Streitkräftebasis

Kompetenzorientierte Ausbildung – Learning by Doing

Kompetenzorientierte Ausbildung – Learning by Doing

Datum:
Ort:
Walldürn
Lesedauer:
3 MIN

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Fasst ein Kind auf eine heiße Herdplatte spricht man von einer Lernerfahrung, die dauerhaft gespeichert ist – die Gefahr zu erklären, ist somit nicht mehr nötig. Kann man solche Lernerfahrungen im Sinne des „Kind-Herdplatten-Prinzips“ auch in einer Truppenausbildung machen? Diese Frage stellten sich die Ausbilder in einem Pilotprojekt im Logistikbataillon 461 in Walldürn.

Im Munitionsdepot Altheim stehen zwei Straßentankwagen nebeneinander. Hier findet die Ausbildung am Pumpenschrank statt.

„Learning by Doing“ – Erprobung der Kompetenzorientierten Ausbildung in der Truppen- und Teamausbildung. Die Ausbildung am Straßentankwagen Iveco 8x8 FSA als Pilotprojekt in der Streitkräftebasis.

Bundeswehr/Jan-Frederik Dammenhain

In der Kompetenzorientierten Ausbildung (KOA), stehen die Auszubildenden und das aktive Erlernen von Fähigkeiten und Kenntnissen im Mittelpunkt. Das heißt, es müssen verschiedene realitätsgetreue Situationen selbstständig bewältigt und das Erlernte unmittelbar umgesetzt werden. Die Lehrperson hält sich dabei im Hintergrund und lässt den Lernenden den Freiraum zur Selbsterfahrung und Reflexion. Bei der KOA soll so eine „vollständige Handlung“ abgebildet und überprüft werden. Hier ist es auch kein Problem, wenn anfangs ein paar Fehler passieren - bekanntlich lernt man durch gemachte Fehler am meisten. Der Ansatz einer KOA setzt einen erhöhten Grad an Motivation der Auszubildenden voraus. Die zu erreichenden Lernziele sind von Beginn an festgelegt und sollten erreicht werden. Während KOA bereits im Bundeswehr-Schulbetrieb und auch in zivilen Bildungseinrichtungen bereits umfassend integriert ist, wird die Erprobung in der Truppe aktuell erst durchgeführt.

Pilotprojekt im Logistikbataillon 461 in Walldürn

Zwei Soldaten stehen in Schutzausstattung am Pumpenschrank.

Der Ausbilder avanciert zum Moderator. So viel Abstand wie möglich und so viel Nähe wie nötg - Selbstständiges Handeln und dadurch wichtige Lernerfahrungen sammeln.

Bundeswehr/Jan-Frederik Dammenhain

Trockener Theorieunterricht und die strikte Trennung von Theorie und Praxis waren gestern – im Logistikbataillon 461 brachten die Ausbilder den Soldaten die Tankfahrzeuge innerhalb von zwei Wochen durch selbstorganisiertes Lernen und eine direkte Umsetzung in die Praxis näher. In der ersten Woche machten sich die Auszubildenden hauptsächlich mit den 40 Tonnen schweren, geschützten Straßentankwagen vertraut und waren auf bekannten Straßen im Odenwald oder in der Kaserne unterwegs. In der zweiten Woche stellten sie dann ihre erworbenen Kenntnisse vor anderen Dienststellen unter Beweis. Das Logistikbataillon 467 in Volkach (Bayern) wurde in die Ausbildung integriert. Die Teilnehmer aus Walldürn zeigten nun ihren „fremden“ Kameraden vom Schwesterbataillon anhand von komplexen Umpumpvorgängen, was sie bis dato im Umgang mit den Tankfahrzeugen gelernt hatten. Bei der KOA wird man eben auch mit nicht geplanten und unvorhersehbaren Situationen konfrontiert, in welchen man dennoch die Nerven behalten muss.

Aus der Komfortzone ins kalte Wasser

Die Auszubildenden fahren mit zwei Straßentankwagen auf einer engen Straße. Die Ausbilder folgen im PKW.

Bereits nach zwei Tagen müssen die Auszubildenden beweisen, was sie am Steuer können. Hier bewegen die Soldaten des Logistikbataillons 461 etwa 40 Tonnen schwere geschützte Tanklastwagen im Walldürner Umland.

Bundeswehr/Jan-Frederik Dammenhain

Unter den wachsamen Augen der Ausbilder agierten die Soldaten stets selbstständig und selbstverantwortlich, sei es bei der Streckenplanung, der Fahrereinteilung oder der Durchführung von Tankvorgängen – ohne dabei zu wissen, dass sie sich zu jeder Zeit in einer Prüfungssituation befinden könnten. Während die vorgeschriebenen „Pflichttore“ und Auflagen, die zu durchlaufen und zu erfüllen sind, werden bei der KOA keine herkömmlichen Erfolgskontrollen durchgeführt. Die praxisnahen Ergebnisse dienen als Grundlage der Bewertung. Zur Vermutung, dass die Freiheiten in dieser Ausbildung sicherheitsrelevante Aspekte vernachlässigen, entgegnet Projektoffizier Hauptmann Jan-Frederick Dammenhain: „Der Ausbildungsinhalt ist gleichgeblieben und entspricht den allgemeingültigen Vorschriften. Vielmehr haben wir das Gefühl, dass die Soldaten durch das selbstständige Aneignen des Wissens verstehen, weshalb es die Sicherheitsbestimmungen gibt und sie diese somit nachhaltiger verinnerlichen“.

Etablierung des Ausbildungskonzepts

Zwei Soldaten stehen neben ihrem Straßentankwagen und haben eine Warnweste an.

Unverhoffter Lerneffekt – auch eine unplanmäßige Panne kann als Lerneffekt verbucht werden. Handlungen aus der Realität in der Ausbildung integrieren – die Ausbilder haben die Panne als Lerninhalt genutzt.

Bundeswehr/Jan-Frederik Dammenhain

Hauptmann Dammenhain war als Leiter dieser Ausbildung bereits nach der ersten Woche beeindruckt von der steilen Lernkurve der Soldaten. „Neben dem deutlich realistischeren Vermitteln von Lerninhalten sehen wir vor allem auch die Motivation und das selbstständige Handeln als tollen Nebeneffekt. Nicht nur ich habe mich auf die Ergebnisse der vergangenen Wochen gefreut – auch die Kameraden fieberten auf den Abschluss der Ausbildung hin, um zu sehen, ob sie ihre selbstgesteckten Ziele erreicht haben“, erklärt der Projektoffizier. „Mich persönlich freut es sehr, dass wir in diesem Projekt Vorreiter sind. KOA in der Truppe unterliegt komplett anderen Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren als beispielsweise an einer Schule vorherrschen. Das erfordert viel Ideenreichtum, Herzblut und Fachkompetenz – was meine beiden Ausbilder jeden Tag eindrucksvoll unter Beweis stellen“ resümiert der Projektoffizier. Die Streitkräftebasis beabsichtigt mit dem Projekt in Walldürn weitreichende Erkenntnisse zu sammeln und diese mitunter als Grundlage zu nutzen, um die Ausbildungsform flächendeckend im fordernden Truppenalltag auszurollen.

von Jan-Frederik Dammenhain  E-Mail schreiben

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