Katastrophenhilfe: Bundeswehr beendet Hochwassereinsatz
Katastrophenhilfe: Bundeswehr beendet Hochwassereinsatz
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 5 MIN
Seit Mitte Juli hilft die Bundeswehr mit Personal und Material in den von Hochwasser betroffenen Gebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Nachdem die Aufgaben wieder durch zivile Kräfte wahrgenommen werden können, beenden die Streitkräfte die sofortige Katastrophenhilfe in den Hochwassergebieten.
Die Bundeswehr beendet ihren seit dem 14. Juli 2021 andauernden Katastrophenhilfeeinsatz in den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bayern. Die derzeit noch verbliebenen 86 Soldatinnen und Soldaten werden ihren Auftrag an diesem Tag beenden und im Anschluss in ihre Heimatstandorte zurückverlegen. In den nächsten zwei Wochen wird täglich ein Team des Landeskommandos Rheinland-Pfalz in den Kommunen unterwegs sein, das Amtshilfeersuchen aufnimmt und mit niedriger bürokratischer Hürde an das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr weitergibt. Die Amtshilfe wird so wieder in das Regelverfahren überführt. Die Bundeswehr hilft damit punktuell und zielgenau, jedoch nicht mehr in der gesamten Fläche, sondern da, wo notwendig und sinnvoll – solange Hilfe benötigt wird.
„Die Bundeswehr steht in Ausnahmesituationen wie der Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen den zivilen Behörden und dem Katastrophenschutz unmittelbar zur Seite - das haben wir auch hier wieder gezeigt. Unsere Strukturen, unser Netzwerk in den Landeskommandos und den beratenden Reservisten in den Krisenstäben greift erfolgreich und führt zu schneller, unbürokratischer Hilfe.“, resümiert Generalleutnant Martin Schelleis, der als Nationaler Territorialer Befehlshaber die Verantwortung trägt. „Dies gilt es auch in Zukunft zu sichern“.
Passen Sie jetzt Ihre Datenschutzeinstellungen an, um dieses Video zu sehen
Sofortige Katastrophenhilfe durch die Streitkräfte
Die Menschen vor Ort haben unvorstellbares Leid erlitten. Mit der unbürokratischen Soforthilfe der Bundeswehr konnte dieses zumindest ein wenig abgemildert werden. Zum Beispiel waren im Ahrtal ein Großteil der Brücken durch die Wassermassen zerstört worden. Innerhalb von drei Tagen konnte die Bundeswehr sieben Behelfsbrücken zur Verfügung stellen, um den Verkehrsfluss und damit die Versorgung und Erreichbarkeit vor Ort wieder sicher zu stellen.
Der fast zweimonatige Einsatz der Streitkräfte gliederte sich dabei in drei Phasen: In der ersten Phase lag der Schwerpunkt auf der Rettung von Menschen – hier wurden vor allem Hubschrauber und geländegängige Fahrzeuge sowie Bergepanzer zum Räumen der Rettungswege eingesetzt. Die zweite Phase kümmerte sich um Stabilisierung, das heißt hier wurde zerstörte oder beschädigte Infrastruktur behelfsmäßig wiederhergestellt. Unter anderem wurden in dieser Phase Kommunikationsnetze mittels Satellitenkommunikationsanlagen bereitgestellt, sowie die Wasser- und Abwasserversorgung, sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Verpflegung und Medikamenten sichergestellt. In der dritten und letzten Phase, dem Wiederaufbau, wurden vor allem Straßen und Brücken behelfsmäßig instandgesetzt und in der Folge an Dritte übergeben. Bereits am 16. August 2021 wurde eine von drei Behelfsbrücken vom Typ Medium Girder Bridge an den Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz übergeben. Mit dem Erreichen einer ausreichenden Grundversorgung und der Übernahme der verbliebenen Aufgaben vor Ort durch zivile Kräfte endet der sofortige Katastrophenhilfeeinsatz der Bundeswehr in den Hochwassergebieten.
Amtshilfe ist im Grundgesetz verankert
„Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe“, heißt es in Artikel 35 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland. Im Allgemeinen bedeutet das, dass auf dieser Grundlage die Bundeswehr gegenüber anderen Behörden Amtshilfe in vielfältiger Art und Weise leistet. Unterstützungsleistungen beziehungsweise Hilfeleistungen der Bundeswehr bei Naturkatastrophen sind Amtshilfe für sogenannte anforderungsberechtigte Dritte, darunter fallen im konkreten Fall Behörden. Diese Amtshilfe folgt dem Subsidiaritätsprinzip. Das heißt, erst wenn die erforderliche Hilfeleistung durch die eigentlich zuständigen Behörden der Gefahrenabwehr beziehungsweise des Katastrophenschutzes nicht oder nicht rechtzeitig erbracht werden kann, darf die Bundeswehr eingesetzt werden – in den Hochwassergebieten war dies der Fall.
Seitdem wurden 185 Hilfeleistungsanträge bewilligt und 58 Soforthilfen geleistet, um mit Großgerät und speziellen Fähigkeiten schnell und unbürokratisch den Behörden bei der Gefahrenabwehr zur Seite zu stehen. Die nun verbliebenen Aufgaben übernehmen wieder die zivilen Kräfte. In den 48 Tagen wurden bis zu 2.330 Soldatinnen und Soldaten mit mehr als 300 Fahrzeugen gleichzeitig in den Hochwassergebieten eingesetzt. Zudem waren bis zu zehn Hubschrauber bei der Rettung von Personen oder dem Transport von Material, sowie sieben Satellitenkommunikationsanlagen und drei Trinkwasseraufbereitungsanlagen gleichzeitig im Einsatz. Insgesamt unterstützte die Bundeswehr mit knapp 2,6 Millionen Litern an abgegebenen Kraftstoffen, das entspricht fast 58.000 vollgetankten Mittelklassewagen. Auf dem Landweg wurden insgesamt rund 3.060 Tonnen und über die Luft rund 100 Tonnen an Material transportiert.
Etablierte und bewährte Strukturen
In der Regel geht einem Amtshilfeleersuchen bei Naturkatastrophen eine Meldung auf dem territorialen Strang voraus. Das heißt, über die gesamte Bundesrepublik Deutschland verteilt finden sich 31 Bezirks- und 404 Kreisverbindungskommandos. Diese sind mit – zumeist ortsansässigen – Reservisten besetzt und zuständig für frühzeitige Beratung der zivilen Verantwortungsträger und damit für die zivil-militärische Zusammenarbeit vor Ort. Diesen Verbindungskommandos übergeordnet, ist in jedem der 16 Bundesländer ein Landeskommando mit einem eigenen Lagezentrum in der jeweiligen Landeshauptstadt angesiedelt, welches die jeweils oberste territoriale Kommandobehörde der Bundeswehr in einem Bundesland darstellt. Diese 16 Landeskommandos sind wiederum direkt dem Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin unterstellt. Im Falle einer entsprechenden Großschadenslage – in diesem Falle das Hochwasser – wird durch das Personal des Verbindungskommandos der zivile Katastrophenschutzstab oder vergleichbar über die Möglichkeiten der Unterstützung durch die Bundeswehr beraten.
Zudem ist das entsprechende Verbindungskommando auch dafür zuständig, ein entsprechendes Lagebild zu führen und dies im Rahmen territorialer Meldungen über das jeweilig zuständige Landeskommando an das federführende Kommando in Berlin zu leiten. Teilweise sind Verfasser entsprechender Meldungen auch andere Dienststellen, oder das regional zuständige Landeskommando selbst. Das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr in Berlin verfügt selbst über eine Operationszentrale, welche sich rund um die Uhr im Betrieb befindet und den jeweiligen Einsatz führt. Als Nationaler Territorialer Befehlshaber der Bundeswehr trägt Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, die Verantwortung für alle Amtshilfeverfahren im Inland.
Diesen etablierten Strukturen haben sich auch bei der sofortigen Katastrophenhilfe bewährt und dazu beigetragen, dass der notleidenden Bevölkerung in den Hochwassergebieten schnell und unbürokratisch geholfen werden konnte.
Die Bilder der Unwetterkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden uns noch lange in den Köpfen bleiben,
so Schelleis. „Es ist gut zu wissen, dass wir helfen konnten, dass unsere Strukturen gegriffen haben und dass nun die Behörden und Hilfsorganisationen vor Ort wieder selbstständig ihre Arbeit aufnehmen können.„