Ein Koffer voll Wissen und Erfahrungen
Ein Koffer voll Wissen und Erfahrungen
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Lehrgangsteilnehmenden des Generalstabs-/Admiralstabsdienst National (LGANLehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National) 2021 packen in ihren Koffer ein: ein Big Picture, Wissen und Erfahrungen, ein gut funktionierendes Netzwerk sowie die Vorfreude auf zukünftige Verwendungen im Ausland. Ein Beitrag, der erklärt, warum die Führungskräfte (Landes-)Grenzen überschreiten müssen.
Verschiedene Länder und Partnernationen lernen die Soldatinnen und Soldaten nicht nur auf dem Papier kennen: Zur Ausbildung an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg gehört unter anderem auch die NATONorth Atlantic Treaty Organization/EUEuropäische Union-Hauptstadtreise. Die Offiziere besuchen beispielsweise Hauptquartiere und Dienststellen in Brunssum, Brüssel und Mons. Das Ziel dieser fast zwei Wochen andauernden Tour durch Europa ist die Vermittlung von Wissen aus erster Hand.
Notwendiges Rüstzeug
Die zukünftigen Spitzendienstposteninhaberinnen und -inhaber sollen ein breites Verständnis davon bekommen, wie die einzelnen Dienststellen funktionieren und welche Abhängigkeiten, Handlungsspielräume und Gesamtzusammenhänge bestehen. Am Ende ihrer zweijährigen Ausbildung soll ein Big Picture entstanden sein.
Die Reisen leisten hierfür einen wichtigen Beitrag. Sie tragen dazu bei, das notwendige Rüstzeug zu sammeln, um alle zukünftigen Verwendungen verantwortungsvoll und mit dem notwendigen Weitblick meistern zu können. Die Lehrgangsteilnehmenden erfahren, was sie nach dem Lehrgang und an ihren späteren Dienststellen erwarten könnte. Sie erhalten Einblicke in die tägliche Arbeit und die Herausforderungen der Team- und Stabsstrukturen.
Band der Kameradschaft
Es ist ein intensiver Blick hinter die Kulissen so mancher PowerPoint Präsentation. Die Teilnehmenden tauschen sich mit hochrangigen militärischem und zivilem Spitzenpersonal aus, besuchen Botschaften, Ministerien und militärische Stützpunkte sowie Kommandobehörden, aber auch Institutionen, wie den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Durch die Reisen bauen die Soldatinnen und Soldaten ihr Netzwerk aus. Die gemeinsamen Erlebnisse stärken zudem das Band der Kameradschaft und die Verbundenheit innerhalb des Lehrgangs.
Halten wir fest: Der Koffer an wertvollen Lehrgangsinhalten wird von der Führungsakademie der Bundeswehr gut gepackt. Nur das Tragen des Gepäcks müssen die Lehrgangsteilnehmenden am Ende selbst übernehmen.
Im Interview: Der internationale Lehrgangsteilnehmer Major Robbert-Jan A. aus den Niederlanden
Major Robbert-Jan A., Sie sind einer von 18 internationalen Lehrgangsteilnehmenden im Lehrgang für Generalstabs-/Admiralstabsdienst National (LGANLehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National) 2021. Welches Land haben Sie zuletzt besucht?
Ich hatte die Gelegenheit, Israel zu besuchen. Während unserer interessanten und eindrucksvollen Reise waren wir in Tel Aviv, den Norden des Landes, Jerusalem sowie im Westjordanland. Israel ist ein Land mit einer besonderen Geschichte, sowohl im Nahen Osten mit den Kriegen und Konflikten gegen die arabischen Nachbarstaaten als auch in Europa. Der Holocaust spielt eine sehr wichtige Rolle und ist omnipräsent in der israelischen Gesellschaft. Das verdeutlichte uns auch unser Besuch der Yad Vashem Holocaust Gedenkstätte. Als wir im März dort waren, haben wir auch mehr über die Auswirkungen der gespaltenen, innenpolitischen Lage Israels erfahren können. Die heutige Regierung ist sehr rechtsorientiert und hat eine Justizreform vorgeschlagen. Auf diese hat die Bevölkerung heftig mit Demonstrationen reagiert. Es zeigt, dass das Land Israel eine lebendige Demokratie ist.
Was verdeutlichte Ihnen diese Reise?
In unseren Gesprächen mit Think Tanks, der Deutschen Botschaft und dem Militärattaché wurde deutlich, dass Israel noch immer mit der ständigen Bedrohung an den Außengrenzen leben muss. Vor allem der Iran und seinen Proxys Hisbollah und Hamas werden von Israel als eine stets wachsende Gefahr gesehen. Wir haben vor Ort an der Grenze zum Libanon, zu Syrien und zum Gaza-Streifen sehen können, was das für das Militär und die Menschen in diesen Regionen in der Praxis bedeutet. Für uns Europäer ist es sehr schwer, sich nur mit Berichten aus den Medien eine Meinung zu formen. Es war für uns wichtig, auch die Seite der Palästinenser sehen zu können. Wir haben einen Tag im Westjordanland verbracht und erfahren, wie sich die jüdischen Siedler und die Nachwirkungen davon auf die Palästinenser auswirken. Dieser eindrucksvolle Tag zeigte uns, dass eine Lösung für diesen Konflikt, der seit 1967 existiert, aufgrund der israelischen Siedlungspolitik, Religion als auch Geschichte sehr schwierig ist.
Was nehmen Sie nach dieser Reise an Erfahrungen mit in Ihr Heitmatland?
Von dieser Reise nehme ich mit, dass wir in Deutschland und der Niederlande ein sehr gutes und sicheres Leben haben. Wir können und dürfen nicht über die Lage in anderen Ländern urteilen ohne die Geschichte, Gesellschaft, Religion und Politik besser zu verstehen. Eine offene und kritische Haltung ist als Offizier wichtig. Zudem bin ich davon überzeugt, vor allem wegen des russischen Krieges in der Ukraine, dass es notwendig ist, unsere Aufmerksamkeit auf Israel und den Nahen Osten nicht zu verlieren. Im Moment ist es vielleicht ein Nebenschauplatz, aber die regionale Sicherheitslage bleibt brisant mit Einmischung von Akteuren wie Iran, Saudi-Arabien und China. Die Bedrohung von einem Spillover-Effekt nach Europa bleibt.