Jeder ist mindestens einmal im Jahr bei mir
Jeder ist mindestens einmal im Jahr bei mir
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 3 MIN
Hauptmann Andre R. arbeitet im S3-Bereich an der Führungsakademie der Bundeswehr. Wie seine Aufgaben aussehen und welche Geschichten ihm von internationalen Lehrgangsteilnehmenden besonders in Erinnerung geblieben sind, berichtet er hier.
Ja, was mache ich hier? Ich bin der S3-Offizier und damit die Verbindung zwischen der Führungsakademie und dem Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst International (LGAI). Ich arbeite vor allem für den Lehrgangsleiter, Oberst i.G. Frank W. Meine Schwerpunkte sind dabei: Reisevor- und Nachbereitungen, Befehlsgebungen und Befehlsmitzeichnungen, die Abstimmungen mit dem Dezernat Protokoll, die Jahresvorhabenplanung, die Ausbildungsthemen – eben „klassische“ S3-Aufgaben.
Und eine meiner Hauptaufgaben für die internationalen Lehrgansteilnehmer ist, dass ich mich mit der Ausländerbehörde Hamburgs auseinandersetze. Da geht es vor allem um die Aufenthaltstitel für alle ihre Familienangehörigen: die rechtlichen Voraussetzungen, dass sie hier sein dürfen.
So ist jeder internationale Lehrgangsteilnehmende mit Familie mindestens einmal im Lehrgangsjahr bei mir. Wir sorgen dafür, dass die Familien nachkommen können, führen sie zusammen und sorgen dafür, dass alle erforderlichen Dokumente vorliegen und fristgerecht bei der Behörde eingereicht werden können. Das ist bei unserem deutschen Bürokratiewahnsinn oft nicht so einfach.
Geschichten, die nachhaltig beeindrucken
Das klingt erstmal nicht so spannend und nach viel Papierkram – ist es grundsätzlich auch; aber die Menschen dahinter und oft auch die Geschichten, die sie erzählen, können einen schon nachhaltig beeindrucken. Und wenn Familie dranhängt, dann macht man einfach alles möglich; versucht es zumindest!
Über die Jahre hat sich dabei eine wirklich gute Zusammenarbeitsbeziehung mit der Ausländerbehörde in Altona entwickelt. Die Lehrgangsteilnehmenden bekommen oft monatelange keine Antwort; aber wenn wir uns einschalten, kann ganz viel sehr schnell und zielgerichtet organisiert werden. Insbesondere die Aufenthaltserlaubnis für Familienangehörige ist in der Bearbeitungszeit dann wesentlich kürzer.
Wir suchen nach Lösungen
Oft helfen wir dann auch bei der Suche und dem Anmieten von Wohnungen. Grundsätzlich werden 27 Wohnungen von der Bundeswehr dauergemietet: nicht nur für den internationalen, sondern auch für den nationalen Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst. Manchmal reichen die dann nicht aus: weil mehr Teilnehmende mit ihrer Familie außerhalb der Kaserne untergebracht werden wollen.
Dann suchen wir Lösungen und das kann darin enden, dass ich zwischen Weihnachten und Neujahr – mit einem Akkuschrauber bewaffnet – ein Bett aufbaue für eine Familie, die noch am selben Tag aus Hürth anreist, wo sie ihre Zeit am Bundessprachenamt verbracht haben. Andere hingegen sind finanziell sehr gut gestellt; die suchen sich selber Wohnungen. Es bleibt einfach immer spannend.
Eine Familie mit 24 Koffern
Und richtig spannend ist immer auch die Ausschleusung am Ende des Lehrganges: Wir kümmern uns um die passenden Flüge und bringen alle pünktlich zu ihren jeweiligen Abflugterminen. Weil wir ja die günstigsten Flüge finden wollen, passiert es dann schon mal, dass wir mit Reisebussen nach München, Frankfurt oder, wie zuletzt, sogar nach Paris fahren.
Manche Familien gerne auch mit 24 Koffern. Kein Scherz! Dann ist ein Kleinbus schnell voll. Um die Flugtickets selbst kümmert sich das Streitkräfteamt. In der Coronazeit mussten wir natürlich ganz unterschiedliche Einreisevorschriften in den verschiedenen Ländern berücksichtigen. Da konnte ich mich nach einigen Monaten fast schon als einen „Coronaexperten“ bezeichnen.
Viele spannende Anekdoten
Und ich erinnere mich an eine ganz spannende Anekdote: Ein Lehrgansteilnehmer aus der Mongolei wurde vor zwei Jahren ab Köln (Wahn) von einer Transportmaschine der Bundeswehr zunächst mit nach Afghanistan genommen, damit er dann mit seinen mongolischen Kameraden, die in Afghanistan ihren Auslandseinsatz beendeten, zurück konnte in die Mongolei.
Problem war mal wieder: die zahlreichen Koffer. Aber weil er eben nicht Commercial geflogen ist, war das kein Problem mehr. Nur der Rest des Lehrganges fragte sich, warum er so viele Koffer mitnehmen durfte – und sie nicht. Mit unserer Luftwaffe fliegen ist eben besonders angenehm zu fliegen! Die Probleme mit zivilen Fluggesellschaften müssen sie dann oftmals selbst lösen. Wir können sie nur zum Flughafen bringen…
In der Ruhe liegt die Kraft
Bei meinen Aufgaben kommt es letztlich besonders darauf an, geduldig zu bleiben und Ruhe zu bewahren; gerade bei externen Stellen macht immer „der Ton die Musik“. Und eine Lösung haben wir immer gefunden: egal wie abwegig sie zunächst erschien – oder wie kreativ wir werden mussten. Dafür lohnt es sich auch, jeden Morgen neu aufzustehen.