Grundausbildung im Spitzensport – wieviel Soldat steckt im Sportsoldaten?
Grundausbildung im Spitzensport – wieviel Soldat steckt im Sportsoldaten?
- Datum:
- Ort:
- Hannover
- Lesedauer:
- 4 MIN
Knapp 200 Sportsoldatinnen und Sportsoldaten sind nominiert, um für Deutschland bei den Olympischen Spielen in Paris Medaillen zu gewinnen. Doch sind Sportsoldaten „echte“ Soldaten? Wir begleiten Obergefreiten Till Hugenroth, Junioren-Weltmeister und Ski-Nachwuchshoffnung, in der Grundausbildung in Hannover.
Fünf Mal pro Jahr findet an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover eine sogenannte „Besondere Grundausbildung“ statt. Sportsoldat Till Hugenroth absolviert sie gerade.
Während die Grundausbildung normalerweise in der Lehrgruppe A drei Monate dauert, ist seine auf vier Wochen gekürzt. Dies sei eine Herausforderung, so der Ausbildungsleiter Hauptmann Manuel K.*
Inhaltlich sind beide Grundausbildungen gleich aufgebaut: Formaldienst, Schießausbildung oder Gefechtsdienst – alle Module müssen erfüllt werden, damit die Sportsoldatinnen und -soldaten weiter in der Spitzensportförderung bleiben dürfen. Die vier Wochen werfen den Obergefreiten nicht im Training zurück, schließlich könne er nach Dienst seine Fitness trainieren, berichtet Hugenroth. Doch der militärische Standard anderer Soldatinnen und Soldaten kann in der gekürzten Ausbildung nicht immer erreicht werden.
Manches kommt den Sportsoldatinnen und – soldaten in der Grundausbildung aber auch zugute. Die große körperliche Belastbarkeit und das rasche Verständnis sowie die eingespielte Umsetzung von neuen Bewegungsabläufen helfen den Athletinnen und Athleten der Bundeswehr, auch in der Grundausbildung hervorzustechen. Till Hugenroth absolvierte beispielsweise die Hindernisbahn an seinem ersten Tag innerhalb von 1:25 Minuten. Voraussetzung für die Teilnahme am berühmt-berüchtigten Einzelkämpferlehrgang sind 2:15 Minuten. Dafür trainieren andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Gegensatz zu den Sportsoldatinnen und -soldaten oft monatelang.
Abbrecherquote unter einem Prozent
An der Feldjägerschule werden rund 150 Sportsoldatinnen und -soldaten jedes Jahr in jeweils fünf Durchgängen ausgebildet. Dabei liegt die Abbrecherquote unter einem Prozent. 17 Prozent sind es in der regulären Grundausbildung dort. „Selbstdisziplin und Biss sind sicherlich bei den Sportkameradinnen und -kameraden besser ausgeprägt.“ so Hauptmann Manuel K.
Darüber hinaus ist eine Stelle in der Förderung der Bundeswehr für Spitzensportlerinnen und -sportler eine einzigartige Möglichkeit. Im Gegensatz zu Polizei und Zoll ist die Bundeswehrförderung stärker an den Interessen der Athletinnen und Athleten orientiert. Bei der Polizei werden beispielsweise alle Spitzensportlerinnen und -sportler zum Polizeivollzugsbeamten im mittleren Polizeivollzugsdienst ausgebildet.
Eine Ausbildung, die rund vier Jahre mit jeweils mindestens vier zusammenhängenden Monaten in Anspruch nimmt. Die verkürzte Grundausbildung und eine jeweils jährliche militärische Weiterbildung je nach Laufbahn kommen den Spitzensportlern da eher entgegen. Der Bundeswehr aber auch: „Der Auftrag der Sportsoldatinnen und -soldaten ist es, Medaillen für Deutschland zu gewinnen“, so Hauptmann K. Die militärische Ausbildung ist dabei eher eine Chance für die Karriere nach dem Sport.
Karriere auf Bewährung
Eine grundlegende Voraussetzung, um in der Spitzensportförderung der Bundeswehr aufgenommen zu werden, ist die Zugehörigkeit zu einem Olympia- oder Nachwuchskader oder einer deutschen Nationalmannschaft. Die Bundeswehr stellt den Dachverbänden – wie dem Deutschen Skiverband oder dem Deutschen Karateverband – eine begrenzte Anzahl an Plätzen zur Verfügung.
Im Deutschen Karateverband beispielsweise sind es acht Stellen, die in einem internen Bewerbungsverfahren besetzt werden. In den Verbänden sind die Plätze jeweils hart umkämpft. Auch der 20-jährige Hugenroth hat sich um einen Platz als Sportsoldat bemüht, allerdings konnte er diesen nur besetzen, weil ein anderer Skicrosser seine Karriere als Spitzensportler an den Nagel gehängt hat.
Grundsätzlich müssen neben der Zugehörigkeit zum Kader auch die jeweiligen militärischen Ausbildungen bestanden werden. Zu Beginn der Karriere bedeutet das: die Grundausbildung. Je nach persönlichem Ziel kann über die Dauer der Kooperation nach dem freiwilligen Wehrdienst eine Übernahme als Soldatin oder Soldat auf Zeit in Betracht gezogen werden. Hugenroth möchte sich im nächsten Jahr als Soldat auf Zeit bewerben. Dafür muss er anstehende Laufbahnlehrgänge bestehen. Ein weiterer Vorteil der Förderung der Bundeswehr: Das Gehalt steigt gemäß Dienstgrad.
Militärische Heimat in Sonthofen
Militärische Heimat von Till Hugenroth ist die Sportfördergruppe Sonthofen. Sportsoldatinnen und -soldaten sind in insgesamt 15 Sportfördergruppen organisiert. Während der jeweilige Verband die sportliche Karriere organisiert, wird die Bundeswehrkarriere der Athletinnen und Athleten in den Sportfördergruppen unterstützt. Von Lehrgangsplanung über Networking bis zur Erörterung späterer Karrieremöglichkeiten in der Bundeswehr: Die Spitzensportlerinnen und -sportler bekommen dort ein Allround-Paket.
Nach ihrer Karriere bleiben viele Sportsoldatinnen und -soldaten in der Bundeswehr, beispielsweise als Trainerin oder Trainer. Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist die wissenschaftliche oder organisatorische Weiterentwicklung der körperlichen Belastungsfähigkeit von Soldatinnen und Soldaten. Für Junioren-Weltmeister Till Hugenroth liegt dies aber noch in weiter Ferne. Seine Karriere als Sportsoldat steht noch ganz am Anfang. Nächstes Ziel ist die Goldmedaille im Team und dann möchte er sich im Nationalkader bewähren.
*Name zum Schutz abgekürzt.