Training für den Einsatz: Ukrainer lernen auf dem Leopard 1 A5
Training für den Einsatz: Ukrainer lernen auf dem Leopard 1 A5
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
- Lesedauer:
- 3 MIN
Jeder Panzer ist anders: Wer einen T-72 oder einen anderen Kampfpanzer sowjetischer Bauart fahren kann, kann deshalb noch lange keinen Leopard 1 bedienen. Ukrainische Soldatinnen und Soldaten werden deshalb im Rahmen der EUEuropäische Union-Ausbildungsmission EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine am Leopard 1 ausgebildet. Eine Herausforderung für die Fachleute der Streitkräftebasis.
„Der Leopard 1 A5 ist sehr viel wendiger als unser T-72“, stellt der ukrainische Militärkraftfahrer (MKFMilitärkraftfahrerin bzw. Militärkraftfahrer) fest. Zudem sei er wegen seiner Steuerung einfacher zu handhaben und auch schneller, obwohl die beiden Kampfpanzer aus derselben Zeit stammen. Der Soldat bringt aus seinem Verband viel Erfahrung mit und ist kampferprobt. Unter anderem darum wurde er von seinen Vorgesetzten zur Ausbildung nach Deutschland entsandt.
Mit knapp einem Dutzend anderer Kameraden lernt er zurzeit das Fahren des Leopard 1 A5. Im Februar hatte die Bundesregierung der Ausfuhr von 178 Kampfpanzern dieses Typs zugestimmt. Sie sollen die Ukraine ertüchtigen, ihre Offensive erfolgreich zu führen. An einer Ausbildungseinrichtung der Streitkräftebasis nehmen die Männer an einem zweiwöchigen Lehrgang teil.
Viel Erfahrung
„Dabei geht es nicht um den Erwerb einer Dienstfahrerlaubnis im Sinne der Bundeswehr“, erklärt Hauptfeldwebel Frank M., einer der Ausbilder. „Die ukrainischen Kameraden werden befähigt, den ‚Leo‘ im Gelände sicher zu bewegen und zu handhaben. Fahrerische Grundausbildung sozusagen.“ Den taktischen Einsatz und das Zusammenwirken mit anderen Waffensystemen lernen die Teilnehmer später in Verbindung mit den übrigen Besatzungsmitgliedern auf einem Truppenübungsplatz im Osten Deutschlands.
Die erfahrenen Ausbilder der Bundeswehr bringen den Ukrainern auch viele Tricks und Kniffe im Umgang mit dem Kampfpanzer bei. Schließlich war der Kampfpanzer Leopard 1 rund 40 Jahre bei der Panzertruppe des Heeres eingesetzt, zuletzt in der Version 1 A5. Bis heute muss auf diesem Typ ausgebildet werden, da Geräte wie etwa der Bergepanzer 2 „Standard“ bei Heeresverbänden und Logistikern der SKBStreitkräftebasis oder der Pionierpanzer Dachs bei der Pioniertruppe im Einsatz sind. Sie basieren auf dem Fahrgestell des Leopard 1.
Herausforderungen meistern
Ein Glücksfall für die Ukraine, die weitere Leoparden, auch aus den Beständen anderer Länder, erhalten wird. So musste für die „Kurse“ selber nicht viel vorbereitet werden. Eine größere Herausforderung war da die Wiederbeschaffung von Rohrattrappen, „da wir ja lange keine MKFMilitärkraftfahrerin bzw. Militärkraftfahrer für Kampfpanzer mehr ausbilden mussten“, erklärt der stellvertretende Dienststellenleiter Hauptmann Daniel F. So waren diese zusammen mit dem Fahrzeugtyp bereits ausgemustert. Aber auch diese Hürde wurde mit viel Engagement und etwas Improvisation genommen.
Ebenso reibungslos läuft die Zusammenarbeit mit den sechs Übersetzern. Diese sind nicht etwa studierte Kräfte, sondern Freiwillige aus Verbänden der Streitkräftebasis mit russischen oder ukrainischen Wurzeln. Obermaat Alexander C., Soldat der der Logistiktruppe, vergleicht die Unterschiede der beiden Sprachen mit denen zwischen Deutsch und Niederländisch. „Viel schwieriger waren die technischen Begriffe und die Fachtermini“, sagt er. Inzwischen sind Ausbilder, Lehrgangsteilnehmer und Dolmetscher ein eingespieltes Team, das auch an Wochenenden und Feiertagen durcharbeitet.
Hochmotiviert
Die ukrainischen Soldatinnen und Soldaten danken es ihren Ausbildern mit viel Interesse und zeigen sich wissbegierig. Sie erkennen den Wert der Maßnahmen für sich, ihren Verband, für den Einsatz und schließlich für ihr Land. Der Strom der ukrainischen Lehrgangsteilnehmer reißt noch lange nicht ab. Regelmäßig werden Ukrainer an die Ausbildungsstätte geschickt, wo auch das Fahren mit der Panzerhaubitze 2000 und dem Raketenwerfer MARSMittleres Artillerieraketensystem ausgebildet wird. Und das mit modernsten Mitteln. Am Standort stehen für die Fahrzeugtypen Simulatoren zur Verfügung, die die Ausbildungszeit und -inhalte straffen helfen.
„Manche Soldaten aus der Ukraine verfügen über keinerlei Fahrerfahrung, geschweige denn über eine Fahrerlaubnis“, stellt einer der Ausbilder fest. Die ukrainischen Streitkräfte setzen einen „Traktorführerschein“ für ihre Panzerfahrer voraus. Die erfahreneren Soldaten helfen ihren Kameraden. Sie alle „pauken“ den Ausbildungsstoff auch noch nach Dienstschluss.
Das Wesentliche
Bald schon müssen die Ukrainer ihre neu erworbenen Fähigkeiten im Gefecht einsetzen. Für alle vor Ort eine beklemmende Vorstellung, jedoch auch eine große Motivation. Allerdings konnte man kürzlich zum Beispiel einem Lehrgangsteilnehmer eine Familienzusammenführung ermöglichen.
Seine Frau und die Kinder hatten in Deutschland Zuflucht gefunden und erfahren, dass der Familienvater zur Ausbildung in Deutschland ist. Nach vielen Monaten konnten sie sich für ein paar Stunden wiedersehen. „Ich weiß nun wieder genau, warum ich hier lerne und kämpfen muss: Meine Kinder sollen in Freiheit aufwachsen!“, sagt der Familienvater.