Streitkräftebasis

Lebendiges Buch „Der Staatsbürger in Uniform“

Lebendiges Buch „Der Staatsbürger in Uniform“

Datum:
Ort:
Osterholz-Scharmbeck
Lesedauer:
3 MIN

Um Respekt und Respektlosigkeit ging es bei der „Lebendigen Bibliothek“ im Rahmen der Kampagne #mitrespekt. Wie bei einem Speeddating per Ausleihkärtchen konnten sich die Leser je 20 Minuten eines der fünf lebenden Bücher leihen und ihnen Fragen stellen. So auch einer Soldatin und einem Soldaten der Logistikschule der Bundeswehr.

Comic-hafte Zeichnung einer Soldatin und einer zivilen Person. Über den Köpfen schweben ein Frage- und ein Ausrufezeichen.

Fünf lebendige Bücher, unter ihnen auch die Bundeswehr, berichteten an diesem Abend über ihre Erfahrungen und den Umgang mit respektlosem Verhalten und stellten sich so manchem Vorurteil.

Bundeswehr/Anne Kirschner

Stellen Sie sich vor, Sie können in einer Bibliothek statt Büchern Menschen in öffentlichen Ämtern, in Uniform oder aus sogenannten Randgruppen „leihen“. Sie können ihnen Fragen stellen, die Sie schon immer loswerden wollten, aber nie konnten, weil Ihnen im Alltag die Möglichkeit fehlt?

Eine Frau steht an einem Tisch gelehnt und redet mit den Gästen.

Für die Teamleiterin, Martina Sackmann, war es die erste Veranstaltung in so einem Format. Sie fand es spannend, die ganz besonderen Bücher zu verleihen.

Bundeswehr/Kathleen Riediger

In einer Bibliothek in Lilienthal, einer niedersächsischen Gemeinde im Landkreis Osterholz, fand erstmals eine solche „lebendige Bibliothek“ statt. So standen bei der ersten Veranstaltung der Kampagne „MitRespekt#“ neben Hauptmann Michael Soltner und Hauptfeldwebel Mandy Recht-Pilz von der Logistikschule der Bundeswehr auch ein Bürgermeister, die Sprecherin von TransNet Osterholz-Scharmbeck, ein Gemeindebrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr und eine Hebamme sowie Krankenpflegerin von Komapatienten aus Nigeria zur Ausleihe. „Mit unserem Projekt wollen wir Vorurteile ausräumen. Es ist wichtig, dass wir uns in unserer Gesellschaft mit Toleranz und Respekt begegnen“, erklärt Martina Sackmann. Sie ist Teamleiterin der Bibliothek.

„Wir sind normal, nicht besonders“

Eine Soldatin und ein Soldat sitzen im Gespräch mit zwei Frauen an einem kleinem Tisch.

Besonderes Interesse hatten die Leser an der Frau in Uniform. Aber auch Fragen nach dem Ton in der Truppe kamen bei allen Gästen auf den Tisch.

Bundeswehr/Kathleen Riediger

Wie bei einem Speeddating hatten die Besucher in 20-minütigen Gesprächsrunden Zeit, ihre Fragen loszuwerden. Eine Besucherin war beispielsweise ganz begeistert, dass sie nun endlich einmal einer Soldatin gegenübersitzen konnte. Sie fand es auch mutig, als Frau zur Bundeswehr zu gehen. Das Thema „Frau in der Truppe“ beschäftigte an diesem Abend die meisten Besucher am Gesprächstisch der Logistikschule der Bundeswehr. Was sie bewogen hätte, zur Bundeswehr zu gehen, welche Herausforderungen es im Dienst für sie gäbe und ob sie schon einmal respektlos behandelt oder gar angefeindet wurde. Hauptfeldwebel Recht-Pilz plaudert aus dem Nähkästchen. Sie ist seit 2001 bei der Bundeswehr und war in zwei Auslandseinsätzen, Afghanistan und Zypern. Frauen in der Truppe seien für sie völlig normal. Anfeindungen sah sie sich bislang nur einmal ausgesetzt: „Als ich in Munster stationiert war, beschimpfte uns eine Dame an einer Waschstraße als Mörder“, erzählt Recht-Pilz. „Das war allerdings eine einmalige Begebenheit“, ergänzt sie. Sie sei noch nie diskriminiert worden, weil sie eine Frau in der Bundeswehr ist.

Miteinander reden

Eine Soldatin und ein Soldat sitzen auf einem Sofa an einem kleinem Tisch.

Hauptfeldwebel Mandy Recht-Pilz und Hauptmann Michael Soltner fühlten sich jederzeit wohl. Sie plauderten in lockeren Gesprächsrunden mit ihren Gästen.

Bundeswehr/Kathleen Riediger

Michael Soltner, Leiter der ITInformationstechnik-Abteilung der Logistikschule der Bundeswehr, erzählte von den anfänglichen Unsicherheiten im Umgang mit Frauen, die nun plötzlich zur Truppe gehörten. So habe er Kameraden erlebt, die sich beispielsweise gefragt hätten, ob sie die Tür schließen dürften, wenn eine Frau mit ihnen im Dienstzimmer ist. Soltner ist seit 31 Jahren bei der Bundeswehr und habe es hin und wieder erlebt, dass man ihm mit einem dummen Spruch begegnet. „Da schau‘ ich drüber weg. Wenn man dann mit den Leuten ins Gespräch kommt, klärt sich Vieles. Auch die Vorurteile“, weiß Soltner.
Beide Angehörigen der Logistikschule der Bundeswehr, der zentralen Ausbildungseinrichtung für Logistik in der Streitkräftebasis, standen den Fragen offen gegenüber. Sie hätten sich beide jederzeit wohl gefühlt.
Dennoch sind beide überrascht, wie wenig die Menschen doch über die Bundeswehr wissen. „Wenn noch mehr kämen, wäre das super. Füllt die Hallen. Die Öffentlichkeit weiß zu wenig über uns“, bittet Hauptfeldwebel Recht-Pilz.

von Kathleen Riediger   E-Mail schreiben

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