Kaserne ausgehändigt

Führungsakademie der Bundeswehr/Sophie Düsing

Telefon klingelt auch nachts

Je mehr Zeit vergeht, desto unterschiedlicher werden auch die Fragen, mit denen Glistau und Schütz konfrontiert werden. Kann ich die häusliche Absonderung verlassen und zu meiner Familie fahren? Was kann ich tun, wenn ein Familienangehöriger Symptome aufweist, um mich testen zu lassen? Wer kümmert sich um den Nachschub von Dingen des täglichen Bedarfs wie Deo, Schutzmasken und Putzmaterialien in der Kaserne? Und wer reinigt eigentlich die Stuben? „Menschen, die Sorgen und Fragen haben, rufen rund um die Uhr an. Wir bemühen uns auch, alle Fragen zu beantworten“, sagen die Sanitätsoffiziere. Zudem wurde und wird auch immer noch eine Betreuung sieben Tage die Woche in der Kaserne gewährleistet. „Die Punkte können mitten in der Nacht und am Sonntagvormittag auftreten. Es ist wichtig, schnelle Lösungen und Hilfe anzubieten. Das war auch die Aufgabe von Stabsfeldwebel Thomas Wachsmuth und mir in den letzten zehn Tagen, diese durchgängige Ansprechbarkeit in der Kaserne sicherzustellen“, sagt Oberfeldarzt Glistau. Langeweile kommt in diesen Tagen gewiss nicht auf: So mussten sie auch kurzfristig den Wachdienst übernehmen, weil die eingeteilten Kameraden als Kontaktpersonen eingestuft wurden. Auch wenn der Dienst zu Zeiten von Corona sicherlich kein einfacher ist, wollen Oberstarzt Dr. Schütz und sein Team weiterhin rund um die Uhr tatkräftig unterstützen – denn „wenn Menschen Sorgen und Ängste haben, spielt Zeit keine Rolle.“


von Sophie Düsing  E-Mail schreiben

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Zusatzinformation

Die häusliche Absonderung ist die mildeste Form, um Außenkontakten zu vermeiden“, erklärt Oberfeldarzt Glistau. Sie bietet die Möglichkeit – unter Beachtung von Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Mundschutz und regelmäßiges Händewaschen –, beispielsweise einkaufen zu gehen. Jedoch muss das Risiko für andere so gering wie möglich gehalten werden. Das bedeutet vor allem, dass diese Menschen Abstand zu anderen Personen halten und die sonstigen sozialen Kontakte eingestellt werden müssen. Die Quarantäne ist ein Schritt, der für die nachweislich Infizierten angeordnet wird. „Die Personen, die positiv getestet wurden, dürfen die häusliche Umgebung nicht verlassen. Wenn Personen davon betroffen sind, die alleine leben, dann muss man darüber nachdenken, diese Menschen in einer Kaserne häuslich zu isolieren, um die Versorgung sicherzustellen.“ Eine Quarantäne muss zudem immer überwacht werden. Das Gesundheitsamt überprüft bei Besuchen oder mit Anrufen, ob die Person zu Hause ist.
 

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