Digitale Beratung in Zeiten räumlicher Distanz
Digitale Beratung in Zeiten räumlicher Distanz
- Datum:
- Ort:
- Hamburg
- Lesedauer:
- 4 MIN
Aus der Not eine Tugend gemacht: Das hat das Dezernat Persönlichkeitsentwicklung und Beratung, kurz PEB, an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Die Team-Mitglieder haben ihre Beratungsleistung kurzerhand von der Präsenz im Büro in ein virtuelles Umfeld verlegt.
Gut gelaunt sitzt Falk in der Beeck auf einer Couch im Dezernat PEB an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Der Dozent im Bereich Rüstungspolitik und Entscheidungstheorie hat sich an diesem Tag mit seinem Coach Oberstleutnant Felix Heymann verabredet. Mit ihm möchte er noch einmal die Online-Beratungsgespräche der vergangenen Wochen Revue passieren lassen. Dass sich beide gegenübersitzen, ist jedoch alles andere als selbstverständlich. Denn seitdem Corona die Welt in Atem hält, fanden nur noch Beratungen auf Distanz statt.
Führungskräfte sollen gestärkt werden
Dieser digitale Austausch zwischen Coach und Coachee war gleichzeitig eine Premiere an der höchsten Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr in Deutschland. Denn als das Dezernat im Oktober 2018 gegründet wurde, war die Online-Beratung noch in weiter Ferne. Vielmehr ging es darum, zivile und militärische Führungskräfte mit Hilfe von Coaching-Methoden vor Ort nachhaltig zu stärken.
Oberstleutnant Heymann hatte jedoch bereits eine Ausbildung zum E-Coach bei Professor Dr. Harald Geißler, Experte für Online-Coaching und ehemals Professor an der Helmut-Schmidt-Universität, der Universität der Bundeswehr Hamburg, absolviert. Dadurch konnte er kurzerhand seine Beratungsleistung von der Präsenz im Hamburger Büro in den virtuellen Raum in die Ferne verlegen. „Das ging recht gut. Wir mussten lediglich eine Sitzung wegen technischer Probleme auf den nächsten Tag verschieben“, erinnert sich Heymann. Sein Coachee in der Beeck schaltete sich indes für die zehn Sitzungen aus dem Münchener Homeoffice zu. Das Ziel: Er wollte sich noch besser strukturieren und damit seine Arbeitsleistung optimieren.
Coaching-Methoden trotz Corona
„Ein Coaching in der Arbeitsumgebung ist zielführend“, bewertet Falk in der Beeck das Angebot. Der Vater von sechs Kindern konnte dank der Rücksichtnahme durch die gesamte Familie die Sitzungen mit der nötigen Ruhe und Konzentration angehen. Auch Legobausteine seiner Kinder halfen ihm dabei, die Übungsaufgaben zu bewältigen. Die rund 90-minütigen virtuellen Beratungen ließen sich in vertrauter Umgebung auch flexibler gestalten. Das Zuhause bot noch einen weiteren Vorteil: Nach den recht fordernden Sitzungen am Bildschirm ging es für den Beamten im Höheren Dienst direkt zurück in das Familienleben.
Digitale Beratung erfordert mehr Disziplin
„Die Unterstützung durch das persönliche Umfeld und die Vorgesetzten ist entscheidend“, betont Oberstleutnant Heymann. Nur so könne eine zielführende Beratung mit Coaching-Methoden erfolgreich durchgeführt werden. Beim E-Coaching kommt dann noch die notwendige Technik dazu. Die digitale Beratung ist ein Mix aus Videokonferenz, virtueller Landschaft und Online-Präsentation. Powerpoint-Präsentationen ersetzen das sonst übliche Flipchart. Über den Bildschirm ist allerdings die Mimik und Gestik des Gegenübers schwerer zu erkennen und damit auch zu interpretieren. „Online-Sitzungen fordern daher mehr Aufmerksamkeit. Ich habe nur den viereckigen Kasten und muss mich darauf konzentrieren“, erläutert der Diplom-Pädagoge. „Ich stelle mir immer wieder die Frage, ob ich den Coachee auch wirklich erreiche“, ergänzt er. Diese Art der Beratung setze auch voraus, dass beide Seiten bereit sind, mit der Technik synchron, aber auch asynchron zu arbeiten. „Der Coachee erhält binnen 48 Stunden ein Feedback“, erklärt der Stabsoffizier. Somit sind Reflexion und Selbstreflexion gegeben.
Ganzes Team geht online
Das Dezernat PEB trieb die Neuorganisation während der Pandemie noch weiter voran. Alle Dezernatsangehörigen absolvierten nun ebenfalls die Ausbildung zum E-Coach. Dadurch kann die digitale Dienstleistung deutlich mehr Offizieren und zivilen Mitarbeitern unter Corona-Bedingungen angeboten werden. Denn an Nachfrage mangelt es nicht. Rund ein Drittel der angehenden Führungskräfte in den Lehrgängen an der Führungsakademie der Bundeswehr nehmen die Beratung mit Coaching-Methoden wahr. „Die Teilnehmenden wissen, dass wir uns hier in einem absolut geschützten Raum befinden. Verschwiegenheit steht an oberster Stelle“, stellt der Coach und stellvertretende Dezernatsleiter PEB heraus. Der ausschließlich lösungsorientierte Ansatz, den das Dezernat anbietet, wird von den Coachees gut angenommen. Oberregierungsrat in der Beeck ist ebenfalls sehr zufrieden.
Zukünftige Beratungen: Mix aus klassischen und digitalen Methoden
Auch Oberstleutnant Heymann freut das. „Wir gehen nicht in die Normalität zurück, wie wir sie gewohnt sind“, prognostiziert er. „Unser Beratungsangebot nimmt an der Führungsakademie zunehmend einen höheren Stellenwert ein. Vermutlich wird es zukünftig eine Mischung aus klassischen und E-Coaching-Methoden geben“, ergänzt der Coach. Ein nächster Schritt werde voraussichtlich eine Beratung mit Blended Coaching-Methoden, einer sinnvollen Mischung aus Präsenz- und Online-Beratung, sein. Falk in der Beeck hat sein gestecktes Ziel erreicht. Gerade der Blick von außen auf die konkreten Aufgaben hat dabei zum Erfolg beigetragen. Er kann den lösungsorientierten Ansatz des Coachings gerade mit der Unterstützung durch die Online-Methoden klar empfehlen.