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Nachhaltigkeit in oliv

Nachhaltigkeit im Mechatronikzentrum der Bundeswehr in Jülich

Nachhaltigkeit im Mechatronikzentrum der Bundeswehr in Jülich

Datum:
Ort:
Jülich

Er prägt seit den 1990er Jahren das Gesicht der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und in den Einsätzen mit: der Lkw 0,5to gl Wolf. Dieser robuste und zuverlässige Geländewagen ist nicht nur in beinahe jeder Einheit unserer Streitkräfte vorhanden, er erfreut sich unter den Soldatinnen und Soldaten höchster Beliebtheit. Gründe genug, ihn zu behalten.

Ein Geländewagen in einer wüstenähnlichen Umgebung mit einem Soldaten.

Der Wolf steht seit den 1990er Jahren bei allen Teilstreitkräften der Bundeswehr in vielen Einheiten im Dienst. Das soll weitere zehn Jahre so sein.

Bundeswehr/Gerhard Groeneveld

Der militärsprachlich als Lkw leicht 0,5 Tonnen gl bezeichnete Geländewagen – besser bekannt als Wolf – ist das „Brot-und-Butter-Fahrzeug“ der Bundeswehr. Zahllose Soldatinnen und Soldaten wurden mit dem Fahrzeug transportiert oder fuhren es selbst. Der Mercedes „G“ gehört damit zu den Fahrzeugen, die viele Menschen sogleich gedanklich mit der Bundeswehr verbinden. Die Besatzungen schätzen den Wagen wegen seiner einfachen Handhabung und der Wendigkeit. Extreme Geländegängigkeit macht ihn für viele Einsätze im In- und Ausland unverzichtbar. Kein modernerer Offroader oder SUVSport Utility Vehicle auf dem Markt, erfüllt die Anforderungen an ein militärisches Fahrzeug besser.

Soldaten bringen einen Mörser in Stellung, im Hintergrund ein Geländewagen.

Der Wolf transportiert Soldatinnen und Soldaten an ihre Einsatzorte, dient als Gerätetransporter oder Waffenträger. Die luftverlastbare Variante ist in den Infanterie-Verbänden seit den 1990er Jahren unverzichtbar.

Bundeswehr/Carsten Heide

Seit den neunziger Jahren wird der Geländewagen bereits eingesetzt. Allein im Heer sind noch über 2.000 Wölfe unterwegs. Alle Modelle und Versionen des Wolfes verfügen über einen während der Fahrt zuschaltbaren Allradantrieb, der nochmals in Straßen- und Geländeübersetzung unterteilt ist, sowie über eine Differentialsperre für die Vorder- und Hinterachse. Außerdem besitzen die Fahrzeuge einen von der normalen Beleuchtung unabhängigen Tarnlichtkreis. Die Bordnetzspannung des Wolf Typ 250 GD beträgt 24 V und entspricht damit dem Standard in der Bundeswehr. „Alt muss also nicht unbedingt schlecht bedeuten“, sagt Oberleutnant Stephan Hofmeister, Instandsetzungsoffizier und Abteilungsleiter der Instandsetzungsabteilung I und II, der zugleich Presseoffizier seiner Dienststelle ist. Er koordiniert im Schwerpunkt die Arbeiten, die notwendig sind, um den Wolf noch weitere zehn Jahre im Dienst zu behalten. Im Mechatronikzentrum der Bundeswehr (MechZBw) in Jülich befinden sich darum derzeit 50 von insgesamt 384 zur weiteren Nutzung geplanten Wölfe in der luftverlastbaren Variante. Diese sind für den Transport mit Flugzeugen und Hubschraubern vorbereitet. „Hinter unserer Arbeit am Fahrzeug steht ein hoher Qualitätsanspruch, weil am Ende Menschen damit fahren und sich bedingungslos auf die Technik verlassen müssen.“

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  • Ein geländewagen in einer Werkstatt mit deutlichen Schäden.
    Schritt 1

    Ankunft in Jülich

    Die Spezialisten nehmen alles, was sie kriegen können. „So einfach sich das anhört, so einfach ist das auch“, erklärt Stephan Hofmeister weiter. „Selbst wenn ein Wolf erhebliche Gebrauchsspuren oder gar Schäden aufweist, können wir ihn noch gebrauchen. Wenn es sein muss, auch ‚nur‘ zur Hochwertersatzteilgewinnung.“ Die Fahrzeuge werden von den Mitarbeitern MechZBw zunächst komplett zerlegt und geprüft. Den meisten Wölfen sieht man ihr Alter und ihren militärischen Einsatz deutlich an. Für den Laien sieht der Fall vielleicht hoffnungslos aus. Die Instandsetzer der Streitkräftebasis gehen da ran!

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  • Ein Mitarbeiter im Schutzanzug schweißt an einer Fahrzeugkarosserie
    Schritt 2

    Spezialisten am Werk

    „Wir können sogar Panzerstahl schweißen“, berichtet Oberleutnant Hofmeister stolz. Das MechZBw hat den Anspruch, noch besser als ein ziviles Mechatronikzentrum zu arbeiten. „Unser Vorteil liegt in der Unabhängigkeit: die Fachkräfte in Jülich sind nicht auf externe Hilfe angewiesen, sondern fertigen ‚alles aus einer Hand‘“, so Hofmeister. Die Wölfe durchlaufen verschiedene Stationen des MechZBw. So gelangen sie nach einer gründlichen Eingangsprüfung, welche mit der Begutachtung eines Sachverständigen vergleichbar ist, an die Station „Zerlegen“. Dort wird das jeweilige Fahrzeug komplett auseinandergenommen und die Einzelteile an die Fachabteilungen übergeben. Dort werden sie entrostet, geschmiert und funktionstüchtig wiederhergestellt. Gut zu beobachten ist die Verfahrensweise an einem Detail wie der Fahrzeugtür. Scheibenrahmen sind auf dem freien Markt nicht mehr verfügbar. Also setzen die Mitarbeitenden nicht nur die Türbleche instand, sondern restaurieren auch die Rahmen und die Kurbelmechanik. So können später die Besatzungen ihre Seitenscheiben wie gewohnt betätigen. 
    Auch ganze Baugruppen wie zum Beispiel die Motoren, Getriebe und Achsen werden individuell instandgesetzt. Das spart Zeit und vor allem Kosten, da die alten Baugruppen wiederverwendet werden. Auch so können Ressourcen eingespart werden.

    • Eine Rohkarosserie auf einem Transportgestell zur weiteren Verarbeitung.

      Die Wölfe werden bis ins Detail zerlegt. Ihre Komponenten und Baugruppen durchlaufen etliche Stationen auf dem Weg durch das gesamte MechZBw. Dazu gehört zum Beispiel die Instandsetzung des Blechs.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Der Rahmen eines Fahrzeugs mit eingebautem Motor.

      Motor und Rahmen auf dem Weg zur Aufbereitung. Vor allen weiteren Schritten steht unter anderem eine gründliche Reinigung an.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Schweißerin in Montour an einem Werkstück

      Mandy F. ist eine von mehr als 200 Beschäftigten im MechZBw. Sie verfügt unter anderem um die Qualifikation an Fahrzeugteilen zu schweißen.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Plasmaschneider im Einsatz

      Was nicht passt – wird passend gemacht. Mit moderner Technik werden in Jülich fehlende Ersatzteile hergestellt. Hier entstehen Blechteile auf dem Plasmaschneider. Als Vorlage dienen Zeichnungen oder Originalteile.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Ein Mitarbeiter im Schutzanzug schweißt an einem Fahrzeugrahmen

      Schweißarbeiten an tragenden Fahrzeugteilen dürfen nur speziell ausgebildete Fachkräfte ausführen. Das MechZBw verfügt über eigene, zertifizierte Ausbildungs- und Prüfungsmöglichkeiten.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
  • Ein Soldat hält ein Smartphone in der Hand mit der graphischen Darstellung der Werkplätze.
    Schritt 3

    Wo ist der Wolf?

    Seit 2018 arbeitet das Mechatronikzentrum digital. Im kommenden Jahr werden 3D-Drucker eingeführt, was die Beschaffung von diversen Ersatzteilen stark vereinfachen wird. Jedes Fahrzeug ist in einer digitalen Datenbank aufgeführt. Dies ermöglicht zum einen die Lagebestimmung via Smartphone und andererseits eine schnelle Zuordnung von Ersatzteilen. Möglich ist das durch fahrzeugspezifische QR-Codes, den jeder Wolf bei der Eingangsprüfung erhalten hat. Pflege alter Bauteile und ein Modernisierungsplan stellen im MechZBw somit keine Gegensätze dar.

  • Ein zerlegter Fahrzeugrahmen mit Rostansatz im Vordergrund, dahinter eine Bühne mit Geländewagen aufgebockt.
    Schritt 4

    Aus Alt mach Neu

    Die Instandsetzung der 384 Wölfe ist eine große Herausforderung, die ein ziviles Unternehmen in dieser Größenordnung nicht stemmen könnte. Hierbei ist vor allem die Tiefe der Instandsetzungs-arbeiten und der Variantenreichtum der jeweiligen Einbausätze der Fahrzeuge der limitierende Faktor für die Industrie. Dank seiner militärischen und zivilen Beschäftigten sowie der angepassten Infrastruktur, ist die Streitkräftebasis in der Lage, die wichtigen Geländewagen für die Truppe einsatzfähig zu machen bzw. zu halten. Und das zu einem vergleichsweise günstigen Preis. Auf dem Markt verfügbare, neue Fahrzeugmodelle wären für die Bundeswehr erheblich teurer, als die Werksinstandsetzung in Jülich. So gehen die Sitze zum Sattler, die Amarturenbretter werden aufbereitet und viele – auch kleine – Details verbessert. Die Motoren haben ihren jahrelangen Einsatz meistens recht gut überstanden, stellen die Mechatronikerinnen und Mechatroniker regelmäßig fest. Dies sei deren simplen Aufbau geschuldet, der noch ohne viel Elektronik und Steuertechnik auskommt.

    • Fahrzeugrahmen auf einer Werkbank

      Die kriegen das hin! Die wertvollen Fahrzeugrahmen werden von den Mitarbeitenden wie neu aufbereitet. Schließlich soll der dazugehörige Wolf der Truppe noch zehn Jahre zur Verfügung stehen.

      Bundeswehr/Stephan Hofmeister
    • Ein komplett zerlegtes Fahrzeug

      Gründliche Überholung: Zerlegen, Schweißen, Lackieren – alle Aufgaben werden von dem Team des MechZBw übernommen. Jeder Wolf verbleibt mehrere Wochen in der Jülicher „Fahrzeugklinik“.

      Bundeswehr/Stephan Hofmeister
    • Ein komplett zerlegtes Fahrzeug

      Mach’s Dir bequem: Als militärischer Geländewagen ist der Wolf nicht in erster Linie komfortabel. Dennoch werden die Sitze in der eigenen Sattlerei wortwörtlich aufgemöbelt, also gegebenenfalls neu gepolstert und bezogen.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Eine Person im Schutzanzug entrostet mit einem Strahler ein Blechteil.

      Die Karosserieteile und Baugruppen werden gründlich von Rost und Farbe befreit. Dies geschieht im Strahlerfahren mit Korund, einem harten Aluminiumoxid, was mehrfach verwendet werden kann.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Szene in einer Lackierkabine

      Nachhaltig: Neben Rost- und Unterbodenschutz erhalten die Wölfe auch einen neuen Anstrich. Dazu lackieren die Fachkräfte selbst kleinste Baugruppen.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Handwerker an einer Bühne mit aufgebocktem Fahrzeug

      Jeder Handgriff sitzt: Erich S. baut aus den überarbeiteten Ersatzteilen, vielen Einzelkomponenten und Baugruppen wieder ein vollständiges Fahrzeug zusammen. Die Bauanleitung hat er mittlerweile im Kopf.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    • Ein Geländewagen in fast fertigen Zustand

      Bis ins Detail gehen die Fachkräfte bei der Instandsetzung. Genauigkeit und sorgfältiges Arbeiten am Fahrzeug sind dabei das A und O. Die Karosserie wird so aufbereitet, dass sie die kommenden Jahre rostfrei übersteht.

      Bundeswehr/Stephan Hofmeister
  • Ein Blick von oben in eine riesige Halle mit Werkplätzen.
    Schritt 5

    Ein Unikat

    Das MechZBw in Jülich gehört zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Auffällig ist die hohe Zahl ziviler Arbeitskräfte und eine Arbeiterinnenquote von über 15 Prozent. Die Dienststelle ist aufgrund seiner Einzigartigkeit in Deutschland ebenso häufig mit einzigartigen Herausforderungen konfrontiert, wie jetzt der Wolf-Restauration. Möglich sind die Arbeiten auch dank der Infrastruktur, welche nicht nur in der Bundeswehr einmalig ist. Seit den 1960er Jahren nutzt die Dienststelle die Hallen eines ehemals preußischen Eisenbahninstandsetzungswerkes. Dadurch können schwere Lasten mittels Deckenkranen verbracht und auch große Fahrzeuge gewartet und repariert werden.

    Historisches Foto der Hallen

    Auch das ist nachhaltig: Kurz vor dem Ersten Weltkrieg plante die Preußische Staatseisenbahn eine Hauptwerkstätte im Rheinland. Heute nutzt das MechZBw die einst zwölf Millionen Goldmark teure Anlage. Die Gebäude stehen unter Denkmalschutz.

    Bundeswehr/MechZBw
  • Ein Geländewagen in Neuzustand versetzt.
    Schritt 6

    Auf die nächsten Zehn!

    Wenn ein Wolf fertig geworden ist, durchläuft er eine gründliche Ausgangsuntersuchung, ähnlich einer Hauptuntersuchung mit dem privaten PKW, allerdings mit einer zusätzlichen ausgiebigen Probefahrt. Funktionieren die Bremsen, die Beleuchtung und alle sicherheitsrelevanten Bauteile? Frisches Öl ist im Motor, alle Schmierstoffe sind eingebracht. Während seines Aufenthaltes haben die Jülicher ihrem Schützling eine Hohlraumversiegelung mitgegeben und die Verschleißteile des Motors ausgetauscht oder aufbereitet. Optisch wirken die fertigen Wölfe wie ein Neufahrzeug, wenngleich etwa leichte Schönheitsfehler in Kauf genommen werden. „Hier steht die Funktion und Wirtschaftlichkeit vor der Optik“, erklärt Oberleutnant Hofmeister abschließend, „solange die ‚Kleinigkeit‘ die Sicherheit und die Lebensdauer nicht beeinträchtigt.“ Der Offizier scannt mit seinem Smartphone den QR-Code und meldet: „Fertig!“

    • Darstellung der Achsvermessung an einem Geländewagen.

      Der letzte Schliff: Die Wölfe erhalten vor ihrer Auslieferung noch eine gründliche Achsvermessung. In Jülich steht dazu jegliches Werkzeug für die Sicherheitstechnik und -prüfung bereit. Ein gutes Gefühl für die späteren Besatzungen.

      Bundeswehr/Stephan Hofmeister
    • Foto vom Fahrzeugboden

      Das ist gründlich: Die Wölfe erhalten eine Hohlraumversiegelung und Unterbodenschutz. Jedes aufbereitete Fahrzeug verlässt das MechZBw mit einer frischen Technischen Materialprüfung, vergleichbar mit der zivilen Hauptuntersuchung beim TÜV.

      Bundeswehr/Stephan Hofmeister
    • Ein Mann prüft den Ölstand eines Motors mittels Peilstab.

      Ausgangskontrolle: Ein letzter, prüfender Blick gilt den Füllständen der Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffe. Die Beleuchtung wird gecheckt und die Truppe kann kommen zur Abholung.

      Bundeswehr/Ralf Wilke
    von Ralf Wilke, Selin Schumacher   E-Mail schreiben

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