Manöveranpfiff für neuen Kommandeur an der Führungsakademie
Manöveranpfiff für neuen Kommandeur an der Führungsakademie
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
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Es ist das Symbol der Kommandoübergabe an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg: Flottillenadmiral Ralf Kuchler hält die Truppenfahne in seinen Händen. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, überträgt ihm die Leitung der höchsten militärischen Ausbildungsstätte der Bundeswehr.
Vor genau 20 Jahren nahm er am 45. Generalstabs-/Admiralstabsdienstlehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr teil. Jetzt ist Flottillenadmiral Ralf Kuchler an seine ehemalige Ausbildungsstätte zurückgekehrt. Auf dem Sportplatz der Clausewitz-Kaserne nehmen ihn mehr als 750 Menschen in Empfang – darunter der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, der zu diesem Zeitpunkt noch aktive Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr, Generalmajor Oliver Kohl, der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, und die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Aydan Özoğuz.
Die Ehrenformation bilden das Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung und das Marinemusikkorps Kiel. Letzteres untermalt mit Musikstücken wie „Hammonia Landeshymne Hamburg“ oder dem „Altniederländischen Dankgebet“ das militärische Zeremoniell. Doch bevor die feierliche Übergabe seinen Höhepunkt erreicht, richtet sein Vorgänger, Generalmajor Oliver Kohl, ein paar Worte an Mitarbeitende und Lehrgangsteilnehmende.
„Kein Stein auf dem anderen geblieben“
Fünf Jahre lang leitete er die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. In dieser Zeit hatte er, wie er sagt, „die Möglichkeit, in einem kleinen Anteil die Entwicklung unserer Bundeswehr mittelbar mitzugestalten.“ In Zahlen ausgedrückt: 1200 Teilnehmende in den nationalen und internationalen General-/Admiralstabsdienstlehrgängen, 3000 Lehrgangangsteilnehmende im Basislehrgang Stabsoffizier und 7000 Teilnehmende in den Modulen.
Zudem hat er den Grundstein für die digitale Ausbildungsakademie gelegt.
„Ich habe Ihnen, wir haben uns, einiges zugemutet: Denn an der Akademie ist in Sachen Methodik, Didaktik und Lernfeld insgesamt kein Stein auf dem anderen geblieben – zumindest haben wir alle einmal angefasst.“
Als Richtschnur nannte Generalmajor Kohl die vier Ausbildungsgrundsätze der Führungsakademie: solide Fachlichkeit, breite Bildung, charakterliche Lauterkeit und den Mut zum Diskurs.
Der Wandel zur Denkfabrik, die Gründung des German Institute for Defence and Strategic Studies als auch des Doktrinzentrums der Bundeswehr fielen in seine Amtszeit. „Gute Entscheidungen basieren auf guter und klarer Beratung“, so Generalmajor Kohl, der dies auch in Gesprächen mit Lehrgangsteilnehmenden immer wieder betont hat. „Wenn gerade wir, die Offiziere, nicht willens oder in der Lage sind, im tiefsten Frieden unsere eigenen, sachlich fundierten Überzeugungen auch gegen eine vermeintliche Erwartungshaltung unseres Gegenübers offen zu äußern, wie wollen wir dann mutige Entscheidungen in Krise und Krieg, über Leben und Tod fällen?“
Drei Wünsche zum Abschied
In seiner Rede gedenkt er zudem ehemaligen Weggefährten, „denen es nicht vergönnt war, den Weg weiter mit uns und ihren Familien zu gehen.“ Er wünsche sich, dass sich weniger über die Mentalität des „Nachwuchses“ beklagt werde und die „Jungen Wilden“ zu ihrer Meinung stehen. Sein Motto: „Nicht so viel reden, einfach mal machen!“
Doch auch seinem Nachfolger und den Akademieangehörigen gab er noch etwas mit auf dem Weg. Er sprach von einer „Mammutaufgabe“, in der nun auch die Inhalte der Führungsakademie grundlegend überprüft werden sollten: „Sind die Lernfelder nach Art und Umfang noch die richtigen? Sind die großen Themen unserer Zeit angemessen oder überhaupt schon in der Lehre berücksichtigt.“ Zum Abschied seiner Rede erklingt das Lied „My Way“ von Frank Sinatra. Generalmajor Kohl wird als Amtschef zum Streitkräfteamt nach Bonn wechseln.
„Kommandoübergabe in bewegten Zeiten“
Unter den Gästen ist der Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher. Er spricht von einer „Kommandoübergabe in bewegten Zeiten“. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine habe die internationale Sicherheitsordnung grundlegend verändert, so der Erste Bürgermeister. „Es ist wieder deutlich geworden, Frieden und Sicherheit in Europa sind nicht selbstverständlich. Sie müssen gesichert und verteidigt werden.“ Und genau da nimmt die Führungsakademie eine wichtige Rolle ein: „Wir brauchen eben ganz besonders hervorragend ausgebildete Führungskräfte und Entscheidungsträger bei der Bundeswehr und den Streitkräften unserer Partner. Dafür sorgt die Führungsakademie mit einem umfassenden und den Anforderungen der Zeit entsprechenden Aus- und Fortbildungsprogramm.“
Die Zeitenwende ist das beherrschende Thema in der Bundeswehr. Das wird auch in der Rede des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Carsten Breuer, deutlich. Sie „erfordert vielmehr die Gedankenwende in unseren Köpfen. Wir müssen gewinnen können und gewinnen wollen. Das bedeutet für die gesamte Führungsriege der Bundeswehr, zivil und militärisch: Entscheidungen treffen zu wollen und treffen zu können. Auch wenn die Lage unklar und komplex, die Gefahr groß, der Ausgang ungewiss ist.“ Das „fachliche Können und das richtige Handwerkszeug“ gepaart mit „Mut, Empathie und charakterlichen Festigkeit“ sei erforderlich.
„Die Zeitenwende entscheidet sich in klugen Köpfen. Und die klügsten Köpfe kommen hier an der Führungsakademie zusammen.“
Kurs halten und auf Kurs bringen
Er bedankte sich bei Generalmajor Oliver Kohl für seine Verdienste: „Die Führungsakademie genießt weltweit höchstes Ansehen, das Sie in Ihrer Amtszeit weiter ausgebaut haben. Ohne den Austausch mit unseren Wertepartnern, unseren Partnern und Alliierten können wir in der Zeitenwende nicht bestehen.“ Dann wendet sich der Generalinspekteur an Flottillenadmiral Ralf Kuchler, der bis vor Kurzem sein Büroleiter im Verteidigungsministerium war. Davor war er Kommandeur der Einsatzflottille 2 in Wilhelmshaven. Perfekte Voraussetzungen, um „die Führungsakademie im wahrsten Sinne des Wortes auf Kurs zu halten und immer wieder auf Kurs zu bringen.“
Neben Admiral Kuchler bezieht er auch seine Crew, die Angehörigen der Führungsakademie, in seiner Rede mit ein: „Sie müssen vorangehen! Denn die Zeitenwende fordert uns alle. Es steht nicht weniger auf dem Spiel als unsere Sicherheit, als unsere Freiheit. Daher muss mein Anspruch an die Führungsakademie als Maschinenraum der Gedankenwende hoch sein. Schärfen Sie Ihre Entscheidungskompetenz, vermitteln Sie Mut, fordern Sie sich und andere heraus. Denn bei einer ,Wende‘ erfolgt ein Kurswechsel, bei dem das Schiff mit dem Bug durch den Wind geht. Der Gegenwind ist also fester und erwarteter Bestandteil dieses Manövers! Auf ,Kurs am Wind‘ sind wir schon, doch nun heißt es: ,Klar zur Wende‘!“
Und dann wird es ernst: Der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, überträgt das Kommando der höchsten militärischen Ausbildungsstätte der Bundeswehr von Generalmajor Oliver Kohl an Flottillenadmiral Ralf Kuchler. Die Nationalhymne erklingt. Danach meldet der neue Kommandeur den Übergabeappell ab. Es ist Zeit, gemeinsam mit seiner Crew, ein neues Manöver zu starten.