Rettungskette: Vom Gefechtsfeld in den OP
Wenn eine Soldatin oder ein Soldat verwundet oder verletzt wird, entscheiden häufig nur wenige Minuten über Leben und Tod. Das mehrstufige System zur Versorgung von Verwundeten hat sich in den bisherigen Auslandseinsätzen bewährt.

Neben den gut ausgebildeten Sanitätskräften übernehmen vor allem die Soldatinnen und Soldaten am Ort der Verwundung eine wichtige Aufgabe – die Selbst- und Kameradenhilfe.
Patientinnen oder Patienten, die innerhalb einer Stunde nach einer Verwundung oder Verletzung medizinisch versorgt werden, haben eine wesentlich höhere Überlebenschance. Der Zeitansatz beruht auf medizinischen Forschungsgrundlagen. In dieser sogenannten „Golden Hour of Shock“ nach einem Unfall oder Angriff müssen erste Maßnahmen gegen die erlittenen körperlichen Traumata ergriffen werden.
Die Rettungskette folgt diesem Prinzip der „Goldenen Stunde“. Sie verhindert, dass eigentlich nicht tödliche Verletzungen wie schwere Blutungen oder blockierte Atemwege zum Tod einer Patientin oder eines Patienten führen. Funktioniert die Rettungskette, hat der oder die Verwundete nicht nur bessere Überlebenschancen, sondern letztlich auch eine höhere Überlebensqualität. Durch regelmäßige Sanitätsausbildungen wird jede Soldatin und jeder Soldat zum Einsatzersthelfer A qualifiziert und auf den medizinischen Notfall vorbereitet.
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- Urheberrecht:
- © Bundeswehr/Vivien Angeli
Ablauf der Rettungskette
Unterteilt ist die Rettungskette in mehrere Ebenen (englisch: Role). Jede Ebene steht für bestimmte medizinische Behandlungsmöglichkeiten. Am Anfang steht die Selbst- und Kameradenhilfe nach einer Verwundung, anschließend durchläuft die verwundete Person vier Behandlungsebenen. Auf den Ebenen 1 bis 3 findet die Versorgung in verschiedenen mobilen Einrichtungen statt. In Deutschland stehen darüber hinaus die Bundeswehrkrankenhäuser und zivile Einrichtungen zur weiteren Behandlung auf Ebene 4 zur Verfügung.

„Die militärische Rettungskette schließt die medizinische Versorgung auf höchstem Niveau mit den militärisch-taktischen Besonderheiten ein.“
Jeder Abschnitt der Rettungskette steht für definierte medizinische Möglichkeiten und die dafür erforderlichen Einrichtungen sowie das Fachpersonal. Für den Aufbau der Ebenen 1 bis 3 – die Rettungsstation, das Rettungszentrum und das Einsatzlazarett – werden Container und Zelte in Modulbauweise verwendet.
Nach der Selbst- und Kameradenhilfe durch die Soldatinnen und Soldaten vor Ort übernehmen Sanitätskräfte die Verwundeten. Schwerpunkt der Behandlungsebene 1 ist die allgemein- und notfallmedizinische Versorgung. Die Sanitätskräfte sichern die Vitalfunktionen und stabilisieren den Gesundheitszustand des Verwundeten für den Weitertransport zur nächsten Ebene.
Die Behandlungseinrichtung der Ebene 1 ist die Rettungsstation. Diese gibt es als geschützte und ungeschützte Variante. Die Rettungsstation ist innerhalb einer Stunde einsatzbereit. Sie kann selbstständig oder als Teil einer modularen Sanitätseinrichtung verwendet werden. Alle medizinischen Geräte werden in der Rettungsstation mitgeführt und benötigen keinen weiteren Transportraum. Diese Konfiguration ist auch als eine rein zeltgestützte, luftbewegliche Variante verfügbar.
Auf Behandlungsebene 2 erfolgt die chirurgische Akutversorgung, die intensivmedizinische Überwachung sowie die Überwachung und Pflege der Patientinnen und Patienten nach Operationen. Der medizinische Standard ist dabei vergleichbar mit einer deutschen Klinik.
Die Behandlungseinrichtung der Ebene 2 ist das Rettungszentrum, das es als containergestützte und zeltgestützte Konfiguration in verschiedenen Varianten gibt. Das Rettungszentrum leicht beispielsweise wurde bei zahlreichen Auslands-, Katastrophen- und anderen Hilfseinsätzen genutzt. Es kann flexibel zu einem größeren Rettungszentrum erweitert werden. Das Namenskürzel „leicht“ täuscht dabei: Zum Aufbau und Transport dieser Variante werden mehrere Lastkraftwagen sowie ein Kran mit mindestens 20 Tonnen Nutzlast benötigt. Die zeltgestützte Konfiguration des Luftlanderettungszentrums leicht ist die luftbewegliche Variante.
Angesichts heutiger Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung werden zunehmend hochmobile Sanitätseinrichtungen mit der Möglichkeit, lebensrettende chirurgische Eingriffe durchführen zu können, benötigt. Ein Beispiel dafür ist das Luftlanderettungszentrum für Spezialeinsätze mit integralem Basismodul, das als kleinere und leichtere Komponente in den Einsatz gebracht wird. Mit maximal 1,5 Tonnen Gesamtgewicht ist es leicht, mobil und gleichzeitig leistungsfähig. Künftig sollen mittels neuer Einrichtungen Mobilität und Schutz kombiniert werden, um einem hochdynamischen Gefecht zu folgen und dabei dem Sanitätspersonal die gleiche Sicherheit bieten zu können, die auch die zu unterstützende Truppe genießt.
Die Versorgung auf Behandlungsebene 3 erfolgt in einem Einsatzlazarett. Es ist die Königsklasse der modularen Sanitätseinrichtungen und wird durch die Erweiterung eines Rettungszentrums gebildet. Dadurch verfügt es über zusätzliche fachärztliche, pflegerische und operative Kapazitäten. Ein Einsatzlazarett ist aufgrund seiner personellen und materiellen Ausstattung zur multidisziplinären Diagnostik und Therapie befähigt. Zwei Konfigurationen sind möglich: mit 72 oder mit 180 Betten.
Ergänzt wird die Rettungskette durch die Behandlungsebene 4. In erster Linie stehen dafür die Bundeswehrkrankenhäuser in Deutschland zur Verfügung. Darüber hinaus werden auch zivile Krankenhäuser und Rehabilitationseinrichtungen als Teil eines zivil-militärischen Netzwerks genutzt. Nach Rückführung der Patientin beziehungsweise des Patienten aus einem Einsatzgebiet erfolgen in diesen Einrichtungen alle notwendigen weiteren medizinischen Behandlungen und Therapien.