Hand in Hand läuft die Hilfe in den Hochwassergebieten
Hand in Hand läuft die Hilfe in den Hochwassergebieten
- Datum:
- Ort:
- Ahrweiler
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Das „Jahrhundertunwetter“ mit regelrechten Sturzfluten hatte katastrophale Folgen für tausende Menschen im Westen Deutschlands. Viele Todesopfer, hunderte Verletzte und immense Schäden. Noch immer werden Menschen vermisst. Ohne Behörden, Hilfsorganisationen, freiwillige Helfer und die Bundeswehr ist die dringende Hilfe nicht zu schaffen.
Schnell war klar: die ursprünglich von den Behörden angeforderte Amtshilfe an Transportraum wird allein nicht ausreichen, um die Folgen der Flutkatastrophe zu lindern. Auch mehr als eine Woche nach dem verheerenden Hochwasser sind viele Orte der betroffenen Region noch ohne Strom, Trinkwasser, Nahrungsmittel sowie ohne Kommunikations- und Internetverbindung. Die Infrastruktur ist in großen Teilen zerstört, Straßen unpassierbar. Die ersten Soldatinnen und Soldaten vor Ort erkannten schnell, was sonst noch dringend gebraucht wird und nutzten die Strukturen der Bundeswehr um Nachschub an Material, Gerät, Fahrzeugen und vor allem Personal zu organisieren.
Logistische Basis am Nürburgring
Unweit vom Katastrophengebiet liegt der Nürburgring. Dessen hervorragende Infrastruktur mit befestigten Fahrerlagern, Parkplätzen und großzügigen Räumlichkeiten wird von den Behörden, den Hilfsorganisationen und der Bundeswehr genutzt, um die Hilfe zu koordinieren. Dort, wo sonst die Renn-Teams ihre Servicepunkte aufschlagen, steht jetzt eine regelrechte Kleinstadt aus Containern und Zelten. Gabelstapler huschen hin und her, verladen Lebensmittel und Geräte. Helferinnen und Helfer vom THWTechnisches Hilfswerk packen beim Logistikbataillon 461 aus Walldürn mit an, dessen Soldatinnen und Soldaten beladen an anderer Stelle einen LKW der Feuerwehr. „Es geht Hand in Hand“, sagt Oberstleutnant Dirck Radunz, der Bataillonskommandeur. „Ebenfalls greift bei der Bundeswehr ein Rädchen ins andere. Was wir benötigen, ist schnell und unbürokratisch vor Ort.“ Inzwischen helfen Einheiten aus allen Teilstreitkräften. Sie arbeiten zusammen mit Hilfskräften aus dem gesamten Bundesgebiet.
Pionierarbeit
Die Tankstellen in der Region, die noch funktionieren, wären dem Ansturm der durstigen Spezialfahrzeuge, Gerätschaften und sogar Panzern nicht gewachsen. Darum sind Kräfte der Spezialpioniere aus Husum vor Ort. Im Schatten der Haupttribüne des Rennkurses errichteten die Betriebsstoff-Spezialisten aus dem hohen Norden innerhalb von sechs Stunden ein komplettes Feldtanklager auf einer Asphaltfläche. Die wesentliche Leistung der Soldatinnen und Soldaten aus dem Spezialpionierregiment 164 ist der Aufbau eines Tanklagers mit einer Kapazität von 150.000 Litern. Zusätzlich kontrollieren die Spezialpioniere ständig die Qualität des Kraftstoffs und sorgen für die Einhaltung der umweltrelevanten Schutzbestimmungen. Sie fungieren als DIE Schnittstelle zwischen dem zivilen Tankunternehmen und den militärischen Verbrauchern. Die faltbaren Tankbehälter ähneln großen Luftkissen und fassen jeweils 38.000 Liter Diesel, Kerosin oder Benzin. Oberfeldwebel Dennis Poschkamp wacht mit einem sechsköpfigen Team als Tanklagerleiter über das Geschehen.
Unterschiedlichste Fähigkeiten gefragt
Pionierarbeit im Wortsinne ist auch der Brückenschlag über die Ahr. An verschiedenen Stellen schafften die Panzerpioniere aus Minden wichtige Übergänge für die Rettungs- und Transportfahrzeuge. Die Panzerschnellbrücke Biber kann bis zu 20 Meter überbrücken und verkraftet auch tonnenschwere Fahrzeuge. Ein wichtiges Gerät ist der Pionierpanzer Dachs mit seiner immensen Kapazität im Räumdienst. Das ist wichtig, um die Mengen an angeschwemmten Treibgut zu bewältigen und die Grundlagen für den behelfsmäßigen Straßenbau zu schaffen. Bagger, Radlader und Raupen des THWTechnisches Hilfswerk und ziviler Firmen kommen dank der militärischen Hilfe erheblich schneller voran. Logistische Fähigkeiten werden bei den Bergungsarbeiten benötigt. Im Treibgut der Ahr befinden sich Behälter, Autos, Container und entwurzelte Bäume. Kranfahrzeuge der Spezialisten aus dem Odenwald leisten dabei unverzichtbare Hilfe.
Die Strukturen funktionieren
Das Bundeswehrdienstleistungszentrum in Daun hatte kurzerhand eine Materialausgabestelle eingerichtet, welche rund um die Uhr besetzt ist. Hier können sich militärische und zivile Helferinnen und Helfer beispielsweise mit Hygieneartikeln eindecken. Die „Instandsetzer“ des Logistikbataillons 461 fahren mit ihren mobilen Werkstattwägen an die Orte und Plätze, wo Aggregate, Geräte oder Bagger ausfallen. Sie ersetzen die zivilen Werkstätten und ermöglichen, dass zügig weitergearbeitet werden kann. Die 2. Kompanie des Logistikbataillons 172 aus Beelitz in Brandenburg hat hier in der Eifel eine Kanisterreinigungs und -füllanlage installiert. Insgesamt können an dieser Spezialeinrichtung bis zu 800 Kanister pro Tag gereinigt und wieder befüllt werden. Diese fassen jeweils 20 Liter und sind insbesondere für die zahlreichen Notstromaggregate im Krisengebiet von elementarer Bedeutung.
Persönlicher Einsatz
„Wir müssen die Soldatinnen und Soldaten teilweise ‚bremsen‘“, erklärt Oberstleutnant Radunz. „Wie bei den zivilen Hilfskräften und den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern ist die Motivation hoch. Aber wir müssen gleichfalls mit unseren Kräften haushalten. Weil wir angesichts der Lage, wohl noch länger werden hierbleiben müssen.“ Der Nationale Territoriale Befehlshaber, Generalleutnant Martin Schelleis, stellte als Gesamtverantwortlicher für den Amtshilfeeinsatz in Aussicht, dass die Bundeswehr solange bleiben wird, wie es nötig ist. Die Besatzungen der Spezialfahrzeuge müssen daher im Schichtdienst gehalten werden, um Ressourcen zu schonen. Radunz nennt weitere Beispiele, wie Hilfe funktioniert: „In unseren Reihen sind Kameradinnen und Kameraden, die in der Region beheimatet, aber irgendwo in Deutschland stationiert sind. Um zu helfen wurden sie kurzerhand zu meinem Verband kommandiert und unterstützen uns mit ihren Ortskenntnissen, sodass selbst andere Verbände auf die umfassenden Erkundungsergebnisse zurückgreifen. Ein entscheidender Beitrag vor allem für die Bereiche der Region, wo Hilfe bisher nur spärlich oder gar nicht geleistet werden konnte.“ Das wird sich jetzt ändern.
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