Hessen startet mit Ausbildung Ungedienter in die Praxis
Hessen startet mit Ausbildung Ungedienter in die Praxis
- Datum:
- Ort:
- Hammelburg
- Lesedauer:
- 6 MIN
Startschuss für das 1. Modul des Projekts „Ungediente für die Reserve“ in Hessen: Organisiert und durchgeführt vom Landeskommando Hessen, absolvierten 54 Männer und 15 Frauen zwischen 18 und 62 Jahren erfolgreich die erste Praxisausbildung in Hammelburg.
Das Landeskommando Hessen als Teil der Streitkräftebasis bildet in Hammelburg Ungediente aus. Auf dem Dienstplan der Rekrutinnen und Rekruten standen unter anderem der Umgang mit dem Gewehr G36, die Ausbildung im Formaldienst, Recht, Politische Bildung, die Durchführung des Basisfitnesstests, das Schießen im „Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen“ und ein Eingewöhnungsmarsch.
Viel Programm für eine Woche Truppenübungsplatzaufenthalt. Für Ungediente sowieso. Wie erlebten die Teilnehmenden diese herausfordernde Woche? Eine Rekrutin und zwei Rekruten führten ihr ganz persönliches „Einsatztagebuch“. Und auch einer der Projektverantwortlichen kommt zu Wort.
Daniel Wodniczak, 39 Jahre, Kommunikationsmanager
Als Ungedienter war ich sehr gespannt darauf, was mich erwartet. Zu Anfang war das erste Antreten in Zivil ungewohnt. Ich bin erstaunt und stolz, wie meine Kameradinnen und Kameraden des 2. Zuges schon am zweiten Tag in Formation auf dem Antreteplatz marschiert sind. Für mich ein Gänsehautgefühl. Besonders beeindruckt hat mich der Vortrag von Oberstleutnant Körner zum Thema „Dienen – Warum?“. In seiner Motivation zum Dienst am Land habe ich mich total wiedergefunden.
Tag 3:
Heute stand der Vormittag ganz im Zeichen der G36-Ausbildung, dieses Mal schon mit Anvisieren von „Feinden“ aus Sperrholz. Speziell der hochkonzentrierte Umgang mit der Waffe und das saubere Laden, Entladen und Sichern war den Ausbildern wichtig. Nachmittags folgte dann der herausfordernde Sporttest – insbesondere der 1.000-Meter-Lauf war besser als gedacht und für mich ein zeitliches Highlight. Obwohl ich in meiner Freizeit Kampfsport mache und gerne Laufen gehe, war das eine anstrengende Disziplin, bei der ich an meine Belastungsgrenze kam. In Erinnerung wird mir das Anfeuern der Kameraden bleiben.
Tag 4:
Der Tag stand ganz im Zeichen des praktischen Schießens mit dem G36 im Schießsimulator. Schon im Bus stieg die Anspannung: Nun musste das in der Theorie gelernte praktisch angewendet werden. Und es gelang: der Rückstoß war erstaunlich gering und die Ziele wurden korrekt getroffen – und der Test war bestanden. Abgerundet wurde der Tag dann mit dem Kameradschaftsabend – völlig konträr zu den letzten Tagen konnten wir mit den Kameraden bei Bier und Bratwurst ins Gespräch kommen und es war spannend zu hören, aus welchen unterschiedlichen Bereichen die Kameraden im Zivilleben kommen: von Lehrern über Bankkaufleute zu Steuerberatern und Anwälten ist alles dabei.
Tag 5:
Und weiter geht’s. Wie jeden Tag ertönt um 5:45 Uhr der Befehl „Zwoter Zug aufstehen“ - und heute fällt es irgendwie schwer. Doch die Müdigkeit verfliegt schnell, denn es geht wieder in den Schießsimulator. Auch an diesem Tag scheine ich ein gutes Auge und ruhiges Händchen zu haben – alle Prüfungen sind bestanden. Nach dem Simulator wiederholen und vertiefen wir die unterschiedlichen Anschlagarten, das Zusammensetzen und Zerlegen des G36 und den Formaldienst. Gerade das ungewohnte Grüßen und Meldung machen fällt noch etwas schwer, aber nach einer Woche ist das auch irgendwie klar. Morgen geht es dann auch schon wieder heim – irgendwie schade.
Tag 6:
Heute ist der letzte Tag und auch der erste Eingewöhnungsmarsch. Fünf Kilometer mit den Kampfstiefeln ohne Gepäck. Ich bin erstaunt, wie gut die Schuhe sitzen und wie erfolgreich ich den Marsch absolviere. Was mich rückblickend ebenfalls begeistert, ist die Multikulturalität. Als halber Phillipino habe ich viele gleichgesinnte „Mischlinge“ als Kameraden kennen und schätzen gelernt. Schade, dass die Zeit schon vorbei ist.
Melanie Stolz, 43 Jahre, Gutachterin
Es ging mir bisher wirklich sehr gut. Die Situation ist zwar etwas ungewohnt, aber es ist erstaunlich, wie viel man am Ende eines Tages schon gelernt hat. Heute war eine leichte Nervosität im Zug zu spüren, da der Basisfitnesstest, kurz BFTBasis-Fitness-Test, anstand. Dieser hat so manchen an die persönliche Grenze getrieben. Aber dank der guten Kameradschaft konnte der gesamte Zug gemeinsam den BFTBasis-Fitness-Test durchziehen.
Tag 4:
Am Nachmittag ging es das erste Mal in den Schießsimulator (AGSHPAusbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen). Das war eine spannende Erfahrung. Der Tag wurde am Abend in geselliger Runde beim Kameradschaftsabend abgeschlossen. Der Waffendrill war am Anfang ungewohnt, hat sich aber gelohnt, was sich dann beim Schießen im Simulator gezeigt hat.
Tag 5:
Der Tag war interessant gestaltet, da die Stationen im Vergleich zum Vortag variiert haben. Mein persönliches Highlight war das Schießen im AGSHPAusbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen und das Bestehen der vier Prüfungen.
Tag 6:
Es war heute ein sehr schöner Abschluss dieser Woche mit dem Eingewöhnungsmarsch. Ich werde weiter an der persönlichen Fitness arbeiten.
Thomas Gehbauer, 48 Jahre, Geschäftsführer:
Mir geht es gut. Ich bin froh, diese Entscheidung getroffen zu haben. Auch wenn der Dienst heute fordernd war. Es war sehr interessant. Als Sportschütze fand ich die Ausbildung am G36 sehr spannend.
Tag 3:
Heute war sehr fordernd, körperlich anstrengender. Es war interessant, sich in der Gruppe sportlich zu messen. Der Tag war abwechslungsreich und so langsam fühlt man sich durch die Ausbildung wie ein Soldat. Die Kameradschaft wächst zusammen.
Tag 4:
Heute stand zum ersten Mal das AGSHPAusbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen auf dem Dienstplan. Hier konnten wir mit modernem Gerät den scharfen Schuss simulieren und haben danach eine detaillierte Rückmeldung bekommen. Danach ging es zum Militärgottesdienst. Der anschließende Kameradschaftsabend war einfach klasse. Es war ein interessanter, dienstgradunabhängiger Austausch.
Tag 5:
Der Tag begann wieder mit dem Simulatortraining im AGSHPAusbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen. Es wurden vier weitere Übungen mit dem G36 geschossen. Ich bin froh, alle Übungen bestanden zu haben. Auf den weiteren Stationen wurden nochmals diverse Inhalte wie Formaldienst und das Zerlegen und Zusammensetzen des G36 unter erschwerten Bedingungen geübt. Morgen geht es auf den Eingewöhnungsmarsch und die Vorfreude auf meine Familie ist sehr groß.
Beeindruckendes Engagement und hohe Motivation
Seit Anbeginn des Projekts im Landeskommando Hessen ist Oberleutnant der Reserve Benedikt Krämer als Projektoffizier Teil der Projektgruppe.Als Spezialist der Streitkräftebasis war er für den ersten Übungsplatzaufenthalt in Hammelburg zusätzlich als Kompaniechef eingesetzt. In dieser Doppelfunktion war Krämer vom ersten bis zum letzten Moment für die Organisation und die Ausbildung der Rekrutinnen und Rekruten verantwortlich.
Ihn überzeugte vor allem das Engagement und die Einsatzbereitschaft der Rekrutinnen und Rekruten: „Die Rekruten habe ich, vor allem bei zahlreichen persönlichen Gesprächen im Vorfeld, als äußerst motivierte und wissbegierige Teilnehmer wahrgenommen. Den – insgesamt auf alle Module betrachteten – deutlich geringeren Stundenansatz gegenüber einer regulären Grundausbildung machen die Rekruten durch ihr vorangegangenes, umfangreiches Selbststudium, durch ihre Lebenserfahrung und ihre unvergleichbar hohe Leistungsbereitschaft wett.“
Trotz der mit einer Woche geringen Ausbildungszeit und der relativ kurzen Vorbereitungszeit des Stammpersonals vor Ort seien die Resultate, die die Ausbilder- und Zugführer erzielt haben, laut Krämer beachtlich. „Für sie war ich in dieser Woche der Ansprechpartner und Impulsgeber. Dass den Ausbildern ein reibungsloser Ablauf gewährleistet wurde, war mir und der gesamten Projektgruppe, unabhängig von Tages- und Nachtzeit, das höchste Gut“, ergänzt der Oberleutnant.
Die Ziele für die kommenden Module und Ausbildungen seien bereits abgesteckt: „Wir werden nun die Folgeausbildungen planen, die Ausbilder einheitlich weiterbilden sowie die kommenden Module und den Durchgang 2021 noch effizienter planen bzw. gestalten, um den Standard, den wir gesetzt haben, halten und steigern zu können.“
Das 2. Modul der Ausbildung Ungedienter findet voraussichtlich im Januar 2021 statt. Doch zunächst plant das Landeskommando Hessen eine Informationsveranstaltung für den zweiten Durchgang des Projekts „Ungediente für die Reserve“ im Oktober dieses Jahres..
Hintergrund:
Das Landeskommando Hessen, unterstützt durch die Landesgruppe Hessen im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e. V.eingetragener Verein, bietet im Jahr 2021 erneut eine Ausbildung ungedienter Anwärterinnen und Anwärter für den Einstieg in die Reserve der Bundeswehr an. In der Ausbildung wird es um die Erlangung allgemeinmilitärischer Grundfähigkeiten wie z. B. Wehrrecht, den Umgang mit Waffen, Leben im Felde, Formaldienst, Wach- und Sicherungsaufgaben, ABCAtomar, Biologisch, Chemisch- und Sanitätsausbildung gehen.
-
Facebook Regional