Bundeswehr bildet ukrainische Diensthundeführer und ihre Vierbeiner für den Krieg aus
Bundeswehr bildet ukrainische Diensthundeführer und ihre Vierbeiner für den Krieg aus
- Datum:
- Ort:
- Deutschland
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- 4 MIN
Fokussiert und konzentriert beobachten ein ukrainischer Diensthundeführer und sein tierischer Kamerad den Gegner. Was so leicht aussieht, erfordert viel Übung. Normalerweise würde ein Hund bei Gefahr bellen. Das bedeutet im Krieg Entdeckung und Verwundung. Deshalb werden Schutzhunde darauf trainiert, leise zu wittern und nur auf Kommando einzugreifen.
Spaßbetont und belohnungsbasiert lernen Diensthunde in der Bundeswehr ihre Kommandos. Die sogenannten Stressoren kommen erst später in der Ausbildung dazu. Denn wenn ein Hund Freude am Training hat, lernt er gerne und schnell. Auch ihre ukrainischen Kameraden auf vier Pfoten trainieren in Deutschland bei der Ausbildungsmission EUMAM UAEuropean Union Military Assistance Mission Ukraine nach dem Spaß- und Belohnungsprinzip. Ziel ist es, den stark gepolsterten Helfer im Schutzdienst anspringen und beißen zu dürfen – das bereitet den Belgischen und Deutschen Schäferhunden, die wie ihre Besitzerinnen und Besitzer aus der Ukraine stammen, sichtliches Vergnügen.
Dafür müssen sie aber erst ihre Pflicht erfüllen und sich leise neben ihren Diensthundeführer legen. In einem umkämpften Bereich bedeutet eine falsche Bewegung oder ein zu lautes Geräusch Entdeckung und damit möglicherweise eine Verwundung oder Schlimmeres. Deshalb beginnt das Training mit ruhigem Hinsetzen und Beobachten. „Das ist die schwierigste Aufgabe für den Schutzhund“, erklärt eine Schutzhundeausbilderin der Bundeswehr. Wenn der Vierbeiner diese Ruhe aufbringt und sich mit seinem menschlichen Partner auf den Gegner konzentriert, erfolgt das Kommando und der Hund sprintet auf sein Ziel zu.
Ein besonderer Kamerad
„Mit dem Helfer im Schutzdienst steht und fällt das Training“, weiß die Expertin zu berichten. „Denn der Hund braucht dieses Feedback. Stöhnen und Schmerzrufe zeigen ihm, dass er sein Ziel erreicht und den Gegner unschädlich gemacht hat. Damit suggerieren wir ihm, dass er gewonnen hat. Das motiviert für das nächste Manöver.“ Die ukrainischen Diensthundeführer und ihre Schutzhunde werden im urbanen Bereich eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, gegnerische Kräfte geruchlich oder durch Bewegungen zu entdecken und zu überwältigen. Dabei hilft der Schutzhund mit seinem unschlagbaren Geruchssinn, der durch nichts zu ersetzen ist.
Mit seinem Angriff – dem sogenannten Stellen – lenkt der Hund den Gegner ab und verhindert den Griff zur Waffe. So schützt er sein Team, das den Feind anschließend festsetzen kann. Das macht den Schutzhund nicht nur zu einem treuen Begleiter, sondern auch zu einem teilweise überlebenswichtigen Mitglied der Gruppe.
Angreifen und Freilassen
Der Hund gibt die gefangene „Beute“ nur ungern frei. Deshalb müssen der Angriff und das anschließende Loslassen trainiert werden. Zu Beginn der Ausbildung können die Belgischen und Deutschen Schäferhunde Distanzen noch nicht gut abschätzen. Das wird im Laufe des Trainings immer weiter verfeinert. Auch die Bewegungsabläufe beim Angriff müssen die ukrainischen Vierbeiner üben. Dabei werden sie vom Helfer im Schutzdienst unterstützt, der ihnen anzeigt, wo sie hinbeißen sollen.
Hat ein Schutzhund den Feind gestellt, muss er ihn auf Kommando seines Hundeführers wieder freilassen. Da das nicht dem Naturell eines Jägers entspricht, arbeiten die Ausbilderinnen und Ausbilder auch hier mit Belohnungen: Hat ein Tier das Kommando ausgeführt und losgelassen, bekommt es im Austausch einen Ball oder ein anders Spielzeug.
Der Hund behält den Gegner so lange im Auge, bis der Ausbilder oder die Ausbilderin ihn mit einem Kommando aus der Lage entlässt. Das erfolgt erst, wenn die Person sicher festgesetzt worden ist. Denn sollte diese erneut angreifen oder sich freikämpfen, ist der Hund sofort wieder im Einsatzgeschehen und kann mit einem weiteren Biss sein Team schützen.
Eine feste Verbindung zwischen Mensch und Tier
„Wir bilden ein Team aus und nicht einen Schutzhund“, erläutert die Diensthundeausbilderin der Bundeswehr. „Die Diensthundeführer trainieren nicht nur mit ihrem Tier, sie leben mit ihm. Sie kümmern sich um das Futter, pflegen den Hund und versorgen ihn, wenn er krank ist. Das erzeugt eine starke Bindung.“ Das und gegenseitiges Vertrauen sind die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Training.
Deshalb kann ein Diensthundeführer nicht einfach ausgetauscht werden. „Bilden Mensch und Tier eine Einheit, sind sie das einsatzbessere und resilientere Team“, so die Expertin. Dabei kommt es auf das Mindset des Trainers beziehungsweise der Trainerin an. Die deutschen Ausbilderinnen und Ausbilder haben ihre Profession zum Beruf gemacht und der Hund ist ihr bester Freund. Er begleitet sie dienstlich und privat. Scheidet ein Hund aus dem aktiven Dienst aus, bleibt er bei seinem Diensthundeführer. Diese feste Verbindung spürt die Expertin auch bei den ukrainischen Kameradinnen und Kameraden: „Sie sind hoch motiviert und das Training schweißt Mensch und Tier noch enger zusammen.“
Das ist auch bei der Erste-Hilfe-Ausbildung für den Hund deutlich zu spüren. Die Ukrainerinnen und Ukrainer lernen an lebensnahen Spezialdummys, wie sie ihren vierbeinigen Kameraden im Falle einer Verwundung erstversorgen können: Zugänge legen, Blutungen stoppen und Wunden verbinden. Wie beim Menschen ist die erste Stunde nach einer Verletzung entscheidend. Die Dummys atmen, winseln und bluten wie ein richtiger Hund. „Für den Hund gilt die gleiche Sorgfaltspflicht wie für verwundete menschliche Kameraden. Der Soldat und sein Hund sind ein Team. Damit der Diensthundeführer seinen Schutzhund voll überzeugt einsetzen kann, muss er wissen, dass die Bundeswehr im Einsatz für seinen Vierbeiner mitdenkt“, erklärt die Diensthundeausbilderin.
Einziger Wehrmutstropfen der Ausbildung ist die Sprachbarriere, die aber mit deutschen Sprachmittlern und einer hohen Motivation auf beiden Seiten gut überwunden werden kann. Das Training der ukrainischen Sicherheitskräfte stellt für die deutschen Ausbilderinnen und Ausbilder eine Win-win-Situation dar. Sie können ihre Übungen weiterentwickeln und von den Erfahrungen der Ukrainerinnen und Ukrainer profitieren.