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Die Rechtsberatung ist Wegbereiter – nicht Verhinderer

Die Rechtsberatung ist Wegbereiter – nicht Verhinderer

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
7 MIN

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Die Rechtsberatung der Bundeswehr ist vor allem in Verbindung mit Disziplinar- oder Beschwerdeverfahren von Soldatinnen bzw. Soldaten bekannt. Doch zu ihren Aufgaben gehört Einiges mehr. Leitender Regierungsdirektor Burzer erklärt in einem Interview wie sich nun der Arbeitsalltag in der Corona-Pandemie nochmal verändert hat.

Der Leitende Regierungsdirektor steht vor einer Wandplakette vor seinem Dienstgebäude.

Wolfgang Burzer ist der Ansprechpartner für alle rechtlichen Fragen des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin.

Bundeswehr/Ismael Akbar

Man kennt sie vorrangig in Verbindung mit Disziplinar- oder Beschwerdeverfahren von Soldatinnen bzw. Soldaten – die Rechtsberatung der Bundeswehr. Jetzt aktuell in der Corona-Pandemie kommt der Rechtsberatung eine ganz besondere Rolle zu. Über 100 Anträge auf Amtshilfe laufen teilweise täglich über die Tische der Rechtsberatung des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr (KdoTerrAufgBw) in Berlin, denn vorab der Billigung eines Antrages muss eine rechtliche Bewertung erfolgen. Gleichzeitig gibt es rechtlichen Beratungsbedarf für laufende Hilfeleistungen. Der Leitende Regierungsdirektor (LRDir) Wolfgang Burzer ist bereits seit 1997 als Jurist in der Bundeswehr tätig. In dieser Zeit leistete er als Rechtsberater (RB) in verschiedenen Verwendungen, mehrfach im Nebenamt als Wehrdisziplinaranwalt (WDA) und auch als Rechtslehrer, Dienst. Über mehrere Jahre war der Beamte im Bundesministerium der Verteidigung (BMVgBundesministerium der Verteidigung) tätig. Zuletzt war er dort als Referent mit Angelegenheiten des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages betraut. Als Rechtsberater in Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, in der Demokratischen Republik Kongo, in Gabun, Afghanistan und zuletzt in Mali konnte er zusätzliche Erfahrungen im Ausland sammeln.

Der Leitende Rechtsberater (LRB) ist seit 2014 für die Rechtsberatung im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr verantwortlich. Daneben ist er der Leiter der zuständigen Wehrdisziplinaranwaltschaft. LDir Burzer beschreibt, welches umfangreiche Aufgabenportfolio er mit seinem mittlerweile 14-köpfigen Team sicherzustellen hat und welche besonderen Herausforderungen sich in der Corona-Pandemie ergeben.

Als Unternehmensjuristen tragen wir zum Erfolg bei

Herr Burzer, welche Aufgaben haben Sie und ihr Team der Rechtsberatung im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr?

Die Rechtsberatung hier in Berlin trägt eine hohe Verantwortung. Unsere Grundaufgaben sind die Rechtsberatung des Kommandeurs und seines Stabes in territorialen Angelegenheiten als auch in Wehrdisziplinar- und Beschwerdeangelegenheiten. Weiterhin beraten wir die Kommandeure bzw. Kommandeurinnen der Landeskommandos und auch der Truppenübungsplätze der Bundeswehr in Deutschland und sind somit eine wichtige Instanz in Entscheidungen der militärischen Führung. Hiermit ist vor allem die sogenannte „operative Rechtsberatung“ gemeint. Nach der für die Rechtspflege der Bundeswehr geltenden Zentralen Dienstvorschrift hat dies vom Beginn der Entscheidungsfindung der Truppenführung an zu geschehen (Einheit von Operationsführung und Recht). Wir sind dabei rechtliche Wegbereiter. Herzstück des Kommandos ist die Operationszentrale (OpZ), die 365 Tage im Jahr rund um die Uhr einsatzbereit ist. Im Normalbetrieb werden hier Meldungen über relevante territoriale Ereignisse, Wetter- und Umweltdaten gesammelt und ausgewertet, um ständig ein aktuelles bundesweites Lagebild zu haben. Steht eine Amtshilfe der Bundeswehr im Raum, werden die Anträge auf Hilfeleistung, die von den betroffenen Landeskommandos koordiniert und vorgelegt werden hier geprüft und bewertet, um verfügbare militärische Kräfte, schnell in Verbindung zu zivilen Organisationen vor Ort treten zu lassen und effektiv und schnell helfen zu können. Wir haben für die inländischen Hilfeleistungen, wie Hochwasser, Waldbrandeinsätze, Unterstützung der Durchführung von Regierungsgipfeln, oder Flüchtlingshilfe beraten. Aktuell liegt unser Schwerpunkt auf Hilfeleistungen zum Kampf gegen die Pandemie CoVid-19. Ich sehe uns dabei in der Zielsetzung als Unternehmensjuristen, die den Streitkräften bei ihrer territorialen Aufgabenerfüllung als rechtliche Partner zur Seite stehen und zum Erfolg beitragen. So unterstützen wir beispielsweise auch den Aufwuchs des Heimatschutzes. In Abstimmung mit dem BMVgBundesministerium der Verteidigung beraten wir in der Ausbildung und bei Übungen zum Schwerpunktthema (neben der Corona-Pandemie) der Landes-und Bündnisverteidigung. Auch an Übungen nehmen wir teil. So bewerten wir zum Beispiel bereits bei der Konzeption von zivil-militärischen Anti-Terror-Übungen mit den Landesregierungen und deren Polizei, was die Soldatinnen und Soldaten im Falle eines terroristischen Angriffs bzw. besonders schweren Unglücksfalles innerhalb Deutschlands rechtlich tatsächlich machen dürften. Rechtlich gestattet ist hier z.B. der Abtransport von Verletzten durch die Sanitätskräfte der Bundeswehr im Zuge von Amtshilfe. Weiterhin sind wir auch für alle Vollzugsangelegenheiten der Bundeswehr in Deutschland rechtlich zuständig, da wir hier den Kommandeur KdoTerrAufgBw in seiner Eigenschaft als höhere Vollzugsbehörde beraten. Derzeit existieren rund 50 Vollzugseinrichtungen in den Standorten der Bundeswehr. Auch für die Erstannahme aller Mitteilungen in Strafsachen gegen Soldatinnen und Soldaten der Gerichte und Staatsanwaltschaften sind wir gesetzlich bestimmter Adressat. Wir nehmen eine Eingangsprüfung vor und leiten die Vorgänge an die zuständigen Stellen in der Bundeswehr weiter.

Unser Schwerpunkt ist und bleibt jedoch die ständige Rechtsberatung in der Operationszentrale. Unser Motto lautet dabei: Wir sagen nicht „Nein“, wir sagen wie es geht. Wenn wir die militärische Führung beraten, dann sehen wir uns nicht als „Verhinderer“, sondern als Wegbereiter für eine Entscheidung, die rechtlich und praxistauglich umsetzbar ist.

Die Corona-Pandemie bedeutet für die Rechtsberatung Dauereinsatz

Ihre Aufgaben klingen sehr vielfältig und abwechslungsreich. Wie sieht denn derzeit Ihr Tagesgeschäft mit der Corona-Pandemie aus?

Sehr dynamisch… wir sind im Dauereinsatz. Die Rechtsberatung ist derzeit abwechselnd 24/7 im Dienst. Nach der regulären Dienstzeit innerhalb der Woche und jedes Wochenende sind mindestens ein Rechtsberater oder eine Rechtsberaterin im Dienst. Täglich erreichen uns bis zu 100 neue Amtshilfeanträge, die wir schnell, aber trotzdem fundiert prüfen müssen. Man kann sich vorstellen, dass, gerade jetzt in der Corona-Pandemie, die Antragstellenden zügig eine Antwort benötigen. Alle Anträge kommen auf den Tisch der Rechtsberatung, bevor sie als Vorschlag zur Entscheidung zum Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, Generalmajor Carsten Breuer, gehen. Zudem gibt es zu den laufenden Amtshilfeleistungen viele Nachfragen. Mein Team leistet da wirklich sehr gute Arbeit. Wenn es rechtlich problematische Anträge gibt, dann schaue ich selbst über den Antrag und entscheide, wie die rechtliche Beratung für den Kommandeur ausfällt. Dazu kann ich außerhalb der regulären Dienstzeiten jederzeit rund um die Uhr angerufen werden. Den Befehl zur Umsetzung gibt dann am Ende der Kommandeur.
In vertrauensvoller Abstimmung mit dem fachlich zuständigen Rechtsreferat im BMVgBundesministerium der Verteidigung haben wir hier zahlreiche Konzepte und Handreichungen zur Unterstützung in der Corona-Pandemie ausgearbeitet. Hierbei können wir uns auf die eingespielte langjährige Arbeitsbeziehung verlassen, was die Arbeit sehr konstruktiv macht. Wir haben einfach den gleichen Zeichenvorrat und deshalb auch eine Auffassung. Genauso genießen wir das Vertrauen unserer vorgesetzten Ebene, des Rechtsberaters des Inspekteurs der Streitkräftebasis und Nationalen Territorialen Befehlshabers.

Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen und ganz neue Fragen

Was hat sich mit der Corona-Pandemie in Ihrem Dienstalltag verändert?

Wir tragen eine vielfältige Verantwortung in der Pandemie. Wir haben praktisch eine Zusatzbelastung trotz einer Dauerbelastung, die schon vor der Pandemie durch unser Tagesgeschäft und konzeptionelle Vorhaben herrschte. Wir arbeiten mit ganz anderen Berufsgruppen zusammen. So haben wir mit den Gesundheitsämtern zu tun und üben die rechtliche Fachaufsicht über unsere dort eingesetzten Soldatinnen und Soldaten aus. Weiterhin arbeiten wir, mehr als vor der Pandemie, mit dem sanitätsdienstlichen Bereich zusammen. Hier steht vor allem die Zusammenarbeit mit dem Rechtsberater des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr im Vordergrund. So müssen wir die sanitätsdienstlichen Belange mit den rechtlichen Vorgaben übereinbringen. Hier muss sich auf praktische und zugleich rechtmäßige Lösungen geeinigt werden. Auch der Beratung der Landeskommandos in den 16 Bundesländern kommt während der Pandemie eine besondere Bedeutung zu. So sind die Verantwortlichen zu beraten, was die Soldatinnen und Soldaten dürfen und was nicht. Aber auch Fragen, die nur durch den Sanitätsdienst der Bundeswehr beantwortet werden können, werden häufig gestellt. So wird z.B. die Frage, ob „Betreutes Wohnen“ auch eine Pflegeeinrichtung darstellt, an die Medizinerinnen und Mediziner abgegeben. Bei dieser Arbeit hat sich der direkte Dreiklang zwischen der Rechtsberatung des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, der Rechtsabteilung im Ministerium und uns bewährt.

Wir wünschen uns das Alltagsgeschäft zurück

Noch eine abschließende Frage. Was wünschen Sie sich dienstlich für die Zukunft?

Gerade jetzt während der Pandemie hat sich gezeigt, wie wertvoll erfahrenes und qualifiziertes Personal ist. Wir entwickeln derzeit ein Konzept für eine spezifische territoriale Ausbildung für Rechtsberaterinnen und Rechtsberater, um Personal besser qualifizieren zu können. Daneben gibt es auf der taktischen Ebene viele Fragen zur Landes- und Bündnisverteidigung zu beantworten. Ich wünsche mir, dass ich dafür wieder Zeit habe und wir im Team uns mehr unserem Alltagsgeschäft zuwenden können. Hier ist vieles liegen geblieben. Dem werde ich mich, sobald die Pandemie überwunden ist, wieder mehr widmen können.

Ich wünsche Ihnen für Ihre Arbeit viel Schaffenskraft. Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview.

Vielen Dank. Ich wünsche Ihnen ebenfalls alles Gute

von Denise Alten  E-Mail schreiben

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