Lernreise für Militär und Wirtschaft
an der Führungsakademie der Bundeswehr
„Campus Führen“ heißt die neue Veranstaltungsreihe, die im November gestartet ist und 20 junge Führungskräfte aus Militär und Wirtschaft zusammenbringt. Bei der gemeinsamen Lernreise, die insgesamt über sechs Monate läuft, sollen die Potentiale zusammengeführt, Perspektiven gewechselt und gemeinsam an definierten Lernthemen gearbeitet werden. Wir haben zwei Teilnehmende dabei begleitet.
Caroline Thompson ist 32 Jahre alt und leitet die Depotentwicklung der Union Investment Service Bank AGAktiengesellschaft. Die Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) gestaltet in Kooperation mit der Führungsakademie der Bundeswehr den Workshop „Campus Führen“, an dem auch Thompson teilnimmt. Die Veranstaltungsreihe ist eine Erweiterung von „Kompetent Führen Lernen“, die den gemeinsamen Austausch über Werte, Normen und Prinzipien von Führung und Management fördert. Für Thompson ist die Teilnahme an diesem zweitägigen Workshop der erste Berührungspunkt mit der Bundeswehr: „Ich war vor allem neugierig darauf, neue Herangehensweisen, Perspektiven und Führungsstile hautnah kennenzulernen“, beschreibt sie ihre Erwartungen zu dem Austauschprojekt.
Der 32-jährige Hauptmann Thomas Taschner ist seit seinem Abitur bei der Bundeswehr und im Streitkräfteamt Fachbereich Ausbildung Streitkräfte eingesetzt. „Gerade von der genossenschaftlichen Sichtweise erhoffe ich mir neue Ansätze, die ich in der Bundeswehr noch nicht kennengelernt habe“, so der Dezernent. Der Workshop soll eine gemeinsame Lernreise von Militär und Wirtschaft sein. Auch der Kommandeur der Führungsakademie wertschätzt die Bedeutung der Veranstaltung „Campus Führen“. Er war selbst anwesend und sehe im Austausch von zivilen und militärischen Führungskräften eine Weiterentwicklung für die Führungsakademie der Bundeswehr im Allgemeinen und im Speziellen für die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmenden. Unter der Leitung von Dr. Yvonne Zimmermann, Vorstandsvorsitzende der ADG, und Oberst André Abed, Direktor Strategie & Fakultäten an der Führungsakademie der Bundeswehr, sollen Potentiale zusammengeführt werden, die im Alltag keine Berührungspunkte hätten, aber voneinander profitieren könnten.
Kreativer Einstieg
Zu Beginn des Workshops stellen sich alle Teilnehmenden vor und präsentieren ihr mitgebrachtes Symbol der Führung. Vom Ei bis zur Kommandanten-Steuereinrichtung eines Panzers Leopard 2 A6 ist alles dabei. Das kreative Kennenlernen fördert den zügigen Austausch und gibt Aufschluss über die Denkweise der Anderen. Hauptmann Taschner hat ein Smartphone im Gepäck: „Es dient der Erreichbarkeit, ist wegweisend und hilft bei der notwendigen zwischenmenschlichen Kommunikation. Das alles ist unerlässlich für eine Führungskraft“. Die Gegenstände regen zum Nachdenken oder auch zum Schmunzeln an. Thompson ist die Sache mit Sportsgeist angegangen: „Man hat den Auftrag, aus dem Team das Beste herauszuholen. Ähnlich wie beim Fußball: Beim Sieg werden die Spielenden gefeiert, aber bei der Niederlage sind immer die Trainierenden Schuld.“ Alle vorgestellten Symbole inklusive Erläuterungen finden Sie in der interaktiven Karte am Seitenende. In jedem Fall ist das Eis mit der originellen Vorstellungsrunde gebrochen und regt die ersten Gespräche an.
Miteinander und voneinander lernen
Vor allem die Teilnehmenden aus der Wirtschaft sind neugierig, ob und wie die Bundeswehr von der Pandemie betroffen war, wie es um Fachkräftemangel steht und warum sich die militärischen Führungskräfte bewusst für diesen Weg und gegen die Wirtschaft entschieden haben. Für Thompson steht schnell fest, dass sie viel von den militärischen Teilnehmenden lernen kann: „Wie man früh mit sehr viel Verantwortung umgeht, im Ernstfall die Verantwortung für ein Menschenleben, das finde ich sehr beeindruckend.“ Außerdem hofft sie, dass sie auch bei ihrer Arbeit eine ähnliche Zusammengehörigkeit herstellen könne. Taschner reizen an der Wirtschaft dagegen „neue Ansätze, die nicht auf eine typische hierarchische Struktur anzuwenden sind, um mit diversen Personengruppen umgehen zu können.“ Genau darum geht es beim Austausch zwischen Militär und Wirtschaft – miteinander und voneinander zu lernen, weil sich gerade die Führungspositionen im stetigen Wandel befinden müssten.
Ziel des ersten von insgesamt vier Workshops war es, gemeinsame Lernzielen festzulegen und Arbeitsgruppen zu organisieren. Die Gruppenarbeiten wurden von den Teilnehmenden unterschiedlich aufgefasst. Taschner fällt auf „wie unterschiedlich Führung tatsächlich auch in der Bundeswehr ist. Und mir war bewusst, dass wir sehr zielorientiert handeln. Aber dass es sich so stark von der Wirtschaft unterscheidet, hätte ich nicht erwartet.“ Für Thompson sind die Charaktere auffällig: „Man hat aber auch gemerkt, dass wir alle Führungspersönlichkeiten sind und dementsprechend auch meinungsstark – umso begeisterter war ich, dass wir trotzdem immer in der vorgegebenen Zeit zu Ergebnissen kamen.“ Um zu den Ergebnissen zu kommen, werden die Teilnehmenden von Mentorinnen und Mentoren der Führungsakademie der Bundeswehr und der ADG unterstützt und beraten. Die vier entstandenen Gruppen werden in den kommenden sechs Monaten an ihren Führungsschwerpunkten arbeiten und die Ergebnisse am 10. Mai 2022 vor allen Beteiligten und den Vorgesetzten der Teilnehmenden präsentieren.
Der Workshop „Campus Führen“ wurde von allen Seiten sehr positiv aufgenommen. Hauptmann Taschner wünscht sich für die weitere Zusammenarbeit mit der ADG „dass wir weiter zusammenwachsen und man so neue Bekanntschaften knüpft und gemeinsam auf diesem Weg neue Eindrücke kennenlernt und daraus auch langfristig Nutzen zieht“.
Dr. Yvonne Zimmermann: „Der Umgang miteinander ist sehr wertschätzend. Man erlebt eine hohe Akzeptanz der Positionen und der Perspektivwechsel ist hier sehr erlebbar.“
Für Thompson hat „Campus Führen“ ihr bisheriges Bild einer Führungskraft infrage gestellt: „Ich kam mit einem für mich ziemlich klaren Verständnis meiner Rolle und Führung. Innerhalb der zwei Tage habe ich festgestellt, dass ich einige Aspekte unbedingt hinterfragen und mal neu – also aus anderer Perspektive – denken sollte. Ich werde in den kommenden Monaten viele Punkte hinterfragen und auch mit meinen Kollegen und in diesem Kreis diskutieren“.
Oberst André Abed: „Die Idee des Projekts funktioniert: Zwei Arbeitswelten, die übereinstimmen, wie vorher nicht gedacht. Auch die Führungskräfte stimmen überein“.
Die gemeinsame Lernreise hat begonnen. Die Teilnehmenden, Leiter und Mentoren sind auf die weiteren Etappen und Ergebnisse sehr gespannt.