Eine Freundschaft fürs Leben
Eine Freundschaft fürs Leben
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Im Interview sprechen Inès Freifrau von G. und Major B. über ihre frischvollzogene Patenschaft, mögliche gemeinsame Unternehmungen und den Krieg in der Ukraine.
Frau von G., Was motiviert sie dazu, diese Patenschaft zu übernehmen?
Frau von G.: Durch die räumliche Nähe, die ich zur Führungsakademie der Bundeswehr habe, habe ich über die Jahre immer Offiziere zur S-Bahn laufen sehen und gedacht: Wer kümmert sich eigentlich um sie? Sie sind Gäste in unserem Land und sind auf sich selbst gestellt. Ich persönlich wollte eine Hand reichen, weil ich gesehen habe, dass da Leute sind, die sich sicher über ein bisschen mehr Integration freuen würden. Verwandte von mir absolvierten Lehrgänge an der Führungsakademie und stellten mir Soldaten vor. Freunde haben mich dann angesprochen, dass man auch Patenschaften an der Führungsakademie übernehmen könnte und ich war begeistert.
Herr Major, sind Sie das erste Mal in Deutschland?
Major B.: Ich war schon mehrmals in Deutschland. Teilweise bin ich auch in Deutschland aufgewachsen. Mein Vater hat hier für eine kurze Zeit als Militärattaché in der ukrainischen Botschaft gearbeitet. Als ich zehn Jahre alt war, sind wir zunächst nach Bonn, später nach Berlin gezogen. In der Hauptstadt habe ich dann auch eine deutsche Schule besucht. Später wurde mein Vater in die Schweiz versetzt. Auf diese Weise konnte ich zwei Jahre die deutschsprachige Schweiz und Bern kennenlernen. Ich ging auf ein Gymnasium und habe dort heute noch viele Freunde. Als mein Vater zurück in die Ukraine versetzt wurde, habe ich dort studiert und mich entschlossen, ein Offizieranwärter zu werden. Außerdem war ich später mehrmals zum Familienbesuch in Deutschland, als meine Eltern wieder in Berlin wohnten. Aus diesem Grund kenne ich die deutsche Hauptstadt auch sehr gut.
Was wünschen Sie sich beide von der Patenschaft? Was wollen Sie unternehmen?
Major B.: Darüber haben wir noch nicht wirklich gesprochen. Ich bin aber wirklich gespannt darauf. Ich habe bisher Deutschland sehr gut kennengelernt. Ich freue mich darauf, meine Paten kennenzulernen und ich bin wirklich begeistert. Frau von G. macht einen freundlichen und lebensfrohen Eindruck. Man fühlt sich in Hamburg nicht nur willkommen, sondern man spürt auch, dass die Menschen offen sind.
Frau von G.: Wir müssen uns natürlich erst richtig kennenlernen und schauen, welche Interessen zueinander passen. Ich möchte dem Major verschiedene Sachen zeigen, was man in Deutschland kulturell nicht unbedingt wahrnimmt oder wie Hamburg historisch und wirtschaftlich gewachsen ist: Wie hat sich die Stadt entwickelt? Wie sind die Häfen und die Hanse entstanden? Warum haben wir keine geraden Straßen in Hamburg? Warum gibt es hier keine Adelstitel – und lediglich Geflohenen? Wie verhält es sich mit den kulturellen Vorlieben der Deutschen in anderen Regionen? Durch meine eigenen Erfahrungen kann ich hier einige Anekdoten erzählen.
Frau von G., Sie sind ja noch nicht lange im Patenprogramm. Wie sind Ihre Erfahrungen bisher?
Frau von G.: Für mich ist es jetzt das zweite Jahr. Mein letzter Patenoffizier kam aus Argentinien, der mit Familie und Kindern da war. Wir haben uns auch super verstanden. Aber sie hatten leider wenig Zeit und waren jedes Wochenende eigentlich unterwegs. Natürlich war das sehr schön für die Patenfamilie, aber für gemeinsame Aktivitäten blieb wenig Raum.
Frau von G., waren Sie schonmal in der Ukraine?
Frau von G.: Nein, leider nicht. Ich war auch noch nicht wirklich in Osteuropa.
Major B.: Das müssen wir auf jeden Fall später korrigieren.
Herr Major, aus welchem Teil der Ukraine stammen Sie?
Major B.: Ich komme direkt aus Kyiv. Ich bin auch in unmittelbarer Nähe von Kyiv geboren worden, aber mit zwei Jahren bin ich mit meiner Familie in die Hauptstadt gezogen.
Wie haben Sie den Krieg in Ihrem Heimatland bisher erlebt? Sie sind ja gerade in Deutschland. Wie nehmen Sie den Krieg von hier aus wahr?
Major B.: Eigentlich war geplant, dass ich schon im vergangenen Januar nach Deutschland zum Lehrgang komme. Als am 24. Februar 2022 der Krieg begann, habe ich die Bewerbung erstmal pausiert. Es ging erst einmal darum durchzuhalten und von Tag zu Tag zu denken. Es war keine Frage für mich, dass die Verteidigung meines Heimatlandes höchste Priorität genoss. Über etwas anderes habe ich auch keinen Gedanken verloren. Anfang April hat die deutsche Seite nochmal vorsichtig im ukrainischen Verteidigungsministerium nachgefragt, ob ich zum nächsten LGAI-Lehrgang kommen möchte. Als dann die erneute Beorderung nach Deutschland zum Lehrgang kam, war das für mich eine große Überraschung. Mir wurde dann bewusst, dass nicht jeder Soldat unmittelbar im Gefecht sein muss. Wir müssen auch einen Schritt weiter in die Zukunft denken. Es müssen auch jüngere Offiziersgenerationen die Chance haben, gut ausgebildet zu werden, um später an entsprechender Stelle seinem Land dienen zu können. Wir gehen Richtung Europa, wir gehen Richtung NATONorth Atlantic Treaty Organization, deshalb brauchen wir Soldaten, die international ausgebildet werden.