Streitkräftebasis
Aufgesessen, mitgefahren

In den Einsatzraum: 500 Kilometer auf der eigenen Achse

In den Einsatzraum: 500 Kilometer auf der eigenen Achse

Datum:
Ort:
Deutschland

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Der Fokus auf die Landes- und Bündnisverteidigung erfordert nicht nur einsatzbereite Kräfte, sondern auch deren schnelle und sichere Verlegung. Was heißt es, mit über 1.000 Soldatinnen und Soldaten, deren Fahrzeuge aneinandergereiht 3.000 Meter Straße füllen würden, in einen Einsatzraum zu verlegen? Welche logistischen Unterstützungsleistungen sind dafür nötig? Zwei Logistikbataillone der mobilen Logistiktruppen der Bundeswehr haben genau das – genannt RSOMReception, Staging, Onward Movement-Prozess – bei der Übung Blue Bridge trainiert und sich dabei gegenseitig „beübt“. Wir schauen einer Fahrzeugbesatzung über die Schultern.

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  • Zwei SOldaten besteigen ein Flugzeug
    00:01

    Abflug

    Die Flugdauer bis Nordholz beträgt etwa 45 Minuten, wir wünschen einen angenehmen Flug“. Was sich fast wie eine Standardbegrüßung bei kommerziellen Airlines anhört, ist die Durchsage aus dem Cockpit eines A400-M der Luftwaffe. Stabsunteroffizier Normen W. und Gefreiter Jonas S. sind erst vor wenigen Minuten per Bus bis direkt an die Heckrampe des größten Transportflugzeugs der Bundeswehr gebracht worden. Mit über 30 weiteren Kameradinnen und Kameraden ist der Lufttransport der Beginn ihrer Verlegung in das fiktive Einsatzland „Altraverdo“. Laut Übungsszenario von „Blue Bridge“ verlegen sie dorthin, um eine deutsche Brigade bei der Verteidigung der Insel zu unterstützen.

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    Für Normen und Jonas heißt das: Nach dem Flug warten mehr als 500 Kilometer Marschstrecke auf der eigenen Achse ihres Iveco Trakker. Alle Schritte ihrer Verlegung sind von Kameradinnen und Kameraden des Logistikbataillons 163 aus Delmenhorst geplant und vorbereitet worden.

  • Ein Soldat sitzt auf einem Hocker und wird von einem anderen Soldaten fotografiert
    01:30

    Ankunft, Foto, ID-Card

    Sie führen die Übung durch und betreiben alle Punkte, die Jonas und Normen auf dem Weg zum Truppenübungsplatz Jägerbrück – ihrem Einsatzort – durchlaufen. Diesen Prozess der Ankunft beziehungsweise des Empfangen-werdens im Einsatzland, des Zusammenführens von Soldatinnen und Soldaten mit ihrem Material und der Unterstützung bei der Weiterverlegung ins Einsatzgebiet, nennt die NATO „RSOMReception, Staging, Onward Movement“ (Reception, Staging, Onward Movement). Die Delmenhorster sind wahre Profis des RSOMReception, Staging, Onward Movement-Prozesses. Ihr Bataillon wurde extra aufgestellt, damit die mobilen Logistiktruppen der Bundeswehr diese Dienstleistung für die NATO erfüllen können.

    Angekommen in Nordholz heißt es für unser Iveco Trakker-Duo raus aus dem Flugzeug, ab ins „Fotostudio“ und die eigene ID-Card empfangen. Alles so, wie es in einem realen NATO-Einsatz auch wäre – und doppelte Übung. Die Beelitzer trainieren ihre eigene Verlegefähigkeit, die Delmenhorster ihren Job als RSOMReception, Staging, Onward Movement-Team. Dazu gehört zum Beispiel auch die Gepäckabfertigung für Jonas, Normen und den Rest.

  • Viele Soldaten sitzen in einem Hörsaal und schauen auf eine Leinwand und eine vortragende Soldatin
    02:15

    Lageeinweisung

    Nächster Schritt im RSOMReception, Staging, Onward Movement-Prozess ist die Lageeinweisung. „Für mich ist immer wichtig, möglichst viel darüber zu wissen, was vor mir liegt“, berichtet Normen W. „Sei es auf der Straße mit meinem LKW, auf welchen Frequenzen wir funken oder aber auch in Bezug auf die Sicherheitslage.“ „Helm und Schutzweste immer in Reichweite“ heißt es bei der Einweisung, andere Auflagen zum militärischen Verhalten gibt es am Ankunftsort nicht. Laut Szenario ist der Flughafen außerhalb der Reichweite gegnerischer Kräfte und somit sicher. Doch die fiktive Bedrohungslage kann und wird sich ändern auf den 500 Kilometern bis zum Zielort. Nichts Unbekanntes für den erfahrenen Stabsunteroffizier, der zum zweiten Mal Soldat ist.

    In seinen ersten vier Jahren beim Bund war er im Personalbereich im bayrischen Roth eingesetzt und einmal im Einsatz in Afghanistan. Nach etwa zehn Jahren in einem Call-Center wollte Normen zurück zur Truppe und ist seit sechs Jahren in der Stabs- und Versorgungskompanie des Logistikbataillon 172. „Wir von ,der Ersten‘ machen die Realversorgung für unser Bataillon – sprich, wir transportieren Versorgungsgüter und Munition und gehören meist zu den ersten Kräften in einem neuen Einsatzraum oder auf dem Übungsplatz“.

  • Viele militärische LKWs parken nebeneinander
    04:00

    Wo ist mein LKW?

    So ist es auch bei Blue Bridge. Da Jonas für den Iveco Trakker noch Führerschein und Fahrberechtigung fehlen, ist klar, dass Normen in den Bus zur „Marshalling Area“ steigt, an der noch sämtliche der über einhundert Fahrzeuge des Beelitzer Bataillons auf ihre Fahrerinnen und Fahrer warten. Hier in Hesedorf ist alles perfekt vorbereitet durch die 163er aus Delmenhorst, die gestern und vorgestern alle Fahrzeuge an der Entladerampe von Waggons heruntergefahren haben. Stoßstange an Stoßstange stehen die LKWs, Kräne, geschützten Fahrzeuge und andere Autos bereits so geparkt, dass die vorgesehenen Marschkolonnen nur noch abfahren müssen. Doch bevor es soweit ist, heißt es: Wo ist mein LKW?

    „Ich gehöre zu Marschteileinheit 2. In MTE 1 fährt vor uns der Bataillonsstab“, berichtet Normen im Bus. Also entscheidet er sich für die Gasse zwischen Fahrzeugreihe zwei und drei, um seinen Iveco Trakker zu finden. Nicht schlecht geschätzt. Zweimal noch huscht er zwischen zwei Stoßstangen in die Nachbargasse und schon ist er am LKW angekommen. Schlüssel finden, Rucksack hochwuchten, schnell Cockpit-Check, einmal rum um Laster und Anhänger. Alles in Ordnung. Dann zurück zum Marschgruppenführer, um zu erfahren, wann es weiter geht.

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  • Viele Soldaten knien oder stehen im Kreis
    05:15

    Befehlsausgabe und Abmarsch

    Lange Pieptöne, viele Knöpfe, die gedrückt werden wollen … Es dauert, bis ein lautes, kräftiges Wummen den unerfahrenen Beifahrern (Redakteur und Fotograf sitzen mit im LKW) keine Zweifel mehr lässt – die über 300 PS des Motors sind gestartet und bereit die elf Tonnen plus den Anhänger zu bewegen. Kaum fährt das Fahrzeug vor uns los, rollen wir hinterher.

    Wohin es geht, wie lang die Fahrtstrecke ist und welche Fahrzeugabstände einzuhalten sind, hat Normen kurz zuvor bei der Befehlsausgabe erfahren. Sein Iveco Trakker ist das vorletzte Fahrzeug der Kolonne, hinter ihm fährt ein Bergekran – allerdings nur heute, morgen verbleibt er am Zielort. „Ich beantrage dann morgen einen Platz nach vorne zu rutschen im Marschband.“, meldete sich Normen nach bei der Befehlsausgabe, „Als Gespann mit Anhänger bin ich als letzter der Kolonne ungeeignet, weil ich Liegengebliebene nicht bergen kann“. Antrag stattgegeben!

  • Eine Soldatin betankt einen LKW
    06:20

    Tanken, Parken, Schlafen

    Es sind nur etwa 50 Kilometer bis in die Kaserne in Rotenburg, in der das RSOMReception, Staging, Onward Movement-Bataillon die „Staging Area“ eingerichtet hat. Bei Ankunft wird es dunkel. Die Kolonne fährt direkt zum Tanken. Zu Übungszwecken wird nicht etwa die Zapfsäule der Kaserne genutzt, sondern Frauen und Männer der vierten Kompanie des Logistikbataillons 163 betanken die Fahrzeuge per Feldtankwagen. Ihre Kompanie besteht aus sechs sogenannten Sammelraumunterstützungszügen. Das komplizierte Wort bedeutet, sie können für andere Verbände eine Art militärischen Autohof zum Tanken, Parken und Schlafen einrichten. Die Station hier in Hesedorf bietet eine Besonderheit, das Material – sprich die Fahrzeuge – und das Personal treffen erstmals in Gänze aufeinander. Die NATO-Logistik nennt das Staging, also das Verheiraten von Personal und Material.

    Aus Sicht von Normen sieht das so aus: Er stellt den Iveco Trakker an der neuen Position im Marschband ab und trifft wieder auf Jonas. „Im Bataillon haben wir eine Grundausbildungskompanie“, erzählt er. „Mir macht es Spaß mein Wissen und meine Erfahrung an die jungen Rekrutinnen und Rekruten weiterzugeben – ich bin ja schon ein alter Hase.“

    Gemeinsam gehen alter Hase und Jungspund zur Essensausgabe, um eine warme Suppe zum Abendbrot zu essen. „Normen ist doppelt so alt wie ich, natürlich kann ich viel von ihm lernen“, meint Jonas zwischen zwei Löffeln Suppe. Der Realschulabsolvent ist seit April bei der Bundeswehr und will als Freiwillig Wehrdienstleistender für knapp zwei Jahre reinschnuppern in die Kasernenwelt. Das der Dienst als Soldat Härten mit sich bringt weiß er bereits, die Grundausbildung sei „hart, aber auch schön gewesen.“

  • Zwei Soldaten posieren vor ihrem LKW
    18:30

    Frisch beladen geht’s weiter

    Zwölf Stunden und eine Zeltnacht im Feldbett später, stehen Jonas und Normen abfahrbereit vor ihrem Gespann. In den frühen Morgenstunden haben sie von den Delmenhorster Kameradinnen und Kameraden zehn Paletten mit Munitionskisten erhalten, auf den Hänger geladen und gesichert. „Gefüllt sind das pro Kiste 600 bis 700 Kilogramm“, erläutert Normen. Auf der Übung bleiben die Kisten allerdings leer, Gewehrmunition und Handgranaten sind nicht dabei, Muskelkraft war trotzdem gefragt. „Die Paletten waren nicht ganz voll beladen, so dass sie alle auf den Anhänger gepasst haben. Der hat Platz für acht volle Paletten, auf den LKW passen nochmal sechs“, berichtet Jonas. Dann muss er weiter zur Funkkreiseröffnung.

    Zwei Soldaten beugen sich über ein Funkgerät

    Per Funkgerät bleibt die Kolonne untereinander in Kontakt

    Bundeswehr/Christopher Preloznik
    Eine Soldatin übergibt einem Soldaten ein Gewehr

    Normen W. empfängt seine Waffe. Spätestens jetzt ist klar: Diese Übung ist ernst.

    Bundeswehr/Simon Ruhnke

    Als Kommandant ist es während des Straßenmarschs seine Aufgabe, die Verbindung mit dem Marschgruppenführer und den anderen Fahrzeugen zu halten. Dabei befolgt der gekonnt den Funkgrundsatz der Bundeswehr: Denken, Drücken, Sprechen. 

  • Ein Militär-LKW fährt auf einer Landstraße, ihm folgen weitere militärische Fahrzeuge.
    20:00

    Keine besonderen Vorkommnisse

    Etwa eine Stunde sind Jonas und Normen jetzt unterwegs, haben die Hansestadt Hamburg hinter sich gelassen. Fahrer und Kommandant haben gewissenhaft notiert, an welchen Autobahnkreuzen sie in welche Richtung wechseln. Obwohl es stark regnet, kommt die Kolonne gut voran. „Das habe ich auch schon anders erlebt“, berichtet Normen aus seinem Erfahrungsschatz. „Häufig wissen die Fahrerinnen und Fahrer der anderen Autos nicht, wie sie sich bei einer Militärkolonne zu verhalten haben. Deshalb fahre ich immer besonders aufmerksam.“

    Eigentlich ist es ganz einfach, jedes Fahrzeug einer Kolonne ist mit einer blauen Fahne markiert, beim letzten Fahrzeug ist die Fahne grün. Verkehrsrechtlich gilt eine Kolonne als ein Fahrzeug, darf zum Beispiel bei Rot über die Ampel fahren, wenn beim ersten Fahrzeug Grün war. Sich zwischen die Fahrzeuge quetschen ist nicht erlaubt. Heute gibt es damit keine Probleme, Jonas und Normen verlassen die Autobahn auf die Minute genau wie laut Marschtabelle geplant.

  • Ein Soldat schaut auf den Motor eines LKW
    21:45

    Rast und Technischer Dienst

    Seit der Stabsunteroffizier und der Gefreite in Berlin abhoben, sind nun fast 24 Stunden vergangen. Auf dem Weg ins „Convoy Support Center“ (CSCConvoy Support Centre) nach Trollenhagen bringen sie heute mehr als 400 Kilometer hinter sich. Etwa auf halbem Weg haben sie die Autobahn verlassen, um in Hagenow einen Technischen Halt einzulegen. Die Pause ist wichtig, um einmal abzuschalten und zu Kräften zu kommen. Das kennt jede und jeder aus der Fahrt in den Urlaub. Wie oft gerastet wird, entscheidet sich nach den Lenk- und Ruhezeiten, die auch bei der Bundeswehr vorgeschrieben sind.

    Doch es geht nicht nur ums Akku auffüllen. Befohlen ist auch Technischer Dienst. Als Fahrer übernimmt Normen ihn. Zuerst öffnet er die Motorhaube und schaut nach dem Stand von Öl und Kühlflüssigkeit. Beim Rundgang um den LKW prüft er gewissenhaft, ob die Bremsbelege heiß gelaufen sind, und dass die Ladeplanen festsitzen. Einmal muss er nachzurren. Um sicherzugehen, dass die Reifen keine Beschädigungen haben, taucht er zur Sichtkontrolle unter die Kotflügel. Gemeinsam mit Normen checkt er, dass alle Lichter funktionieren. „Alles im grünen Bereich“, ist er sich nach einigen Minuten sicher.

  • Ein Soldat in oranger Warnweste weist einen ankommenden LKW ein
    26:12

    Tanken, Parken, Schlafen die Zweite

    Spät am Abend trifft Marschteileinheit 2 am CSCConvoy Support Centre ein. Der Ablauf ist genau wie zwanzig Stunden zuvor: Tanken, Parken, Schlafen. Wieder sind es die RSOMReception, Staging, Onward Movement-Profis des Logistikbataillon 163 aus Delmenhorst, die Jonas, Normen und ihre Kameradinnen und Kameraden nach acht Stunden on tour empfangen. Jetzt im letzten Schritt des RSOMReception, Staging, Onward Movement-Prozesses, dem Onward Movement. Bei dieser Verlegung bis in den Einsatzraum ist die Unterstützung der Delmenhorster natürlich ebenso gefragt, wie zuvor. Denn es gilt: Ohne Mampf, kein Kampf. Und weitergedacht, ohne Sprit, bleibt jede Kolonne liegen.

    Normen parkt seinen LKW im Licht der Scheinwerfermasten etwa 200 Meter abseits der Kolonnen, denn für Fahrzeuge mit Munition gelten natürlich besondere Bestimmungen. Schnell schließen er und Jonas zu den anderen auf. Es gibt Steak, was alle Besatzungen nach dem langen Tag auf Achse freut. „Die Verpflegung hier war super, das wird nur noch davon getoppt, dass wir für die Nacht Stuben haben“, lächelt Normen müde, aber satt und zufrieden.

  • Ein Soldat mit Kelle in der Hand zeigt LKWs den Weg
    37:20

    Abmarsch zum Ziel

    Nächster Morgen. 37 Stunden sind die Logistikprofis aus Beelitz jetzt unterwegs. Und nun verlassen sie ihre Partner aus Delmenhorst. Das Logistikbataillon 172 konnte sich voll und ganz auf das Logistikbataillon 163 RSOMReception, Staging, Onward Movement verlassen. Kein einziges ausgefallenes Fahrzeug. Kein nennenswerter Zeitverzug. Für Marschteileinheit 2 läuft alles nach Plan. Die Rädchen, die das RSOMReception, Staging, Onward Movement-Bataillon ineinandergreifen lässt, laufen wie geschmiert.

    Bis zum Zielort sind es nun nur noch knappe 100 Kilometer – ein Katzensprung im Vergleich zur Etappe gestern. Dank der Unterstützung am CSCConvoy Support Centre machen sich Normen und Jonas mit ihrer Kolonne ausgeruht auf den Weg zum Ziel. Eine letzte Befehlsausgabe, ein letzter Technischer Dienst und dann heißt es: „Abmarsch!“

    von Simon Ruhnke  E-Mail schreiben

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