Digitalisierung Step by Step: Kultur
Digitalisierung Step by Step: Kultur
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die fünf Projektgruppen ITInformationstechnik, Infrastruktur, Organisation, Personal und Kultur eint ein Ziel: Sie wollen die Führungsakademie der Bundeswehr weiterentwickeln, sie begleiten auf dem Weg zur digitalen Ausbildungsakademie und aus der höchsten militärischen Ausbildungsstätte Deutschlands einen modernen Campus machen.
Viele Ideen sind seither entstanden. Einige davon wurden verworfen, andere wiederum in Steckbriefen manifestiert. Manche wurden beim zweiten Innovationslabor vor Ort oder per Videokonferenz mit Teilnehmenden aus Bundeswehr, Wirtschaft und Behörden diskutiert. Welche Schwerpunkte die einzelnen Bereiche setzen, erfahren Sie in unserer Serie: Weiter geht es mit der Projektgruppe Kultur.
„Aus Erfahrung lernen. Mit Haltung führen.“
Mit diesen Worten beginnt der Workshop in Hamburg. Die Projektgruppenleiter, Oberst i.G. Reiner Just und Direktor Jörn Thießen, sowie Dozentin Nonye Oranu begrüßen die Teilnehmenden des zweiten Innovationslabors für neues Lernen.
„Kultur ist wie Pudding – Festnageln geht nicht„
Ein Icebreaker soll in die Thematik einführen. „Was hat Kulturentwicklung mit einem Pudding und einem Nagel zu tun?“, fragt Psychologin Oranu die Teilnehmenden im Raum und im digitalen Netz. Das entlockt den Besuchern des Workshops launige Reaktionen. „Nicht kompatibel“ oder „Kultur ist wie Pudding. Festnageln geht einfach nicht“, lauten zwei Antworten. Direktor Thießen und Oberst i.G. Just präsentieren ihre Thesen zum Thema Führungs- und Lernkultur. Es gelte ein Umfeld zum Lernen zu schaffen, das der individuellen Freiheit des Einzelnen und dem hohen Anspruch der Bundeswehr gerecht werde. Lernangebote müssten weiter verbessert und ein innovatives Mindset entwickelt werden.
Welche Auswirkungen die Digitalisierung langfristig auf das Lernen haben könnte, wäre noch unklar. Die Dimensionen der Digitalisierung seien noch nicht umfassend erfasst. „Sicher ist, dass wir die Chance zur Individualisierung beim Lernen nutzen müssen“, betont Oberst i.G. Just. Dabei bestehe kein Widerspruch zwischen analog und digital. Im Kern stehe, als Team zu agieren. Dies müsse mit der individuellen Ausbildung ausgewogen einhergehen. „Wir bleiben eine analoge Präsenzakademie und nutzen viele digitale Formate zur Vermittlung unserer Lehre. Motivation ist fast alles“, prognostiziert Direktor Thießen und ergänzt: „Kultur kann nicht befohlen werden.“
Zwei Themen zur Wahl
In der Projektgruppe Kultur wurden in den letzten Monaten fünf Steckbriefe zu konkreten Ideen entwickelt. In einer von fünf Runden bietet die Projektgruppe zwei dieser Ideensteckbriefe mit den Titeln „Motivation zum lebenslangen Lernen“ und „Alumni- und Expertennetzwerk“ zur Diskussion an. Oberst i.G. Dirk Bejga, Leiter der Abteilung Führungskräfteentwicklung an der Führungsakademie und Christoph Weigmann, Leiter Strategische Netzwerke und Alumni, stellen die beiden Projektideen kurz vor. Nach einer digitalen Abfrage entscheiden sich die Teilnehmenden für das Thema „Motivation zum lebenslangen Lernen“.
Nutzen für Individuum und Organisation
„Kenntnisse und Fähigkeiten sind die wertvollsten Ressourcen einer jeden Organisation“, heißt es im Ideensteckbrief. Freie Zeiträume und Budgets für die persönliche und fachliche Weiterbildung würden die Wissensbasis einer Organisation sowie Qualität der Ausbildung erhöhen - und damit auch die Qualifikation der Führungskräfte. Oberst i.G. Bejga hebt hervor, dass beim lebenslangen Lernen ein Nutzen für die Organisation und das Individuum gleichermaßen vorhanden sein muss. Ein motiviertes Mindset des Einzelnen zum Lernen, aber auch die Bereitschaft, das erworbene Wissen an die Organisation weiterzugeben, sei von Bedeutung. Eine lebhafte Diskussion im Seminarraum sowie über die digitalen Kanäle folgt.
Ergeben Weiterbildungen einen Mehrwert für die Organisation, wenn sie für den Einzelnen interessant sind, aber nichts mit seinen konkreten Aufgaben zu tun haben? Ist Überzeugungsarbeit zum lebenslangen Lernen bei Führungskräften überhaupt notwendig, bei denen aufgrund häufiger Dienstpostenwechsel, Lernen längst institutionalisiert sein sollte? Ein Teilnehmer ist der festen Überzeugung, dass Führungskräfte nicht nur Lernende sein, sondern unbedingt ihr Wissen und ihre Erfahrung weitergeben sollten.
Moderatorin Oranu fragt nach praktischen Hinweisen aus der eigenen Erfahrung der Teilnehmenden. „Führen durch Vorbild“, fasst sich ein Stabsoffizier kurz und knapp. Die Rahmenbedingungen, also Zeit und Ressourcen, müssten stimmen, argumentiert ein anderer Teilnehmer. „Mut zur Führung“, betont Direktor Thießen. Nach einigen weiteren Diskussionsbeiträgen resümiert Oberst i.G. Bejga, dass es sich bei der Einführung einer Kultur des lebenslangen Lernens um einen lohnenswerten aber auch langsamen Prozess handele. Vor allem die Verantwortung zur Unterstützung dieses Prozesses müsse ernst genommen werden.
Zwischen Kompetenzen und Karriereweg
Einer der beiden Prozessbegleiter des Workshops Kultur, Prof. Dr. Bernhard Ertl von der Universität der Bundeswehr München, fasst anschließend Kernaussagen der Veranstaltung zusammen und gibt gleichzeitig seine Einschätzung: „Ein dickes Brett, das man da bohren muss.“ Es gehe um formales und informales Lernen, Kulturveränderung und Schlüsselkompetenzen. Wichtig sei eine Balance zwischen erworbenen Kompetenzen und dem Karriereweg des Einzelnen. Ziele müssten dabei klar und kohärent sein. Zum Abschluss werden die Teilnehmer gefragt, was sie der Projektgruppe Kultur mit auf den Weg geben wollen. „Alle Kultur sei eine Erweiterung des Bewusstseins“, meint ein Zuhörer. „Seid Nagel, nicht Pudding“, beschließt das Zitat eines anderen Teilnehmers nach 45 anregenden und interaktiven Minuten.