Als Reservist wieder - Lust auf die Bundeswehr

Als Reservist wieder - Lust auf die Bundeswehr

Datum:
Ort:
Hamburg
Lesedauer:
4 MIN

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Sie kann als Stützpfeiler der Bundeswehr angesehen werden – die Reserve. Denn sie hilft der aktiven Truppe, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dazu gehören die Landes- und Bündnisverteidigung, der Heimatschutz und das internationale Krisenmanagement. Auch bei der Führungsakademie der Bundeswehr sind Reservistinnen und Reservisten eingesetzt. In welchen Bereichen die Reservistendienst Leistenden an der höchsten militärischen Ausbildungsstätte in Deutschland arbeiten, mit welchen Herausforderungen sie sich tagtäglich auseinandersetzen und wie ihr ziviles Leben aussieht, darüber berichten sie in unserer Serie: So auch Oberstleutnant i.G. Oliver Christian Muhs vom Ausbildungsprozessmanagement.

Die Collage zeigt Oberstleutnant i.G. Oliver Muhs am Schreibtisch, in einer Besprechung und am PC

Oberstleutnant i.G. Oliver Christian Muhs koordiniert die Projektarbeiten des nationalen Lehrgangs an der Führungsakademie der Bundeswehr

Collage: Führungsakademie der Bundeswehr/Marie Kellermann, Fotos: Führungsakademie der Bundeswehr/Katharina Roggmann

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Wie viel Wahrheit hinter einer solchen Redensart steckt, hat Oberstleutnant i.G. Oliver Christian Muhs während seiner Schulzeit bemerkt. Denn eigentlich wollte er ein Jahr nach Australien gehen - die Welt kennenlernen. Das war im Jahr 1990. Zu dieser Zeit wurden männliche deutsche Staatsbürger noch zum Grundwehrdienst eingezogen. Diesen verweigern wollte er nicht, jedoch verschieben. Er fragte bei der Wehrüberwachungsbehörde an, ob er seinen Wehrdienst nicht so lange zurückstellen könnte. „Als Dank haben sie mir dann den Einberufungsbescheid geschickt“, sagt Muhs. Doch das war noch nicht alles: „Ich habe gesagt, ich will nicht in die Sanität gehen, sondern zu den Fernmeldern. Das hat auch nicht geklappt.“ Denn am 2. Januar 1991 begann Muhs seine Grundausbildung beim Sanitätslehrbataillon 851 in München. Er wurde anschließend in eine der Kompanien versetzt. Diese bereitete sich auf den Iran-Einsatz „Operation Kurdenhilfe“ vor. „Ich wollte unbedingt mit. Mein Chef hat gesagt, jawohl du darfst.“ Vier Wochen lang war er in einem Feldlazarett auf der Kinderstation in der Provinz Bakhtaran eingesetzt. „Der Einsatz hat mich geprägt. Alle Menschen, die mich kennen, haben danach zu mir gesagt, dass ich mich total verändert habe“, sagt Oberstleutnant Muhs. Er wurde nachdenklicher. Das Schicksal der Kinder ließ ihn nicht kalt. „Wenn da so kleine ausgetrocknete Kids kommen, dann nimmt einen das in gewisser Weise mit. Man versucht, das Beste möglich zu machen. Das ist uns in 99 Prozent der Fälle gelungen. Wenn diese über mehrere Tage auf der Station liegen, dann baust du auch eine Beziehung zu ihnen auf.“

Die Collage zeigt Oliver Muhs am Flughafen. Viele Flugzeuge sind abgebildet

Im zivilen Leben konnte sich Oliver Christian Muhs seinen Kindheitstraum als so genannter Pushback-Fahrer am Flughafen erfüllen

Privat

Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt

Nach dem Einsatz verpflichtete sich Muhs für vier Jahre bei der Bundeswehr und absolvierte verschiedene Unteroffizier-Lehrgänge. Als sich dann sein Vater meldete und ihn um Unterstützung in seinem Restaurant bat, verließ er ein Jahr früher als gedacht die Truppe. Denn sein Antrag auf heimatnahe Versetzung wurde abgelehnt – seinem Vater aus der Ferne unterstützen, wäre nicht möglich gewesen. Er absolvierte eine Ausbildung in der Gastronomie und arbeitete sich in den 15 Jahren bis zum Restaurantleiter hoch. „Zum Schluss war ich Supervisor. Ich war verantwortlich für drei Restaurants und die Ausbildung der Crew.“ Er plante und organisierte viel. Immer im Hinterkopf hatte er aber auch noch seinen Kindheitstraum – „Ich wollte schon immer mal auf dem Flughafen arbeiten und Flugzeuge durch die Gegend schieben.“ Diesen Wunsch erfüllte er sich als so genannter „Pushback-Fahrer“. Ein paar Jahre später hatte er jedoch wieder „Lust auf die Bundeswehr“ bekommen, wie er sagt. Er nahm Kontakt zum Reservistenverband auf und begann kurze Zeit später seine erste Wehrübung als Unteroffizier im Sanitätsbataillon 5 in Rennerod. 1996 und 1997 ging er als Reservist für je 161 Tage in den Einsatz nach Jugoslawien. Direkt im Anschluss ließ er sich zum Offizier ausbilden. „Ich wurde am Ende des Offizierlehrgangs direkt zum Leutnant befördert. Danach habe ich mich klassisch nach oben gearbeitet.“ Als er Major war, wechselte er zur Führungsunterstützung und war dort als so genannter gespiegelter stellvertretender Kommandeur tätig.

Mehrere Reservistendienstleistungen folgten:

  • als Generalstabsoffizier im Büro Chef des Stabes beim Kommando Heer,
  • als stellvertretender Regimentskommandeur beim Fallschirmjägerregiment 31,
  • als stellvertretender Bataillonskommandeur im Gebirgsjägerbataillon 232,
  • als Abteilungsleiter G3 Panzerbrigade 12
  • sowie an der Führungsakademie der Bundeswehr als G3-Stabsoffizier im Bereich Kompetenzzentrum Führungskräfteentwicklung und als Plan- und Stabsoffizier beim Ausbildungsprozessmanagement.
Die Collage zeigt Oberstleutnant Muhs vor einem Flugzeug und im Feldlager

1991 ging Oliver Muhs in den Iran-Einsatz. Die Fotos zeigen ihn bei einer Zwischenlandung in Ankara sowie im Feldlazarett in Bakhtaran

Privat

Er koordiniert die Projektarbeiten

Als Reservistendienst Leistender ist Oberstleutnant Muhs derzeit für insgesamt zehn Monate als Plan- und Stabsoffizier an der höchsten militärischen Ausbildungsstätte der Bundeswehr in Deutschland eingesetzt. Er koordiniert die Projektarbeiten des nationalen General- und Admiralstabslehrganges. „Derzeit stehen 204 Themen auf der Projektliste. Jeder Teilnehmer kann sich aussuchen, was er von diesen Themen bearbeiten möchte. Auch eigene Vorschläge können eingereicht werden, die müssen dann jedoch erst genehmigt werden“, erzählt der heute 48-Jährige. Zudem hilft er dabei, das Konzept der Projektarbeiten weiterzuentwickeln.

Im Reservistenverband aktiv

In seiner Freizeit engagiert sich Oberstleutnant Muhs im Reservistenverband. Als Vorsitzender der Kreisgruppe Holstein-Süd, in der rund 1.000 Reservisten organisiert sind, kümmert er sich um die Mitgliedergewinnung, koordiniert und plant Veranstaltungen wie beispielsweise das erste Sicherheitsforum. Zudem engagiert er sich als Mitorganisator für das „Laufteam Bundeswehr und Reservisten“. Dieses hat sich in Zeiten von Corona gegründet und besteht aus Läuferinnen und Läufern, aktiven Soldatinnen und Soldaten und Reservistendienst Leistenden aus ganz Deutschland. Die Läufe finden derzeit aufgrund von Covid-19 virtuell statt – das heißt: Jeder Läufer und jede Läuferin entscheidet selbst wo und wann sie oder er laufen möchte. Einmal im Jahr ist ein Spendenlauf geplant. So auch vom 24. Oktober bis 31.Oktober 2020. Der Erlös geht jeweils zur Hälfte an den „Combat Veteran e.V.eingetragener Verein“ und die „Soldaten und Veteranen Stiftung“.

Wohin es Oberstleutnant i.G. Oliver Muhs nach der Reservistendienstleistung an der Führungsakademie der Bundeswehr verschlägt, kann er noch nicht sagen. Denn erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

von Sophie Düsing  E-Mail schreiben

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