Ein Netzwerk und gute Freunde aus anderen Kontinenten

Ein Netzwerk und gute Freunde aus anderen Kontinenten

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
4 MIN

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340 Tage lang war Fregattenkapitän Rodrigo Da Silva Ribeiro an der Führungsakademie der Bundeswehr zum Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst International. Der brasilianische Stabsoffizier blickt auf insgesamt zwei Jahre in Deutschland zurück, zieht Vergleiche zur Heimat und berichtet von seinen Erlebnissen in der Fremde.

Ein Porträt von Fregattenkapitän Ribeiro, Teilnehmer des LGAI

Fregattenkapitän Rodrigo Da Silva Ribeiro aus Brasilien ist Teilnehmer am Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst International 2021

Christian Gelhausen/Bundeswehr

Fußballspielen, Mallorca-Urlaub und Currywurst – würden Sie dabei an einen Brasilianer denken? Fregattenkapitän Rodrigo Da Silva Ribeiro probierte alles aus, was er vom deutschen Lebensstil gehört hatte. Natürlich nur in seiner Freizeit und nicht während des Lehrgangs Generalstabs-/Admiralstabsdienst international an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.
Dabei war dem 42-Jährigen vor allem wichtig „ein Netzwerk zu anderen Ländern und internationale Beziehungen aufzubauen“. Neben der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beschäftigten sich die Lehrgangsteilnehmenden in den Seminaren mit den Strukturen und Arbeitsweisen der Europäischen Union und dem Konzept der Inneren Führung. Sie lernten die Politik, Kultur, Geschichte und Wirtschaft Deutschlands kennen. „Für mich persönlich war die Arbeitsweise der Deutschen Marine und der NATONorth Atlantic Treaty Organization besonders spannend“, so Ribeiro.

Ribeiro auf dem Flugdeck der Fregatte Bayern, im Hintergrund weht die Deutschlandflagge

Fregattenkapitän Ribeiro aus Brasilien beim Praktikum auf der Fregatte Bayern

privat

In Brasilien ist er Dozent an der „Escola de Guerra Naval“, eine militärische Hochschule zur Offiziersausbildung auf den höchsten Ebenen der Marine, und referiert unter anderem über Planungsprozesse bei der Marine und internationale Einsätze. „Die Erkenntnisse, dich ich bei diesem Lehrgang über die Planungsprozesse von EUEuropäische Union und NATONorth Atlantic Treaty Organization erlangt habe, werden in meine eigene Lehrtätigkeit einfließen“, erklärt Ribeiro. Der Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst international sei für ihn ein Perspektivwechsel in jeder Hinsicht gewesen. Zum einen habe er die Rolle vom Lehrer zum Schüler getauscht und zum anderen die Sichtweisen fremder Länder kennengelernt.

Deutschland und die Welt

Alle Seminare fanden auf Deutsch statt. Deshalb wurden alle Teilnehmenden im ersten Jahr ihres Aufenthalts am Bundessprachenamt in Hürth, nahe Köln, intensiv geschult. „Eine neue Sprache zu lernen, ist ab einem gewissen Alter immer schwierig“, gibt der Brasilianer zu. Inzwischen litten seine anderen Sprachkenntnisse: „Wenn ich Englisch spreche, kommt immer ein Englisch-Deutsch-Mix raus, weil ich es im Kopf nicht mehr unterscheiden kann.“ Er kam zusammen mit seiner Familie nach Deutschland und sein 13-jähriger Sohn sei inzwischen Englisch-Profi, weil er in einer internationalen Klasse war. „Dafür kann ich besser Deutsch“, lacht Ribeiro.


Neben den europäischen Praktiken stellten die Teilnehmenden bei Regionalen Informationstagen die Besonderheiten ihrer Heimatländer vor. „Da konnte man das Bild, dass man aus den Medien hatte, mit der Sicht eines Offiziers aus dieser Region vergleichen“, erklärt Ribeiro. In Brasilien sei die Marine sehr groß und deshalb dürfe nicht jeder zu solchen Auslandsaufenthalten - er wisse das Privileg zu schätzen. „Aufgrund der erworbenen Sprachkenntnisse hoffe ich, dass ich noch einmal nach Deutschland kommen kann. Vielleicht besteht die Möglichkeit für Kooperationen mit den deutschen Rüstungsunternehmen“, sagt Ribeiro.

Reiselust statt Pandemiefrust

Zusammen mit den anderen Lehrgangsteilnehmenden unternahmen sie verschiedene Ausbildungsreisen und waren beispielsweise im geschichtsträchtigen Bendlerblock in Berlin und an der österreichischen Landesverteidigungsakademie in Wien. Ribeiro sei sehr reisebegeistert und würde auch Deutschland gerne noch einmal ohne pandemiebedingte Einschränkungen erleben. „Das war wirklich alles sehr schade. Wir scherzen schon immer, dass wir der Corona-Lehrgang sind, weil wir sowohl im ersten Jahr der Sprachausbildung, als auch im zweiten Lehrgangsjahr davon betroffen waren“, lacht der Stabsoffizier.

Ribeiro und seine Familie, im Hintergrund das Schweriner Schloss

Zusammen mit seinem Sohn Fernando und seiner Ehefrau Thalita besichtigt Ribeiro Deutschlands Sehenswürdigkeiten

privat

Trotzdem hat er das Beste aus der Situation und seiner Zeit in Deutschland gemacht. Zusammen mit seiner Ehefrau und dem Sohn war er ständig unterwegs. Ob München, Köln, Berlin oder Kiel: die dreiköpfige Familie hat keine Himmelsrichtung ausgelassen. Sogar die vermeintlich liebsten Reiseziele der Deutschen - Mallorca, Griechenland, Italien und Kroatien - wurden erkundet. „Es war eine gute Erfahrung für meine Familie und mich. Wir konnten das Land und Volk mit Brasilien vergleichen“, erklärt Ribeiro.

Ribeiro sitzt zwischen seiner Frau und seinem Sohn in einem Skilift, im Hintergrund eine Stadt mitten im Tal

Die brasilianische Familie erkundet in der Freizeit Deutschlands Berge und Täler – sie haben keine Himmelsrichtung ausgelassen

privat

Dass er seine Familie dabeihatte, sieht er als klaren Vorteil für seine Ausbildung: „Sie unterstützten mich. Ich konnte mich auch mal entspannen, weil sie bei mir waren“. Natürlich spreche er zu Hause portugiesisch und das wäre für die deutschen Sprachkenntnisse hinderlich, aber „die anderen Teilnehmenden telefonieren und schreiben auch täglich mit ihren Familien. Da ist der direkte Austausch natürlich schöner und sogar zeitsparender als stundenlange Telefonate.“
Gemeinsam lernten sie Land und Leute kennen und zum Teil auch lieben. „Wir haben viele Freunde gefunden. Mit meinem Vermieter aus Hürth habe ich jetzt noch regelmäßig Kontakt, obwohl das schon fast ein Jahr zurückliegt“ berichtet Ribeiro. Mit seinen Lehrgangskameraden spielte er im Sommer ein Fußballturnier gegen den Sportverein Lurup. Die Stabsoffiziere gewannen gegen die Hamburger Hobbykicker. Einer von vielen gemeinsamen Erfolgen, die zusammenschweißen. Für Ribeiro sind sie alle „Freunde aus anderen Kontinenten“.

Ein Gruppenfoto der LGAI-Teilnehmer in Trikots, sie halten den Siegerpokal

Die Teilnehmer des Lehrgangs Generalstabs-/Admiralstabsdienst feiern den Sieg im Fußball

privat

Auch die Gebäude, vor allem die alten und denkmalgeschützten Bauten, in Deutschland erweckten sein Interesse: „So etwas kenne ich aus Brasilien nicht. Dort sind alle Gebäude neu und modern. In Deutschland ist da mehr Abwechslung“. Wenig Abwechslung fand er beim deutschen Essen: „Überall gibt es Currywurst und Schnitzel. Das ist doch eher Fast Food. Hat Deutschland kein richtiges Essen?“, scherzt Ribeiro. Neben dem Essen freut er sich in Brasilien vor allem auf: „besseres Wetter und die Strände“. Mitte Dezember endet seine Zeit an der Führungsakademie der Bundeswehr, dann will er zusammen mit seiner Familie noch vier Wochen weiter durch Deutschland reisen. Mitte Januar startet der Flieger in die Heimat.

von Führungsakademie der Bundeswehr 

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Impressionen der Abschlussveranstaltung

Diesjährige Preisträger des internationalen Lehrganges

Den Scharnhorst-Preis erhält der beste internationale Teilnehmende im Lehrgang Generalstabs- und Admiralstabsdienst. Dieses Jahr wurde Major Anibal Exequiel Rodriquez aus Brasilien ausgezeichnet. Er bewies hervorragende Leistungen auf allen Ebenen.

Der Generalleutnant-Graf-von-Baudissin-Preis würdigt den besten Mentor für die internationalen Teilnehmenden. In diesem Jahr wurde Oberstleutnant Christopher Matych ausgezeichnet.

Der Admiral-Wellershof-Preis wird von der Marine-Offizier-Vereinigung an den besten internationalen Lehrgangsteilnehmenden des Hörsaals Marine verliehen.  Für 2021 ging der Preis an Korvettenkapitän Sergio Horruitiner Costa aus Peru.

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