Afrika – eigenverantwortliche Sicherheitsarchitektur noch in der Ferne
Afrika – eigenverantwortliche Sicherheitsarchitektur noch in der Ferne
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- Hamburg
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Bei der ersten Konferenz zu „Militärstrategien“ an der Führungsakademie der Bundeswehr, die in Kooperation zwischen dem Dozenten Fregattenkapitän a.D. Thomas Böhlke und Oberst i.G. Sönke Marahrens vom GIDS, dem German Institute for Defence and Strategic Studies, veranstaltet wurde, kamen viele Experten aus aller Welt. Einer von ihnen war Prof. Dr. Thomas Mandrup von der Stellenbosch Universität in Südafrika. Er forscht an der dortigen Fakultät für Militärwissenschaften über afrikanische Militärstrategien und Sicherheitsarchitektur. Seine Studien basieren mitunter auf zahlreichen Reisen in Krisengebiete und auf intensiver Feldforschung vor Ort. Die Führungsakademie sprach mit dem Experten über seine Einschätzungen zum afrikanischen Kontinent.
5 Fragen an Prof. Dr. Thomas Mandrup

Afrika 2020 – Was sind die wichtigsten militärstrategischen Herausforderungen?

Die wichtigsten militärstrategischen Herausforderungen in Afrika sind die derzeitigen Mängel an verantwortungsvoller Regierungsführung und Stabilität. Wir beobachten seit 2010 ein Wiederauftreten autoritärer und neuer hybrider Regierungsformen verbunden mit einer Zunahme an Konflikten.
Zudem sehen wir uns mit einer zunehmend negativen Einflussnahme und Beteiligung aus dem Ausland konfrontiert, das heißt, es gibt neue Vorstöße von Staaten wie Russland, Ägypten – in einem Gürtel bis in den Süden –, China, den USA, Indien und Frankreich in der Sahelzone. Das sind insgesamt keine guten Nachrichten, denn dies schafft Spannungen zwischen den afrikanischen Staaten und stützt autoritäre Regime. Außerdem wird die Rolle der Afrikanischen Union untergraben, ebenso die afrikanischen Versuche, Einheit zu schaffen. Eine weitere Herausforderung ist der fehlende afrikanische politische Wille, Verantwortung für die eigene Sicherheitsarchitektur auf dem Kontinent zu übernehmen, wie der jüngste Gipfel der Afrikanischen Union gezeigt hat.
Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme sind ein nobles Ziel, der Wille zur Umsetzung jedoch ist limitiert.
Welche afrikanischen Akteure beobachten Sie auf militärstrategischer Ebene? Was streben sie an?

Da sehe ich ganz klar Äthiopien. Das Land setzt mehr als 10.000 Soldaten in Missionen der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union ein. Es spielt damit eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung des Horns von Afrika und hat auch den Ehrgeiz, sich als regionale Macht zu positionieren. Dann ist da auch Kenia. Der ostafrikanische Staat ist ein aktiver und wichtiger Akteur in der Mission der Afrikanischen Union in Somalia – AMISOMAfrican Union Mission in Somalia.
Auch hier sind nationale und regionale Gründe für den Einsatz von Bedeutung. Ein weiteres Beispiel ist Ruanda. Das Land übernimmt weiterhin eine wichtige Rolle in Peacekeeping-Operationen und genießt diesbezüglich eine gute Reputation. Allerdings spielt es auch eine oft kritisierte Rolle in der Region der Großen Afrikanischen Seen. Zu dieser Region zählen – neben Ruanda – Burundi, Uganda und Teile der Demokratischen Republik Kongo, Tansanias und Kenias. Gerade in der Demokratischen Republik Kongo gab es Kritik wegen eines Stellvertreterkrieges. Ugandas Geschichte ist jener Ruandas vergleichbar, das Land spielt jedoch im Südsudan und in der Demokratischen Republik Kongo eine problematische Rolle. Als weitere militärstrategische Akteure sind noch die Multinational Joint Task Force (MNJTF) und die G5-Staaten zu nennen.
Die MNJTF ist eine multinationale Truppe von Einheiten der Armeen des Tschads und Nigerias, deren gemeinsames offizielles Ziel Antiterroroperationen sind. Hier zeigt sich eine Tendenz von nicht mandatierten Missionen, sogenannten Ad-hoc-Missionen, die zwar von der Afrikanischen Union autorisiert wurden, die sich aber stark von den Vorstellungen der Afrikanischen Bereitschaftsgruppe ASFAfrican Standby Force, die in der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur formuliert wurde, unterscheiden.